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Am Anfang steht Zwinglis Tod

Die Kantorei Rapperswil-Jona führt zur Feier des Reformationsjahres das Oratorium «Akte Zwingli» auf.

Südostschweiz
26.05.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Konzentriert: Intensiv proben die Sängerinnen und Sänger der Kantorei  Rapperswil-Jona mit ihrem Dirigenten Davide De Zotti für das Oratorium.
Konzentriert: Intensiv proben die Sängerinnen und Sänger der Kantorei Rapperswil-Jona mit ihrem Dirigenten Davide De Zotti für das Oratorium.
JOHANNA KRAPF

Die Spannung in der Kantorei Rapperswil-Jona und bei ihrem Dirigenten Davide De Zotti wuchs von Woche zu Woche – bis heute. Denn heute Samstag, 26. Mai, ist es endlich so weit: Das Szenische Oratorium «Akte Zwingli» von Christoph Sigrist und Hans-Jürgen Hufeisen kommt in der evangelischen Kirche Rapperswil zur Aufführung. Beginn ist um 20.30 Uhr.

Der Startschuss zum Projekt fiel im letzten Oktober, anlässlich einer Singwoche. Und seither wurde, mit kurzen Unterbrüchen, intensiv dafür geprobt.

Aus Zwinglis Leben

Die Initialzündung zu diesem Zwingli-Werk liegt über fünf Jahre zurück, als sich der Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist und der Komponist Hans-Jürgen Hufeisen zum ersten Mal darüber austauschten. Aus der Idee entstand ein Oratorium der besonderen Art. Das Libretto, das Sigrist verfasst hat, basiert auf Textausschnitten aus seinem Roman «Anna Reinhart und Ulrich Zwingli». Für dessen musikalische Umsetzung hat Hufeisen eigene Motive, volksliedhafte Melodien und Choräle zu einem Ganzen verknüpft.

Das Oratorium zeichnet Geschehnisse aus Zwinglis Leben nach, die – aus der Perspektive seiner Frau Anna Reinhart – in einer einfachen Sprache erzählt werden. Am Anfang steht Zwinglis Tod, und dann hält Anna Reinhart in ihrem fiktiven Tagebuch eine Art Zwiesprache mit ihrem geliebten Mann. So malt sie das Bild eines kreativen, von Zweifeln geplagten, empfindsamen Menschen, der so gar nicht dem lustfeindlichen und streitbaren Reformator, auf den Zwingli meist reduziert wird, entspricht.

Sehr grosse Präsenz gefordert

Hufeisen hat diese Geschichte sehr vielschichtig in Musik umgesetzt. «Die musikalische Gestaltung des gesprochenen Wortes», so Dirigent De Zotti, «hat zu einem faszinierenden Spannungsfeld geführt.» Der Sprecher (Christoph Sigrist), die Mezzosopranistin Sarah Widmer als Anna Reinhart, der Tenor Daniel Camille Bentz als Zwingli, der Chor und das Vokalensemble Sangis wechseln sich ständig ab, zuweilen überlappen sich ihre Einsätze. «Deshalb ist von allen eine sehr grosse Präsenz gefordert», fügt De Zotti an.

Als Höhepunkte nennt De Zotti die Vertonung von Psalm 23 («Der Herr hirtet mich») und das eindrückliche Pest-Lied, dessen Text und Melodie auf Zwingli zurückgehen. Aber auch das zweichörige Streit-Lied, in welchem die Kantorei und das Vokalensemble als Zwingli- beziehungsweise Lutherchor gegeneinander ansingen, und das letzte Stück, «Unser Herz brennt für dich», berühren.

De Zotti umreisst Hufeisens Kompositionsweise folgendermassen: «Ein harmonisch schwebendes Leitmotiv wird erweitert durch melodische und rhythmische Elemente.» Mit anderen Worten, eine bestimmte Tonfolge kommt in abgewandelter Form immer wieder vor, eingebettet in unterschiedliche Rhythmen und in eingängliche, volksliedhafte Melodien. Gerade diese Einflüsse aus der Volksmusik – und die einfache Sprache, in der das Oratorium verfasst ist – mögen dazu führen, dass es auf Anhieb Gefallen findet und verstanden wird.

Ob es das Reformationsjahr überdauert, muss sich allerdings noch weisen. Dazu machten sich der Dirigent und die gut 40 Sängerinnen und Sänger der Kantorei und des Vokalensembles in den letzten Wochen jedoch keine Gedanken. Sie waren genug gefordert, dem Werk seinen letzten Schliff zu verpassen. Zumal Hufeisen, der selber die Flöte spielt, und die anderen Musiker gestern, am Vortag des Konzerts, erstmals mitproben konnten. «Wir sind ja flexibel, nicht wahr?», meint De Zotti schmunzelnd.

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