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Wenn sich Freude mit Wehmut mischt

Der 1. Handharmonika-Club Chur lädt am Sonntag zu einem Konzert nach Chur. Bei einer Probe haben die zwölf Musikanten durchaus positiv überrascht – trotz prekärer Nachwuchssituation.

Südostschweiz
25.05.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Vornam Name  Funktion in Institution
Der 1. Handharmonika-Club Chur probt im Schulhaus Herold in Chur.
PRESSEBILD, CLAUDIO GODENZI

von Emil Hartmann

Kaspar Strebel vom gleichnamigen Churer Musikhaus mit angeschlossener Musikschule war im Jahr 1929 Initiant eines örtlichen Handorgelvereins. Ziel war es, den Musikschülern die Möglichkeit des Gruppenspiels und eine Plattform für öffentliche Auftritte zu bieten. Damals existierte in Chur noch keine gleichartige Formation, und so gab man dem neu ins Leben gerufenen Verein ganz einfach den Namen 1. Handharmonika-Club Chur. Die musikalische Leitung übernahm Strebel, und das Amt behielt er während über 50 Jahren.

Unter dem heutigen Dirigenten Markus Schüpbach bereitet sich der 1. Handharmonika-Club Chur derzeit auf das Gemeinschaftskonzert mit dem Jodelclub Calanda vor. Der Anlass findet am Sonntag in Chur statt. Auch wenn im Verlaufe seines bald 90-jährigen Bestehens der einst stattliche Verein auf ein bescheidenes Grüppchen zusammengeschrumpft ist – die noch verbliebenen Musikanten überraschen durchaus positiv. Es wird freudig, locker und trotzdem effizient geprobt. «Feuerreiter», ein recht anspruchsvoller Marsch von Curt Herold, meistern die acht Frauen und vier Männer auf beeindruckende Weise, und gerne nehmen sie die lobenden Worte ihres Dirigenten entgegen.

Bekannte Lieder wie «Nessaja» von Peter Maffay, der Rocksong «The Best» von Mike Chapman oder James Horners «My Heart Will Go On» finden ebenso Platz im Programm wie die «Feuerwehr-Polka» des slowenischen Komponisten Slavko Avsenik. Geradezu prädestiniert für Akkordeon sind Tangomelodien, und eine solche steht mit «Marguerita» von Josef Gmür auf dem Programm. Da würden die typischen Tangoakzente noch etwas mehr Intensität vertragen.

«Junge Spieler willkommen»

Mit Schüpbach verfügt der 1. Handharmonika-Club Chur über einen kompetenten Dirigenten, der oftmals auch mitspielt. Er legt grossen Wert auf Genauigkeit und Dynamik, was der Akkordeongruppe einen gewissen orchestralen Klang verleiht.

Schüpbach ist sich der prekären Situation betreffend Nachwuchs bewusst: «Ja, junge Akkordeonspieler sind bei uns herzlich willkommen.» Sehr wichtig ist für den musikalischen Leiter aber auch, dass es diesen Handharmonika-Club überhaupt noch gibt: «Sieht man die Begeisterung und Freude unserer Mitglieder, lohnt es sich allemal weiterzumachen.» Immerhin stehen in diesem Jahr zehn Auftritte auf dem Programm, vorwiegend in Alters- und Pflegeheimen, aber auch seit Langem wieder einmal ein Jahreskonzert.

Seit 70 Jahren dabei

Bereits als zehnjähriges Mädchen besuchte Frieda Capol aus Chur Unterrichtsstunden auf dem Akkordeon in der Musikschule Strebel. Nach zwei Jahren trat sie dem 1. Handharmonika-Club Chur bei, und heuer feiert sie ihre 70-jährige Vereinsmitgliedschaft –eine kaum vorstellbare Zeitspanne. Entsprechend viel weiss Capol zu erzählen. Freude und auch ein wenig Stolz begleiten ihre Worte: «Mit zwölf Jahren bin ich dem 1. Handharmonika-Club Chur beigetreten, jetzt bin ich 82 Jahre alt und immer noch dabei.»

Ein bisschen Wehmut mischt sich in die freudigen Erinnerungen, wenn es um die Entwicklung ihres Handorgelclubs geht, und etwas nachdenklich blickt Capol zurück: «Am 50-Jahr-Jubiläum 1979 im Hotel «Marsöl» bestand der Club aus 26 Senioren und 25 Junioren, heute sind wir noch 13 Mitglieder samt dem Dirigenten, und die jüngsten gehen auch schon gegen die 50.» Ihre Augen strahlen aber gleich wieder beim Weitererzählen: «Wir hatten viele Auftritte, jährlich zwei Konzerte, und am Maiensäss-Umzug spielten wir Marschmusik.»

Immer wieder nahm der 1. Handharmonika-Club Chur auch an Wettspielen des Ostschweizer und des Eidgenössischen Akkordeon-Verbandes teil. Dazu kamen regelmässige Auftritte in Kinder- und Seniorenheimen, Muttertags- und Frühschoppenkonzerte oder die Mitwirkung bei Gottesdiensten. Reisen, Schlitteln mit anschliessendem Fondueplausch, Wanderungen und Kegelabende wurden durchgeführt. Überhaupt kam das gesellige Beisammensein nicht zu kurz.

Dazu meint Capol schmunzelnd: «Handorgelspielen ist sehr schön, aber ohne das gemütliche ‘Nach der Probe’ hätte ich wohl kaum sieben Jahrzehnte beim 1. Handharmonika-Club Chur durchgehalten.»

Konzert: Sonntag, 27. Mai, 17 Uhr, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Ringstrasse, Chur.

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