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Kunst im Grossformat

In Bad Ragaz laufen die letzten Vorbereitungen für die Triennale der Skulptur. Die Gründer der Bad Ragartz, Esther und Rolf Hohmeister, verraten, was sie alle drei Jahre wieder motiviert.

Südostschweiz
23.04.18 - 04:30 Uhr
Kultur

Vor einigen Wochen bot die St. Galler Gemeinde Bad Ragaz noch ein beschauliches Bild. Einzig eine Schar gelber Schnecken jeglichen Formats kroch als Vorbote der Skulpturentriennale durch die Gassen und über die Wände des Kurortes. Ein Bild, das sich inzwischen gewandelt hat: Nahezu täglich schlängeln sich dieser Tage schwere Sattelschlepper und beeindruckende Kranwagen durch die Strassen und die Parks von Bad Ragaz. Ihre kostbare Ladung: Kunst aus aller Welt. Inmitten all der Umtriebe geben die Organisatoren der Triennale, Esther und Rolf Hohmeister, Auskunft über die Vorbereitungen.

Herr Hohmeister, Frau Hohmeister, erstaunlich, dass Sie für uns Zeit finden, wenn man sieht, was derzeit in Bad Ragaz vor sich geht.

Rolf Hohmeister (lacht): Ach ja, wir haben ja noch eine Ausstellung ... Aber Sie haben recht. Im Moment ist sehr viel los. Zumal ich ja immer noch täglich als Arzt engagiert bin. Aber sehen Sie: Natürlich ist das eine anstrengende Periode. Vor allem aber ist es eine Zeit der Freude. Jeden Tag nehmen wir grossartige Werke aus aller Welt in Empfang. 77 Künstler haben drei Jahre lang intensiv auf diese riesige Ausstellung hingearbeitet. Grund zur Freude also. Den Muskelkater können wir später auch noch kurieren. Und unsere gelben Schnecken, die überall herumkriechen, künden ja von unserer Philosophie: «Eile mit Weile».

Sie geben mir das Stichwort: Hinter der grössten Skulpturen-Ausstellung Europas stecken drei Jahre Vorarbeit. Wie darf man sich das vorstellen?

Esther Hohmeister: Nun, zum einen kriegen wir natürlich sehr viele Bewerbungen. Wir sichten im Vorfeld rund 1700 Dossiers von Künstlern aus aller Welt. Nach einer ersten Auswahl stehen viele Diskussionen und vor allem Atelierbesuche an. Das macht uns besonderen Spass. Wenn man den Staub der Ateliers gerochen hat, wird die Vorfreude auf das Kommende noch grösser. Ausserdem ist man sozusagen von der ersten Minute an «bei der Geburt» dabei. Zum anderen ergeben sich im Laufe der Jahre natürlich auch viele enge Freundschaften zu Künstlern, mit denen man bereits schöne Projekte realisieren und gemütliche Stunden verbringen durfte. Diese Kontakte pflegen wir in der ausstellungsfreien Zeit intensiv und entwickeln gemeinsam Neues.

Die Bad Ragartz gibt es seit mehr als 20 Jahren. Wie ist die Idee überhaupt entstanden?

Rolf Hohmeister: Wir waren schon immer grosse Kunstliebhaber. Eines Tages auf einer Reise durch die Museen Europas hat es bei uns klick gemacht, und wir sagten: Wir wollen all diese grossartige Kunst nach Bad Ragaz bringen. Gesagt, getan. Wir haben klein begonnen und mussten natürlich auch die Bevölkerung von Bad Ragaz von unserem Konzept überzeugen. Zu Anfang gab es auch Kritik. Heute wünschen sich einige Ragazer jedes Jahr eine Triennale.

«Unsere Motivation ist die Tatsache, dass die Kunst für uns immer ein grosses Geschenk war.»

Was ist Ihre Motivation für diese Arbeit? Finanziell dürfte es kaum lohnen. Zumal nach wie vor kein Eintrittsgeld erhoben wird.

Esther Hohmeister: Nach 20 Jahren Kontinuität ist die Finanzierung natürlich stabiler geworden. Aber wir sind nach wie vor auf jede Unterstützung angewiesen. Gerade weil es uns wichtig ist, dass die Ausstellung für alle Interessierten frei und gratis zugänglich ist. Unsere Motivation ist die Tatsache, dass die Kunst für uns immer ein grosses Geschenk war und uns stets mal nachdenklich und mal fröhlich gestimmt hat. Die Kunst ist ein wichtiger gesellschaftlicher Faktor. Diese Erfahrung und diese Bereicherung wollen wir weitergeben. Auch an die kommende Generation.

Für Bad Ragaz dürfte die Triennale aber durchaus von wirtschaftlicher Bedeutung sein.

Esther Hohmeister: Natürlich. 2015 durften wir in Bad Ragaz und Vaduz 500 000 Besucher empfangen. Das belebt den Tourismus und die Gastronomie. Das ist klar. Schön ist, dass auch Nachhaltigkeit besteht. Es ist ja nicht so, dass alle Skulpturen nach der Ausstellung wieder verschwinden. Inzwischen stehen 49 Skulpturen permanent im öffentlichen Raum der Gemeinde Bad Ragaz. Und jedes Mal kommen welche dazu. Sukzessive entsteht hier ein permanentes Freiluftmuseum.

Sie haben die kommende Generation angesprochen. Wie integrieren Sie Kinder und Jugendliche in die Bad Ragartz?

Esther Hohmeister: Hierauf dürfen wir, glaube ich, ein wenig stolz sein. Es ist uns gelungen, die Kinder, die Jugend und die Familien zu begeistern. Wir haben wundervolle Führerinnen und engagierte Museumspädagoginnen, die jedes Mal rund 4500 Kinder und Jugendliche hautnah an die Kunst heranführen.

Die wichtigsten Symbole der Bad Ragartz sind in diesem Jahr eine gelbe Schnecke und ein Leuchtturm. Was hat es damit auf sich?

Rolf Hohmeister: Die Schnecke symbolisiert die Ruhe und die Kontemplation, die es braucht, um mit Kunst umzugehen. Als Künstler, als Organisator, aber auch als Betrachter. Eile mit Weile, dann wird es gut und nachhaltig. Der Leuchtturm soll darauf hinweisen, dass die Kunst Licht in die Welt und ins Dunkel bringt. Dafür muss sie aber gesehen werden. Der Leuchtturm weist den Weg zu uns und zur Kunst. Und natürlich: Wir sind am Rhein. Und dieser mündet ins Meer. Das soll auch mit den Gedanken geschehen, die uns und den Künstlern, die sich hier engagieren, am Herzen liegen: Diese sollen ein Meer von Menschen erreichen.

«Jeden Tag nehmen wir grossartige Werke aus aller Welt in Empfang. 77 Künstler haben drei Jahre lang intensiv auf diese riesige Ausstellung hingearbeitet.»

Worauf freuen Sie sich in diesem Jahr am meisten?

Rolf Hohmeister: Auf die lachenden und nachdenklichen Gesichter der Besucher, auf poetische und kreative Momente. Und natürlich auch auf die Verleihung des ersten Schweizer Skulp-turenpreises am 18. August hier in Bad Ragaz.

Bad Ragartz. Triennale der Skulptur. Eröffnungsfest am Samstag, 5. Mai, 16 Uhr, Dorfplatz Bad Ragaz. Eröffnung des Festivals der Kleinskulptur am Sonntag, 6. Mai, 11 Uhr, altes Bad Pfäfers.

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