×

Bei diesem Konzert sieht Youtube alt aus

Fulminanter Start in die neue Saison der Konzertreihe «Musik im Schloss»: Das Publikum in Rapperswil-Jona war ob der hochklassigen Darbietungen förmlich aus dem Häuschen.

Linth-Zeitung
06.11.18 - 04:33 Uhr
Kultur
Philipp Bachofner und Brita Ostertag mit den Flöten werden von den Musikerinnen des Orion String Trio umgeben.
Philipp Bachofner und Brita Ostertag mit den Flöten werden von den Musikerinnen des Orion String Trio umgeben.
TOBIAS HUMM

von Elvira Jäger

Kein Konzertmitschnitt, den man sich auf Youtube oder sonst einem Kanal anschaut, kann mit einem Live-Erlebnis mithalten. Das ist das Credo von Philipp Bachofner. Der Flötist organisiert zusammen mit seiner Frau Brita Ostertag, ebenfalls Flötistin, seit 17 Jahren die Konzertreihe «Musik im Schloss». Das erste Konzert der 18. Saison am Sonntagabend im Grossen Rittersaal bestätigte Bachofners Ansicht aufs Schönste.

Das lag in erster Linie an den neun Musikerinnen und Musikern, allesamt Spitze in ihrem Fach, die sich zu einem hervorragenden Ganzen zusammenfügten. Philipp Bachofner und Brita Ostertag wollen in ihren Konzerten jungen Künstlern eine Bühne bieten. Für das erste Konzert der neuen Saison luden sie das Orion String Trio ein, das 2012 von der südkoreanischen Geigerin Soyoung Yoon, dem deutschen Bratschisten Veit Hertenstein und dem britischen Cellisten Benjamin Gregor-Smith gegründet wurde. Die drei brillierten in Ludwig van Beethovens erstem Streichtrio mit einem unerhört expressiven Klang und einer absoluten Präzision.

Das Publikum bejubelte und beklatschte das Trio fast wie an einem Rockkonzert.

Neben dem Ohr wurde auch das Auge verwöhnt: Die Spielfreude der drei jungen Musiker, die mit Blickkontakt unablässig miteinander kommunizierten, spiegelte sich in jedem Takt auf ihren Gesichtern. Das Publikum im praktisch voll besetzten Rittersaal bejubelte und beklatschte das Trio fast wie an einem Rockkonzert.

Töne wie Pingpongbälle

Umrahmt wurde das Beethoven spielende Trio von zwei Werken aus der Barockzeit in etwas grösserer Besetzung. Georg Philipp Telemanns erste Tafelmusik mit einer dreiteiligen Ouvertüre und sieben Sätzen gab dem Flötistenpaar Ostertag und Bachofner die erste Gelegenheit zum Auftritt. Ergänzt wurden sie und das Orion String Trio durch Katarzyna Nawrotek an der Violine, Samuele Sciancalepore am Kontrabass und Helga Váradi am Cembalo.

Wie Pingpongbälle warfen sich im äusserst abwechslungsreichen Stück die Flöten und die Geigen die Töne zu. Kammermusik ist Schwerarbeit, auch körperlich. Doch auf der Bühne des Grossen Rittersaales wirkte alles leicht und federnd, bis hinein in die kleinsten Verzierungen und Trillerchen. Zu Telemanns Zeiten hörte man solche Musik während mehrgängiger Bankette mit üppigen Speisen und reichlich Alkohol. Der Genuss war auch ohne solche Tafelfreuden gross.

Dem Original nicht untreu

Den Abschluss bildete das vierte Brandenburgische Konzert von Johann Sebastian Bach. Ursprünglich schrieb Bach das Konzert für zwei Blockflöten, eine spätere Fassung verlangt aber zwei Querflöten, sodass Brita Ostertag und Philipp Bachofner mit ihren Holzquerflöten dem Original nicht untreu wurden. Bei den Violinen trat noch Birgit Müller hinzu, und Soyoung Yoon konnte in den solistischen Passagen zusammen mit dem Flötistenpaar erneut ihre stupende Virtuosität vorführen.

Mit diesem Saisonauftakt hat «Musik im Schloss» bewiesen, dass Stadtpräsident Martin Stöckling die Reihe kürzlich vollkommen zu Recht als einen der Kulturschwerpunkte im städtischen Kalender bezeichnet hat. Ihre Fortsetzung nimmt die Konzertreihe am 2. Dezember, 17 Uhr, wiederum im Grossen Rittersaal vom Schloss Rapperswil statt.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Kultur MEHR