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Im Spannungsfeld von Kunst und Wissenschaft

Das Nationalparkzentrum in Zernez zeigt bis Oktober 2018 eine Sonderausstellung. Diese beleuchtet die naturwissenschaftliche Forschung rund um den Steinbock aus dem Blickwinkel von vier Künstlern.

Südostschweiz
24.12.17 - 11:13 Uhr
Kultur
Installationen, Skulpturen und Bilder: In der Schau im Nationalparkzentrum in Zernez sind Werke von Magda Drozd, Nicola Genovese, Edward Monovich und Aurélie Strumans zu sehen.Bild Rolf Canal
In der Schau im Nationalparkzentrum in Zernez sind Werke von Magda Drozd, Nicola Genovese, Edward Monovich und Aurélie Strumans

Das Nationalparkzentrum in Zernez will seinen Besuchern die Auseinandersetzung mit dem Schweizerischen Nationalpark, seiner Lebenswelt und seinen Zielen ermöglichen. Es möchte dabei für den Stellenwert der unberührten Natur sensibilisieren. Mit der Ausstellung «Entführungen – Kunst, Wissenschaft und die DNA des Steinbocks» ist der Ansatz, diese Anliegen zu vermitteln, für einmal mutig ganz anders gewählt als gewohnt.

Aus Italien entführt

Ziel der Ausstellung ist es, eine Brücke zu schlagen zwischen künstlerischen und naturwissenschaftlichen Recherchen vor dem Hintergrund der ökologischen und genetischen Forschung zum Steinbock. Dieser war vor 200 Jahren in der Schweiz ausgestorben und wurde erst ab 1920 wieder angesiedelt, wobei er vorher buchstäblich aus der italienischen Region Gran Paradiso entführt wurde.

Die Schau, die nun für fast ein Jahr im Nationalparkzentrum besucht werden kann, ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Artists In Lab Program des Instituts für Cultural Studies In The Arts im Department Kulturanalysen und Vermittlung an der Zürcher Hochschule der Künste und dem Zoologischen Museum der Universität Zürich. Die Ausstellung wurde bereits mit grossem Erfolg im Zoologischen Museum der Universität Zürich gezeigt.

Künstler begleiten Biologen

Ein weiteres Ziel der Ausstellung ist es, die unterschiedlichen Ansätze von Kunst- und Wissenschaftsvermittlung in einem gemeinsamen Ganzen erfahrbar zu machen. Den Beteiligten ist es wichtig, den Entstehungsprozess aufzuzeigen und Neugier nicht nur auf Kunst, sondern auch auf Wissenschaft zu fördern.

Angeregt vom amerikanischen Künstler und Dozenten Edward Monovich diskutierten Magda Drozd, Nicola Genovese und Aurélie Strumans, Studenten der Zürcher Hochschule für Künste, über Monate mit Evolutions- und Wildbiologen aus der Schweiz und begleiteten sie bei ihrer Forschungsarbeit. Entstanden sind künstlerische Werke, die Fragestellungen, Methoden und Resultate der naturwissenschaftlichen Forschung aus individuellen Blickwinkeln betrachten, hinterfragen und interpretieren. Interdisziplinär greifen die Künstler Fragen auf wie: Wer sind wir? Woher kommen wir? Was ist die Zukunft?

Kuratiert von Irène Hediger und Lukas Keller werden durch die Arbeiten neue gesellschaftliche Zusammenhänge sichtbar. Entstanden ist eine innovative Ausstellung mit experimentellem Charakter. Gewohnte Vorstellungen aus der Naturwissenschaft werden durch Sound- und Videoinstallationen, Skulpturen und Bilder ganz anders erleb- und begreifbar. Die Kunstwerke stehen für das Verständnis füreinander und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Denkweisen.

Sinnliche Erfahrung mit Tiefgang

Bereits am Eingang zur Ausstellung fasziniert ein grossformatiges Video. Es holt die Besucher ab, zieht in seinen Bann. Der Hauptdarsteller ist ein mit einer kleinen Kamera ausgestatteter Steinbock. Der Betrachter sieht die Landschaft aus dessen Blickwinkel, erlebt ihn beim Fressen und hat immer wieder sein behaartes Kinn vor Augen. Das Video stimmt ein und macht neugierig auf das, was einen in der Ausstellung erwartet, die von der Szenografin Cornelia Zierhofer gekonnt in einem Raum im Raum installiert wurde.

«Entführungen – Kunst, Wissenschaft und die DNA des Steinbocks» ist keine Ausstellung, die man in kurzer Zeit gesehen hat. Musse ist gefragt – und Konzentration. So viele spannende Ansätze wollen nachverfolgt und überdacht werden. Trotzdem ist eine sinnliche Erfahrung für die ganze Familie auf verschiedenen Ebenen möglich, und es gibt für alle viel zu entdecken.

«Entführungen – Kunst, Wissenschaft und die DNA des Steinbocks». Bis 21. Oktober 2018. Nationalparkzentrum, Zernez.

Weitere Informationen unter www.nationalpark.ch.

Der Betrachter sieht die Landschaft aus dem Blickwinkel des Steinbocks, erlebt ihn beim Fressen und hat immer wieder sein behaartes Kinn vor Augen.

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