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Geballte Frauenpower zum Jubiläum von Nairs

Eine Doppelausstellung lockt derzeit in die Kunsthalle der Fundaziun Nairs in Scuol. Gefeiert wird die zweite Ganzjahressaison nach Wiedereröffnung des sanierten Badehauses und 30 Jahre Künstlerhaus.

Südostschweiz
22.07.18 - 04:30 Uhr
Kultur
In den beiden Ausstellungen «Nairas - Mare e monti» und «Common Affairs» im Zentrum für Gegenwartskunst Nairs in Scuol sind Werke verschiedener Künstler zu sehen.
In den beiden Ausstellungen «Nairas - Mare e monti» und «Common Affairs» im Zentrum für Gegenwartskunst Nairs in Scuol sind Werke verschiedener Künstler zu sehen.
NELLY RODRIGUEZ

Von Marina U. Fuchs

Für einmal stehen nur Frauen im Mittelpunkt. «Wir haben zwei Drittel Frauen als Stipendiatinnen», erklärt Christof Rösch, der Direktor und künstlerische Leiter der Fundaziun Nairs, bei einem Rundgang durch das Zentrum für Gegenwartskunst Nairs in Scuol. Deshalb liege der Fokus bei den aktuellen Sommerausstellungen «Nairas – Mare e monti» und «Common Affairs» ganz auf dem weiblichen Geschlecht. «In Nairs herrscht ein von Frauen geprägter Geist.» So wird die Laborausstellung «Common Affairs» auch von einer Frau kuratiert. Julia Wolf ist die erste Curator In Residence, ein weiteres Angebot von Nairs für junge, aufstrebende Kunstschaffende.

Hommage an das Weibliche

Die israelische Künstlerin Yehudit Sasportas und die in Basel lebende Cécile Hummel stehen mit ihren Werken in der Ausstellung «Nairas – Mare e monti» im Dialog, im Austausch zwischen Mittelmeer und Bergen. Jeder Künstlerin ist ein Stockwerk gewidmet, wo sie – kuratiert von Rösch – Werkgruppen zeigen, die ihren Ursprung in ihrem Nairs-Aufenthalt 2003 haben.

Sasportas lebt und arbeitet in Berlin und Tel Aviv. Ihr Durchbruch kam an der Biennale Venedig 2007, wo sie Israel vertrat. «Zur Teilnahme an der Ausstellung war sie trotz ihres Erfolges sofort bereit», erzählt Rösch. «Der Aufenthalt in Nairs war für sie zentral für ihr Werk.» Sasportas grossformatige, schwarz-weisse Zeichnungen ziehen den Betrachter unwillkürlich in ihren Bann. Sie sind vielschichtig, bewegen sich zwischen realen und inneren Landschaften und dem architektonischen Raum. Verstärkt wird die Wirkung der Bilder durch einen zwölfminütigen, von der Künstlerin selbstkomponierten Soundtrack mit Tönen und Geräuschen, die für sie den Fluss und die Naturklänge repräsentieren. Das Rauschen des Inns direkt unterhalb des Ausstellungsraums komplettiert den suggestiven Eindruck zu einem ganz speziellen Gesamtkunstwerk.

Cécile Hummel, von der zahlreiche Publikationen zum Lesen einladen, konzentriert sich mit Fotos und Zeichnungen auf den Kontrast zwischen den geschichtlichen Ursprüngen und unserer Gegenwart. Lange hatte sie ein Atelier in Rom, bereiste zahlreiche Mittelmeerstaaten und nahm verschiedene Lehraufträge wahr. Ihre Werke sind assoziativ und eröffnen neue Perspektiven und Verbindungen, je länger man sie anschaut. Vitrinen, die schon selbst Kunstwerke sind, nehmen mit ihren räumlich geschichteten Arbeiten Bezug auf den Verlauf der Geschichte, forcieren die Auseinandersetzung. Hummels Interesse gilt der Beziehung zwischen den Dingen und ihrer Darstellung, zwischen Erfahrung, Deutung und Bedeutung.

Kulturelles Selbstverständnis

Mit den Laborausstellungen schafft die Fundaziun Nairs ein neues Ausstellungsformat. Dieses will einen Experimentierraum bieten für aktuelle und frühere Stipendiaten. «Common Affairs – Eine Verflechtung gemeinsamer Angelegenheiten» beschäftigt sich mit dem kulturellen Selbstverständnis und den Herausforderungen des Regionalen in Verbindung mit gesellschaftlichen Veränderungsprozessen auf globaler Ebene. Muriel Baumgartner, Notta Caflisch, Seda Hepsev und Joëlle Menzi untersuchten die Region auf «verflochtene» Geschichten und realisierten dabei neue, eigens für die Ausstellung entwickelte Arbeiten. Es geht um Wertigkeiten, um neue Bedeutungen von Gegenständen in anderer Kombination, um Handwerkliches, um die Reibung zwischen den Zeiten, die Definition von Abfall und um oft verborgene Gemeinsamkeiten der Kulturen.

Die sehr komplexen, substanziellen Ausstellungen erschliessen sich vermutlich nicht jedem sofort. Zahlreiche Führungen, ein Künstlergespräch und kunstpädagogische Workshops erleichtern den Zugang und ermöglichen so tiefergehende Erfahrungen.

«Nairas – Mare e monti». Bis 28. Oktober. «Common Affairs». Bis 30. September. Zentrum für Gegenwartskunst Nairs, Scuol. www.nairs.ch.

Nairs lädt zum Jazzfestival und Sommerfest
2018 ist ein besonderes Jahr für die Fundaziun Nairs in Scuol: In der zweiten Ganzjahressaison nach der Wiedereröffnung des sanierten Badhauses wird das 30-jährige Bestehen des Künstlerhauses gefeiert. Nairs begeht laut Mitteilung dieses Jubiläum am Freitag, 27. Juli, und Samstag, 28. Juli, mit einem Jazzfestival und einem Sommerfest.
Am kommenden Freitag um 18.30 Uhr eröffnen Day & Taxi den Jubiläumsanlass. Das Trio rund um Christoph Gallio spielt zeitgenössische Musik, die sich der Vergangenheit bewusst ist, die Gegenwart wahrnimmt und die Zukunft anvisiert. Anschliessend lockt um 21 Uhr die portugiesische Sängerin Sofia Ribeiro die Zuhörer in ihr musikalisches Universum. Sie vereint Elemente aus Jazz, brasilianischer und portugiesischer Musik.
Am Samstag, 28. Juli, um 15.30 Uhr eröffnet die Frauen-Kultband Les Reines Prochaines das Sommerfest mit einer Mischung aus Pop, Tango, Volksmusik und Klassik. Um 17 Uhr folgt der offizielle Festakt mit einer Begrüssung von Hans-Jörg Heusser, Stiftungsratspräsident der Fundaziun Nairs, und Ansprachen von Christian Fanzun, Gemeindepräsident von Scuol, Martin Jäger, Regierungsrat, und Christof Rösch, künstlerischer Leiter und Direktor der Fundaziun Nairs. 
Nach einer Stärkung in der Festwirtschaft tritt um 20 Uhr das Duo Coto auf. Co Streiff und Tommy Meier spielen Eigenkompositionen und bekannte Stücke aus der Jazzliteratur. Das Sommerfest klingt danach mit einer Jam Session aus.

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