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Leipziger Buchmesse mit Aufruf zu Toleranz eröffnet

Die Leipziger Buchmesse will bunt und tolerant sein. Aber schliesst das auch rechte Verlage ein? Zur Eröffnung gab es ein klares Plädoyer gegen Ausgrenzung und für Diskurs.

Agentur
sda
14.03.18 - 19:00 Uhr
Kultur
Fahnen mit dem Logo der Leipziger Buchmesse wehen am Leipziger Messegelände. Etwa 2600 Aussteller präsentieren sich bis zum 18. März. Bei der Eröffnung am Mittwoch wurde zu Toleranz gegenüber rechten Verlagen aufgerufen.
Fahnen mit dem Logo der Leipziger Buchmesse wehen am Leipziger Messegelände. Etwa 2600 Aussteller präsentieren sich bis zum 18. März. Bei der Eröffnung am Mittwoch wurde zu Toleranz gegenüber rechten Verlagen aufgerufen.
Keystone/DPA-Zentralbild/SEBASTIAN WILLNOW

Mit einem Aufruf für Respekt, Toleranz und Vielfalt startet die Literaturbranche auf der Leipziger Buchmesse in den Bücherfrühling. Angesichts des Erstarkens rechter Kräfte und Verlage sagte Börsenvereinschef Heinrich Riethmüller am Mittwochabend bei der Eröffnungsfeier, die gesamte Zivilgesellschaft sei gefordert, sich wieder mehr mit inhaltlichen Themen auseinanderzusetzen und auch extreme Positionen nicht wegzuschweigen.

«Ein lebendiger Meinungsbildungsprozess, der geprägt ist von der inhaltlichen Auseinandersetzung, dem Austausch, der Diskussion und der Debatte, ist essentiell für eine Demokratie», sagte Riethmüller laut Redemanuskript bei einem Festakt im Leipziger Gewandhaus.

Mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung wurde die norwegische Autorin Åsne Seierstad geehrt. Die 48-Jährige erhielt die mit 20'000 Euro dotierte Auszeichnung für ihr Buch «Einer von uns» über den norwegischen Massenmörder Anders Breivik.

Proteste angedroht

Riethmüller verteidigte die Zulassung rechter Verlage zu dem viertägigen Branchentreff. «Wenn wir Meinungsfreiheit ernst nehmen, müssen wir sie auch jenen zugestehen, deren Wertvorstellungen und Meinungen wir nicht teilen, ja deren Ansichten wir sogar für gefährlich halten», sagte er.

Im vergangenen Herbst war es auf der Frankfurter Buchmesse zu Tumulten an den Ständen rechter Verlage gekommen. In Leipzig plant besonders die Initiative #verlagegegenrechts Protestaktionen.

Riethmüller begründete das Nein zu einer Ausgrenzung Andersdenkender mit den Erfahrungen in der NS-Zeit. Damals habe sich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels aus opportunistischen Beweggründen den neuen Machthabern angedient und freiheitliche Grundwerte über Bord geworfen, sagte er. «Unser innerer Wertkompass ging uns verloren. Daraus haben wir gelernt.»

Leipziger Buchpreis

Bei der Buchmesse stellen bis zum Sonntag mehr als 2600 Verlage aus 46 Ländern ihre Neuerscheinungen vor. Gastland ist dieses Jahr Rumänien.

Angesichts des medialen Wandels stehe die Branche vor grossen Herausforderungen, sagte Riethmüller. Zwar sei der Umsatz in den vergangenen zehn Jahren weitgehend stabil geblieben. Allerdings habe man 6,5 Millionen Käufer verloren - fast 20 Prozent der Kunden. Diese Menschen müssten für das Buch zurückgewonnen werden. «Wir haben ein Produkt, das einen Ausgleich zur Hektik des Alltags verspricht», sagte er.

Mit Spannung wurde für den ersten Messetag am Donnerstag die Vergabe des renommierten Leipziger Buchpreises erwartet. In der Sparte Belletristik sind fünf Autoren nominiert: Isabel Fargo Cole («Die grüne Grenze»), Anja Kampmann («Wie hoch die Wasser steigen»), Esther Kinsky («Hain: Geländeroman»), Georg Klein («Miakro») und Matthias Senkel («Dunkle Zahlen»). Auch in den Kategorien Sachbuch/Essayistik und Übersetzungen gibt es jeweils fünf Bewerber.

Junge werden mit Mangas geködert

Zur Buchmesse und dem dazugehörigen Lesefestival «Leipzig liest» werden knapp 300'000 Besucher erwartet. Vor allem junge Leute sind von der parallel laufenden Manga-Comic-Con angezogen.

Nach den Zusammenstössen zwischen rechten und linken Aktivisten bei der Frankfurter Buchmesse wurden in Leipzig die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Einzelheiten nannte Buchmessechef Oliver Zille nicht. Er betonte, Verlage aus dem rechten Spektrum dürften in Leipzig ausstellen, solange sich die Publikationen im Rahmen der Gesetze bewegten.

Die rechtsgerichtete Wochenzeitung «Junge Freiheit» (JF) hatte in der Vorwoche ihre Teilnahme an der Buchmesse zurückgezogen. Durch die Standplatzierung in einem von der Messe konstruierten «rechtsextremen Block» von Verlagen sei eine Teilnahme absolut rufschädigend und wirtschaftlich sinnlos, hiess es in der Begründung.

Verfasser: André Jahnke und Nada Weigelt, dpa

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