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Die magische Linie aus der tiefen Vergangenheit

Wer wissen will, wie die Berge sich erheben und wieder einstürzen – und das nicht nur wissen, sondern vor allem sehen will –, braucht zwei Dinge: eine lesenswerte Darstellung der Tektonikarena Sardona. Und Wanderschuhe.

Reto
Furter
21.06.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Im Buch «Tektonikarena Sardona» machen grossformatige Bilder sichtbar, was sich in der Entstehungsgeschichte wo und wie abspielt
Im Buch «Tektonikarena Sardona» machen grossformatige Bilder sichtbar, was sich in der Entstehungsgeschichte wo und wie abspielt
OLIVIA ITEM

Es ist ja allgemein bekannt: schwimmende Platten als Erdoberfläche, Kontinentaldrift in Super-Zeitlupe, sich hebende Meeresböden und als endloser Prozess Verwitterung an der Oberfläche. So entstanden die Landschaften, so entstanden auch die Berge. Das erklärt, weshalb heute noch Meeresfossilien auf Berggipfeln gefunden werden – vor gar noch nicht so langer Zeit ging man davon aus, dass die Lebewesen mit der biblischen Sintflut hochgeschwemmt worden waren.

Und das erklärt natürlich auch, dass gelegentlich Felsen abrutschen: Der Wind, das Wetter, die Niederschläge, sie nagen am Fundament und lassen Berge verschwinden. Die Gletscher und Flüsse besorgen dann in jahrtausendelanger Arbeit quasi den alpinen Feinschliff.

So weit, so gut. Wer das nachlesen und dank einer hervorragenden Bebilderung nachsehen will, kann dies in der neuen Publikation «Tektonikarena Sardona» tun, erschienen pünktlich zum 10-Jahr-Jubiläum der Unesco-Anerkennung. Illustriert und anschaulich erfährt man, was es mit dem Flimser Martinsloch und der sogenannten magischen Linie der Glarner Hauptüberschiebung auf sich hat.

Der neue Blick auf die Welt

Dass die Linie nämlich gar keine Linie ist, sondern die sichtbare Begrenzung einer Fläche, einer Gesteinsschicht, die längst verwittert ist und nur an einigen Stellen, etwa in den Gipfelparteien des Piz Sardona, des Piz Barghis oder der Tschingelhörner, noch sichtbar ist. Die magische Linie markiert das Zusammentreffen von zwei Gesteinsplatten, quasi als Schmiermittel. Nirgends weltweit sieht man das besser als in der Tektonikarena Sardona.

Wer das je gesehen hat – und hierbei helfen die Bilder im Buch ungemein –, wird den neuen Blick nicht mehr los, den Blick in die tiefe Vergangenheit. Und die Faszination für Geologie wohl auch nicht mehr. Und hier kommen die Wanderschuhe ins Spiel, denn Geologie findet draussen statt.

Reto Furter ist Leiter Chefredaktion der Südostschweiz Medienfamilie und verantwortet Radio, TV, Online und Tageszeitungen in den Kantonen Graubünden, Glarus und St. Gallen. Er ist promovierter Historiker und arbeitet seit 2009 bei Somedia. Mehr Infos

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