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Gegen das Insektensterben vorgehen

Die Bedeutung von Insekten – und wie ihnen zu helfen ist: Das Zoologische Museum Zürich informiert im Rahmen einer Ausstellung und gibt Anregungen.

Linth-Zeitung
12.12.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Stubenfliege: Die Ausstellung «Insekten – lebenswichtig» zeigt ein überlebensgrosses Exemplar.
Stubenfliege: Die Ausstellung «Insekten – lebenswichtig» zeigt ein überlebensgrosses Exemplar.
Bild Melanie Duchene/Keystone

Ein kuscheliges Riesenfaultier-Modell begrüsste jahrelang die Gäste von Zürichs drittmeistbesuchtem Museum, dem Zoologischen Museum der Universität. Nun erinnert nur noch ein Kothaufen aus Kunststoff an den einstigen Publikumsliebling. Doch der Kothaufen bringt die Besucher gleich auf die Spur der soeben eröffneten aktuellen Ausstellung: «Insekten – lebenswichtig» lautet deren Titel. Die Tierchen, die gerne mal um einen Kothaufen herumschwirren, mögen zwar nicht die grössten Sympathieträger sein. «Aber sie sind lebenswichtig für unseren Alltag», sagte Museumsleiterin Isabel Klusmann beim Medienrundgang.

Umso alarmierender sind die Anzeichen für ein Insektensterben, die sich in den letzten Jahren häuften. So fand eine Studie heraus, dass in einem deutschen Naturschutzgebiet der Bestand fliegender Insekten von 1989 bis 2016 um drei Viertel sank. Die Forschung ist zwar noch lückenhaft, wie Insektenforscher Wolf Blanckenhorn Rande des Medienrundgangs sagte. Doch vieles deute darauf hin, dass zahlreiche Insektenarten zunehmend bedroht seien.

Zahlen und Fakten

Eine schiefe Regalwand nennt dazu Zahlen und Fakten: 40 Prozent der 17 000 bekannten Insektenarten in der Schweiz seien gefährdet. Was ein Insektensterben für Folgen haben kann, ist auf dem symbolhaft schiefen Regal vermerkt: Ganze Ökosysteme können kippen. So ernähren sich 90 Prozent aller Süsswasserfische von Insekten, zudem viele Vögel. Auch für die Pflanzenwelt sind Insekten lebenswichtig. Wo es an Insekten mangelt, nimmt auch die Erntemenge ab.

Neben anschaulich inszenierten schriftlichen Informationen wartet die Ausstellung auch mit spektakulären Bildern und Modellen auf. So sind grossformatige Insekten-Fotos des englischen Fotografen Levon Biss zu sehen, zudem das Modell einer 50-fach vergrösserten Stubenfliege. Und man kann sich eine Brille aufsetzen, die erahnen lässt, wie die kleinen Viecher mit ihren Facettenaugen die Welt sehen.

Auch die Geräuschkulisse ist lebensnah gestaltet: Es summt, zirpt und zwitschert im Ausstellungsraum, wo nebst Riesenfliege und -hirschkäfer in Schaukästen über 100 Insekten im Originalformat aufgespiesst sind. Daneben erhalten die Besucher Tipps zur Frage, was sie selbst gegen das Insektensterben tun können.

Es fängt im eigenen Haushalt an: Statt Ameisen zu vergiften, wenn sie in die Küche einmarschiert sind, lassen sie sich auch mit Gewürznelken vertreiben. Mücken werden ebenfalls von Kräuterduft abgehalten, etwa von Salbei, Lavendel und Katzenminze.

Laub liegen, Rasen stehen lassen

Weiter geht es im eigenen Garten: Wer das Laub zumindest teilweise liegen lässt, erhält Lebensräume für Insekten. Hilfreich ist es zudem, den Rasen nicht öfter als zweimal pro Jahr zu mähen und Wiesenblumen zur Blüte kommen zu lassen. Auch das Konsumverhalten beeinflusst das (Über-)Leben der Insekten: Wer biologisches Essen kauft, vermeidet den Einsatz von Pestiziden, die die Artenvielfalt verringern. Und wer wenig oder kein Fleisch ist, verhindert, dass Böden zu Monokulturen für die Futterproduktion werden.

Auf politische Zusammenhänge weist die Ausstellung ebenfalls hin: etwa auf Bestrebungen des Bundes, die Grenzwerte für den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel heraufzusetzen. Für viele Insekten käme dies einem Todesurteil gleich. Zudem stellt sich die Frage, welche Art von Landwirtschaft zu subventionieren sei. Im Hinblick auf die Artenvielfalt müsste es bevorzugt Bio-Landwirtschaft sein. «Das alles weiss man eigentlich seit Jahrzehnten», sagte Insektenforscher Blanckenhorn am Ende des Museumsrundgangs. Die Ausstellung möge dazu beitragen, das Wissen umzusetzen.

 

«Insekten – lebenswichtig»

Bis 30. Juni 2019 im Zoologischen Museum der Universität Zürich, Karl-Schmid-Strasse 4. Di–So, 10–17 Uhr; Eintritt frei.

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