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Das Seenachtfest-OK wehrt sich gegen kritische Stimmen

Zu späte Gratiseintritte für Altersheim-Bewohner, unnötiges Feuerwerk, nicht mehr zeitgemäss: Das OK des Seenachtfest in Rapperswil steht in der Kritik. Völlig zu Unrecht, findet der Präsident.

18.08.18 - 09:30 Uhr
Kultur

Christine Knuchel ist empört. Seit mehr als acht Jahren ist ihr Vater Bewohner im Altersheim Bürgerspital am Fischmarktplatz. Damit liegt es innerhalb des abgesperrten Geländes, auf dem vergangenes Wochenende das Seenachtfest über die Bühne ging. Am Samstag wollte Knuchel mit ihrem Vater einen Spaziergang machen. Doch das ging nicht: «Das Infoschreiben mit dem Gratiseintritt für meinen Vater fehlte.» Es sei aber bereits zu spät gewesen, um sich beim Veranstalter zu beschweren. «Also haben wir uns dagegen entschieden, für einen kurzen Spaziergang 30 Franken zu bezahlen.» Das wäre laut dem Sicherheitsdienst die einzige Möglichkeit gewesen. «Das grenzt für mich an Freiheitsberaubung!», empört sich Knuchel.

Bisher immer reibungslos

Immerhin: Als die Heimleitung sich einschaltete, lenkte das OK ein. Das bestätigt Heimleiter Beat Ehrensperger: «Ich wurde von Mitarbeitern darüber informiert, dass die Gratiseintritte nicht wie üblich vorab per Post geliefert wurden.» Auf seine Nachfrage hin habe das OK geantwortet, dass es Probleme mit Missbrauch der Gratis-eintritte gebe. Deshalb wurde Ehrensperger gebeten, sich zu erkundigen, wie viele der 39 Bewohner des Bürgerspitals einen Gratiseintritt benötigten. «Das ist ärgerlich, da es für uns einen Mehraufwand bedeutete, jeden Bewohner zu fragen.» Die Eintrittsbändel seien dann ohne Probleme innerhalb einer Stunde geliefert worden.

«Ich verstehe, dass den Organisatoren aufgrund von Missbrauch Geld verloren gehen kann. Dennoch erwarte ich in Zukunft, dass sämtliche Heimbewohner wieder unaufgefordert vorab einen Eintrittsbändel zugestellt bekommen», hält Ehrens-perger fest. Die Zusammenarbeit mit dem OK sei bisher immer reibungslos gelaufen.

Christine Knuchel, die selber im Eventmanagement arbeitet, beanstandet noch weitere Punkte: «Zu Spitzenzeiten befanden sich viel zu viele Leute auf dem Fischmarktplatz. Das kann gefährlich werden.» Auch dass der Seedamm – notabene eine viel befahrene Kantonsstrasse – für den Anlass während zweier Nächte gesperrt wird, hält sie für untragbar.

«Es befanden sich zu viele Leute auf dem Platz, das kann gefährlich werden.»

Der ganze Anlass sei auch von der Aufmachung her nicht mehr zeitgemäss: «Hochwertige Foodtrucks anstelle der chilbimässigen Essensstände und moderne Verkaufsstände mit wertigen Produkten würden das Fest aufwerten», findet Knuchel. Ausserdem würde es für sie reichen, lediglich an einem Abend ein Feuerwerk zu zünden. Mit dieser Meinung steht die Eventmanagerin nicht alleine da (siehe Infokasten und «Drei Fragen an …»).

Dass das Festivalgelände so grossräumig abgeriegelt werden muss, versteht Knuchel ebenfalls nicht: «Am Blue Balls Festival in Luzern hat man auch einen Weg ohne Abriegelung gefunden.» Das würden laut Knuchel sicherlich auch die Restaurants der Altstadt begrüssen, die enorme Einsatzeinbussen hinnehmen müssten. Trotz ihrer Empörung will Knuchel konstruktive Kritik liefern: «Grundsätzlich ist Rapperswil der ideale Ort für ein wunderbares Seenachtfest.»

«Für Mehrheit ein tolles Fest»

Unverständnis ruft diese Kritik bei OK-Präsident Fabian Villiger hervor. Er äussert sich zu den Kritikpunkten so: «Die Altersheimbewohner werden genau gleich behandelt wie die Bewohner der Altstadt auch. Jeder Bewohner des Bürgerspitals hat vor Beginn des Festes am Freitag um 17 Uhr seinen Gratisbändel erhalten.» Auch die Sicherheit sei zu keiner Zeit gefährdet gewesen: «Wir engagieren Profis, die genau dafür zuständig sind.» Ein Beispiel: «Als bei den Konzerten von Hecht und Baschi sehr viele Leute auf den Fischmarktplatz strömten, haben wir diesen für eine gewisse Zeit abgesperrt und keine Leute mehr auf den Platz gelassen.» So habe gewährleistet werden können, dass keine Gefahr für die Besucher besteht.

Auch die Sperrung des Seedamms für zwei Nächte alle drei Jahre sei «absolut vertretbar» und werde frühzeitig kommuniziert. Diese sei nötig, um während des Feuerwerks ausreichend Platz zu haben, damit die Menschenmassen sich verteilen können. Den Restaurants zu guter Letzt stehe es frei, einen Essensstand zu betreiben. «Bisher hat aber keines der Restaurants am Fischmarktplatz davon Gebrauch gemacht.»

Villiger betont: «80 000 Leute haben ein friedliches und tolles Fest gefeiert, wir haben gar einen Zuschauerrekord verzeichnet.» Davon zu sprechen, dass das «nicht mehr zeitgemäss» sei, irritiere ihn. «Es ist schade, wenn Einzelpersonen das Fest in negativer Erinnerung behalten. Wir sind aber überzeugt, dass der allergrösste Teil der Besucher ein grossartiges Fest erleben durfte.»

Umfrage zeigt: Vielen würde ein Feuerwerk reichen – OK erklärt, wieso es zwei braucht
Gleich an zwei Abenden wird am Seenachtfest während einer halben Stunde Feuerwerk gezündet. Das veranlasste Jonathan Schuler aus Rapperswil-Jona zu einer Umfrage auf Facebook: «Gehört das Feuerwerk an beiden Abenden dazu oder würde auch ein Abend reichen?» Nach 24 Stunden hatten bereits mehr als 80 User ihre Stimme abgegeben. Es zeigte sich: Fast zwei Drittel der Teilnehmer finden, ein Abend reiche. Der Jungfreisinnige Ramiz Ibrahimovic ging gar noch weiter und fragte, weshalb man die Böllerei nicht gleich ganz abschaffe. Auch diese Meinung erhielt Zustimmung. Laut OK-Präsident Fabian Villiger gibt es zwei Gründe für die zwei Feuerwerke. Der erste habe mit der Sicherheit zu tun: «Das Feuerwerk ist das Highlight des Fests und zieht viele Besucher an. Würde es nur an einem Tag stattfinden, konzentrierten sich die 80 000 Besucher auf diesen Abend.» Bei solchen Menschenmassen würde der Platz schlicht nicht ausreichen. «Deshalb versuchen wir, die Besucher an beiden Tagen gleichermassen zu begeistern und so für eine gewisse Verteilung zu sorgen.» Der zweite Grund sei finanzieller Natur: «Das Seenachtfest nimmt 80 Prozent des Budgets über die Eintritte ein. Insofern sind wir darauf angewiesen, dass wir an beiden Tagen 30 Franken verlangen können – und dafür möchten wir den Besuchern auch an beiden Tagen ein Feuerwerk bieten können.» Der Eintrittspreis rechtfertige sich überdies mit den diversen Konzerten. (dgr)

4 Fragen an … Valentin Faust, Junge Grüne Rapperswil-Jona
1. Das Feuerwerk kommt nicht bei allen gut an. Sind zwei halbstündige Shows zu viel?
Für mich braucht es das Feuerwerk nicht, aber ich kann verstehen, dass es vielen Freude bereitet. Es hat den Vorteil, dass man es auch geniessen kann, wenn man sich den Eintritt nicht leisten konnte. 
2. Wie sehr leidet die Umwelt?  
Feuerwerke setzen Treibhausgase und Feinstaub mit giftigen Schwermetallen frei. Man muss aber relativieren. Bezüglich der gesamten CO²-Emissionen der Schweiz sind Feuerwerke ver- nachlässigbar. Als Tierfreund finde ich die Lärmemissionen problematischer.
3. Ist der Patrouille-Suisse-Auftritt wirklich nötig?
Hier sind die Lärmemissionen noch einmal erheblich grösser. Fliegen zählt weltweit zu den grössten CO²-Verursachern. Motorisiertes Fliegen zum Unterhaltungszweck ist einfach nur fahrlässig.
4. Was könnte denn das Organisations-komitee für die Umwelt tun?
Andere Stadtfeste setzen auf Mehrweggeschirr und Abfalltrennung. Und wieso nicht mal ein CO²-neutrales Feuerwerk machen und die Emissionen kompensieren?

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