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Origen macht aus RhB-Werkhalle einen Konzertsaal

Wenn Weihnachten vor der Tür steht, verwandelt sich die Werkhalle der Rhätischen Bahn in Landquart in einen Konzertsaal. Auf dem Programm stand festliche Barockmusik aus Frankreich.

Südostschweiz
24.12.18 - 01:00 Uhr
Kultur

von Christian Albrecht

Sie sind bereits Tradition, die Weihnachtskonzerte des Origen Festival Cultural. Ungebrochen ist der Zuspruch durch ein vielköpfiges Auditorium. Für viele bedeutet das Konzert quasi eine Ouvertüre zu den Festivitäten der nachfolgenden Tage. Entsprechend festlich war diesmal auch das musikalische Programm mit Werken von Marc-Antoine Charpentier.

Dessen Weihnachtsmesse, die «Messe de Minuit pour Noël» H 9 reiht sich exakt ein in die französische Tradition, die Botschaft von Christi Geburt mit einem musikalischen Ausdruck zu versehen, der ebenso Heiterkeit wie Würde, Verspieltheit und Wärme ausstrahlt. Das Origen Vokalensemble und das Barockorchester «Concerto Stella Matutina» unter der Leitung des wie immer umsichtig und kompetent agierenden Clau Scherrer setzte Charpentiers Partitur kongenial in klingende Töne um. Genussvoll, aber dennoch zu jeder Zeit mit einer geschmackvollen Dosierung versehen, wurden tonale Färbungen reizvoll ausgelotet.

Das eher klein besetzte Instrumentalensemble hatte nebst der Begleitfunktion für den Chor auch in selbstständigen Sätzen einen nicht unwesentlichen Anteil am musikalischen Geschehen. Die vokalen Solostimmen, die meist nur kurzzeitig zum Einsatz gelangen, oft in Ensembles weitergeführt werden und hernach fliessend in den Gesamtchor münden, zeigten sich in ihrer Klanggebung variantenreich, ausdrucksstark und dennoch im Gesamtklang des Chores erstaunlich homogen.

Eine sinnvolle Brückenfunktion im Konzertprogramm nahm die Krippenmotette «Salve, salve puellule» aus der Feder von Giacomo Carissimi für Solosopran, zwei Violinen und Basso continuo ein. Leider erscheint der Name dieses Komponisten im Programmflyer nicht explizit im Zusammenhang mit dieser Komposition, was dazu verleitet, auch hier Charpentiers Handschrift vorauszusetzen – ein eher ärgerliches Versehen.

Umso makelloser war die Interpretation der Motette durch die österreichische Sopranistin Stephanie Pfeffer: Sicher in den Koloraturen, gewandt in der barockisierenden Interpretation und überzeugend mit ihrer stimmlichen Präsenz.

Mit Pauken und Trompeten

Nach diesem geradezu intimen musikalischen Intermezzo sorgten die Pauken und Trompeten in der Einleitung zu Charpentiers «Te Deum» H 146 für das grosse Aufhorchen. 1953/54 zur Eurovisionshymne erkoren, wurde damals auch deren Komponist wiederentdeckt. Die Fanfare kündigt nicht nur vom Lobe Gottes, sondern auch von dem des Sonnenkönigs Ludwigs XIV. und damit von der für den stilistischen Eindruck charakteristischen Doppelfunktion der Gattung als kirchliche und zugleich weltliche Huldigungsmusik.

Das mag dem heutigen Empfinden in dieser Beziehung zuwiderlaufen – die glanzvolle Festlichkeit mit ihren wirkungsvollen Chören und das inbrünstige Flehen in Arien und Ensembleteilen fügen das Opus jedoch zu einem in sich stimmigen Ganzen zusammen. Das sorgt auch heute noch dafür, dass man sich als Zuhörer auf seinem Stuhl kerzengerade aufrichtet und dass die peitschenden Forte-Schläge auf die Barockpauken im Bauch ein spürbares Echo auszulösen vermögen. Auch das kann Weihnachten sein...

Standing Ovations

Was hat sich wohl die RhB-Dampflok 107 «Albula» gedacht, die während dem Konzert zusammen mit ihrer kleinen Schwester RhB 1 in der Werkhalle stand und – statt in Dampf und Rauch gehüllt – von Musik umflutet wurde? Gewiss ist dies: Den Zuhörenden am Freitag hats gefallen. Standing Ovations bezeugten dies.

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