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Das Chappeler Braunvieh und seine Züchter feiern

Der Braunviehzuchtverein St. Gallenkappel wird in diesem Jahr 125 Jahre alt. Ein Blick zurück verrät, der Verein wäre beinahe aufgelöst worden. Davon ist heute nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, die Chappeler Züchter sind ein fixer Teil der Dorfkultur.

Linth-Zeitung
05.10.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Geschmückte Kühe an der Viehschau haben beim Viehzuchtverein St. Gallenkappel Tradition.
Geschmückte Kühe an der Viehschau haben beim Viehzuchtverein St. Gallenkappel Tradition.
BARBARA SCHIRMER

von Barbara Schirmer

Heute ist es wieder so weit: In St. Gallenkappel ziehen die Viehherden geputzt und geschmückt durch die Strassen. Glockenklänge, von Walde, Rüeterswil und vom Dorf herkommend, werden durch die Häuserreihen hallen, Ho-Ho-Rufe das Ganze untermalen. Es ist Viehschauzeit, auch in St. Gallenkappel. Doch dieses Jahr läuft alles ein wenig festlicher ab, denn die Züchter feiern ihr 125-jähriges Bestehen.

«Wir möchten zusammen mit der Bevölkerung feiern. Viehschaufreunde, Sympathisanten und alle uns Wohlgesinnten sind herzlich eingeladen, an unserem Fest teilzunehmen», betont Res Büeler, Präsident des Vereins. Selbstverständlich werde der Schauanlass mit einigen Extras aufwarten. So soll eigens für das Jubiläum ein Käsestar prämiert werden. Auch in Zeiten von Hofabfuhr und Industriemilch bringen in St. Gallenkappel immer noch zwei Drittel aller Zuchtvereinsmitglieder die Milch ihrer Kühe in eine Käserei. Je nach Abnehmer wird Sprinz, Appenzeller, Tilsiter, Emmentaler oder Spezialkäse daraus hergestellt.

Für den Käsestar zählt nicht das Aussehen einer Kuh, sondern deren Milchinhaltswerte. Der Verein kann dazu auf die Messresultate der eigenen Milchwägungen zurückgreifen. Bei jeder Wägung wird eine Probe gezogen, um die Milchinhaltsstoffe zu eruieren. Diese Resultate liefern dem Landwirt Informationen über die Eutergesundheit seiner Tiere und der Viehschaukommission Daten für ihre Spezialpreise. Beim Käsestar werden jene Qualitätsmerkmale besonders gewichtet, die bei der Käseherstellung wichtig sind.

Natürliche Schönheiten

Anlässlich des Jubiläums wird in St. Gallenkappel ein Kälberwettbewerb durchgeführt. Kinder führen ihr Lieblingskälblein in den Ring und stellen es vor. Selber gereimte Sprüchlein und hübsch geschmückte Kälber sorgen mit Garantie für zahlreiche «Jöhs» unter den Zuschauern. 470 Tiere von insgesamt 27 Züchtern sind angemeldet, wobei vom Kalb bis zur Kuh sämtliche Rindviehgenerationen vertreten sind.

Am Samstag findet dann, unter Mithilfe der Bäuerinnen Walde und der Landfrauen St. Gallenkappel, der Züchterabend statt. Dieser ist der eigentliche Höhepunkt der Schau. Gestartet wird um 19 Uhr mit einem Züchter-Apéro. Musik spielt, ein Tombola-Kalb wird verlost, Wanderpreise werden vergeben und Ausstellerpreise verteilt. Letztere sind Holzuhren. «Jeder Züchter durfte selber bestimmen, welches Bild auf seine Uhr kommen soll», weiss Büeler. Fast immer sei mindestens eine Kuh auf dieser Holzplakette abgebildet. Meist eine, zu der der jeweilige Landwirt einen speziellen Bezug habe.

Während mancherorts die Kühe aufwendig gestylt werden, zeigen die Chappeler natürliche Schönheiten. Das stehe so im Schaureglement. Büeler betont: «Wir weisen die Schauexperten ganz bewusst so an, dass sie dies bei der Bewertung beachten.» Wer bei den Braunviehzüchtern St. Gallenkappel mitmischt, weiss das und richtet sich danach. Dennoch gibt es für die Landwirte einige Vorbereitungen zu treffen.

So werden im Vorfeld die Kühe und Rinder gewaschen, Halfter übergezogen und mit Etiketten beschriftet. Die Bäuerinnen streifen während dieser Zeit durch den Garten und sammeln Blumen, Tuya-Äste und Tannreisig. Aus diesen zaubern sie den Blumenschmuck, den die Kühe beim Aufmarschieren und Wegzug vom Schauplatz tragen. Dahlien in allen Farben und Sonnenblumen, leuchtend gelb, ziehen die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich. Die sennische Auffuhr sei eine Spezialität der Chappeler Viehzüchter und werde von der Bevölkerung gerne gesehen, so Büeler.

Um ein Haar aufgelöst

Dass der Viehzuchtverein sein 125-jähriges Bestehen feiern kann, ist nicht selbstverständlich. Bereits ein Jahr nach der Gründung sei eine Krisensitzung einberufen worden. Das weiss Vorstandsmitglied Bruno Gubelmann. Er hat sich mit den Memoiren des Vereins befasst. Damals sei der Verein noch als Genossenschaft geführt worden. Doch das war nicht der Grund. Vielmehr brachte der erste Stier, welchen die Züchter anschafften, keine Nachkommen. Das sorgte für die Krise. Doch die Chappeler hielten durch. Zum Glück für alle Viehschauliebhaber. Denn nur so können diese dem jährlichen Event entgegenfiebern.

Drei Fragen an…
Fredi Deck, Viehzüchter aus Laad bei Walde

1. Wie sieht Ihr Morgen vor der Viehschau aus?
Die Stallarbeit beginnt an diesem Tag zwei Stunden früher. Mein Betrieb hat
zwei Standorte. Darum verlade ich die Kühe und bringe sie zu den Rindern in Dorfnähe. Nach dem Transport waschen wir das Vieh noch einmal. Dann folgt das Anziehen von Trychlen und Blumenschmuck.

2. Wie viele Personen stehen an diesem Tag für Sie im Einsatz?
Das sind ganz viele. Meine Frau und die Eltern, die Schwestern und die Schwägerin kümmern sich um den Blumenschmuck und um das Waschen der Tiere. Die Männer übernehmen das Schellen anziehen und andere Arbeiten im Hintergrund. Da hat jeder sein Spezialgebiet und weiss genau, was zu tun ist.

3. Wieso nehmen Sie diesen Aufwand auf sich?
Weil es eine Herzblut-Sache ist. Mit dem eigenen gezüchteten Vieh an die Schau zu laufen, erfüllt mich als Züchter und Bauer mit grossem Stolz. Meine ganze Familie hat riesige Freude an dieser Tradition. Die geschmückten Tiere, die Trychlen, die ganze Stimmung ist so einmalig.

Der Viehzuchtverein lässt ein grosses Fest steigen
Heute Freitag und morgen Samstag, 5. und 6. Oktober, findet beim Mehrzweckgebäude Holz in St. Gallenkappel das 125-Jahr-Jubiläum des lokalen Viehzuchtvereins statt. Für die Jubiläumsschau treffen am Freitag ab 8 Uhr auf dem Platz die Züchter mit ihren geschmückten Kühen ein. Bestimmt eine Augenweide für manch einen Besucher, da die Viehschau in St. Gallenkappel die Tradition pflegt und die Tiere mit «Blumen-Tschäppel» und Blumen-Bauchkranz geschmückt sind.
Um 9.30 Uhr beginnt die Rangierung der Tiere. Bereits am Vormittag finden die ersten Präsentationen statt. Unter anderem präsentieren Mädchen und Buben mit Freude ihr Kälbchen und stellen es dem Publikum vor. Über Mittag wird eine Pause eingelegt, wo man sich von den Landfrauen St. Gallenkappel verpflegen lassen kann. Und für die kleinen Gäste sind der Streichelzoo und das Ponyreiten ein Highlight. Um 13 Uhr geht es weiter mit zahlreichen Spezialwettbewerben: Fitness-Star, Käse-Star, Miss Genetik, Schöneuter, Rinderchampion, Junior-Champion und Miss St. Gallenkappel. Ist der Höhepunkt erreicht und die Miss erkoren, werden die Tiere zur Heimkehr geschmückt. Im Drei-Minuten-Takt ziehen die Bauern mit ihrer Viehsente nach Hause.
Die Feier geht am Samstag im Festzelt weiter. Für das Wohl der Gäste sind die Bäuerinnen Walde und die Landfrauen St. Gallenkappel besorgt. Der Jodelklub Berggruess St. Gallenkappel und die Chnüsperlibuebe sorgen für Unterhaltung. Die Preise der Tombola werden ebenfalls verlost. Als Hauptgewinn winkt ein Zuchtkalb. In der Bar heizt die Braunvieh-Königin ein und schenkt leckere Longdrinks aus.

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