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Das neue Programm des Circus Knie ist formidabel

Das neue Programm «Formidable» des Circus Knie ist kurzweilig. Die Artisten versetzen in Staunen, und Komikerin Helga Schneider sorgt für die Lacher. Ein Besuch der Premierevorstellung in Rapperswil.

Christine
Schibschid
19.03.18 - 01:00 Uhr
Kultur

Schon vor dem Zirkuszelt versetzt die Konzertorgel die Besucher in Zirkusstimmung. Einige Kinder hüpfen begeistert vor ihr auf und ab. Im Vorzelt steht der kleinwüchsige Hausclown «Spidi» auf einer Kiste und verkauft Programmhefte. Im Zelt ist es warm und zu Beginn etwas stickig. Es riecht nach Popcorn. Ein Ansager aus dem Off bittet die Zuschauer, die Handys abzustellen. «Ab jetzt spielt die Musik in der Manege.»

Franco Knie jun. begrüsst das Publikum in einem schwarzen Frack, wird aber von einer Frau unterbrochen, die lautstark mit einem Türsteher diskutiert. «Ich brauche keine Karte, ich bin VIP-Gast.» Es ist Komikerin Helga Schneider, die während des Programms immer wieder auftritt, mal im Zirkus-Outfit, mal im Bademantel.

Sie wird schnell wieder abgelöst von der ersten Artistengruppe. Circus Theater Bingo heizt mit einer akrobatischen Choreografie die Stimmung an. Am Ende steht Helga Schneider wieder auf der Bühne, nun selbst im Zirkus-Outfit. «Ich fühle mich wie eine Seekuh im Taucheranzug», kommentiert sie ihr auffälliges Kleid. Mit ihren selbstironischen Witzen bringt sie das Publikum schnell zum Lachen. Nachdem Schneider ein wenig über die Probleme von Frauen über 50 erzählt hat, tritt Alexandr Batuev in die Manege, im Anzug und mit Sonnenbrille. Als er loslegt, sind die Zuschauer gleichzeitig begeistert und schockiert. Es tut fast weh beim Hinsehen. Batuev ist unglaublich gelenkig. Einen Fuss hinter den Kopf zu legen, ist ein Leichtes für ihn. Seinen Oberkörper kann er so verdrehen, dass es aussieht, als sei dieser nur aufgesetzt. Mit den Armen seilspringen – kein Problem. Die Zuschauer machen staunend «hu» und «argh», und Batuev verschwindet am Ende in einer Kiste, die für einen Menschen eigentlich viel zu klein ist. «Wahnsinn!», kommentiert eine Zuschauerin.

Zuschauer staunen und bangen

Immer wieder ruft das Programm namens «Formidable» diese Gefühlsmischung aus Staunen und Bangen hervor. Zum Beispiel, als eine Artistengruppe Akrobatik auf einer Trampolinbahn zeigt. Am Ende der Bahn steht ein schwarz gekleideter Mann, der aufpasst, dass kein Artist zu viel Schwung hat und in die Menge stürzt. Ein Akrobat spielt damit und erschreckt das Publikum. Immer wieder taucht während des Auftritts auch der Gedanke auf, die Artisten könnten bei ihren Kunststücken zusammenstossen. Das hält wach und macht die Show kurzweilig. Mit 20-minütiger Pause dauert das Programm zweieinhalb Stunden.

Erstmals fliegen Drohnen im Zelt

Spannend ist auch der Auftritt der acht Russinnen der Skokov-Truppe. Mit einer Art Schiffschaukel schwingen sie sich in luftige Höhen, fliegen ungesichert durch die Luft und landen auf einer gegenüberliegenden Schaukel. Der Gedanke, dass so ein Sprung auch mal daneben gehen könnte, falls das Timing nicht stimmt, ist Teil der Faszination.

Das trifft auch auf das Duo «2-zen-O» zu. Als die Frau, in einem weissen, bikiniähnlichen Outfit, und ihr Partner, nur mit weissen Leggins bekleidet, zum Song «Bed of Roses» auftreten, dürften bei einigen die Kitsch-Alarmglocken geklingelt haben. Wenn die Artisten dann aber in ihrem Reifen unter dem 15 Meter hohen Zeltdach schweben und er nur an ihren Armen hängt, überwiegt der Gedanke, dass sie ihn doch bitte nicht fallen lassen möge.

Der als grosse Neuheit im Zirkus angekündigte Einsatz von farbig leuchtenden Drohnen erschien derweil im Vergleich zu den Akrobatiknummern eher unspektakulär.

«Es ist megaschwer»

Trotz moderner Technik: Auch 2018 dürfen die Tiernummern natürlich nicht fehlen. Bei einer steht die knapp siebenjährige Chanel Marie Knie mit zwei Lamas in der Manege. Hoch konzentriert und mit ernster Miene dirigiert sie die Tiere wie ein Profi.

Wie bei den anderen Tiernummern dürfte sich mancher Zuschauer gelegentlich gefragt haben, ob gerade alles nach Plan läuft. Auch wenn es beeindruckend ist, wenn etwa ein Pferd auf den Hinterbeinen steht: Wenn die Tiere in wechselnden Formationen im Kreis laufen, ist die hohe Kunst der Tierdressur für den Laien nicht immer ersichtlich. «Man meint, es ist einfach, aber es ist megaschwer», raunt eine Zuschauerin ihrem Nachbarn zu. Auch den Pferden, die sich nach ihrem Auftritt durch Abknicken der Vorderbeine sogar verbeugen, gebührt Respekt.

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