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Im Kunstzeughaus knistert es – vor lauter Erotik

Die Einzelausstellungen von Altmeister Balz Baechi, Installationskünstler Zimoun sowie Stephanie Danner im Kunstzeughaus Rapperswil-Jona zeigen Porträts und Installationen der besonderen Art. Besonders Baechis eigenwillige Aktbilder nackter Frauen und Männer kommen in dem grossen Saal faszinierend zur Geltung.

Jérôme
Stern
22.11.17 - 04:30 Uhr
Kultur
JEROME STERN

An den Wänden des Kunstzeughauses Rapperswil- Jona hängen nackte Frauen in allen erdenklichen Posen. Mal lasziv, dann wieder nachdenklich – und zeigen eine ungeschminkte, verblüffend natürlich wirkende Erotik.

Inmitten der Aktbilder steht deren Schöpfer, der 80-jährige Balz Baechi, und freut sich: «Ich habe nie zuvor einen Raum gesehen, in dem meine Bilder derart gut zur Geltung kommen.» Tatsächlich ist die Wirkung auf den Betrachter enorm. Das zeigte sich an der gestrigen Medienpräsentation durch Kunstzeughaus-Direktor Peter Stohler deutlich.

Der Altmeister und seine Modelle

Gelungen ist die Hängung von Baechis Bilder durch Direktor Stohler fraglos. So kombiniert er oft zwei Bilder zu Bildpaaren, wobei er neben einem Akt jeweils ein abstraktes Gemälde platziert. Denn neben der Nacktheit ist Baechi fasziniert von der Abstraktion, daher auch der Name der Schau: «Abstr/Akt».

«Zuerst wollte ich pro Wand bloss ein einziges Gemälde zeigen, habe mich aber für eine dichtere Präsentation entschieden», so Stohler. Besonders gelungen: An der Decke platzierte er ein Bild zweier tanzender nackter Engel. Trotz aller Offenheit wirken Baechis Akte niemals voyeuristisch. Vielmehr sind sie gewissermassen hautnahe Porträts.

Seine Modelle seien allesamt Personen aus seinem Bekanntenkreis, sagt der Maler. Diese Vertrautheit spürt man. «Ich kommandiere meine Modelle nicht zu bestimmten Posen», so Baechi. «Wir suchen gemeinsam nach der richtigen Haltung.»

Dabei wirkt Baechis Malstil trotz seines Alters jung und frisch – wie Momentaufnahmen mit Pinsel. Entsprechend bevorzugt er auch helle, kräftige Farben. «Vor der Malerei habe ich 30 Jahre lang nur schwarz-weiss gezeichnet. Aber jetzt geniesse ich die Welt der Farben», sagt Baechi und strahlt wie ein Schulbub.

Alles gestaltet, was möglich ist

Baechi ist ein besessener Künstler im positiven Sinne: Sein Schaffen umfasst Gebrauchsgrafik, Buchillustrationen, Cartoons, Werbefilme und Plakate und einiges mehr. «Ich habe alles Mögliche gestaltet», sagt er. Bekannt wurde Baechi einem breiten Publikum durch Zeichnungen von Theateraufführungen, die 30 Jahre lang im «Tages-Anzeiger» erschienen sind.

Im krassen Gegensatz zu Baechis Offenheit steht dagegen das Werk von Zimoun. Wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt, dürfe er nicht sagen, erklärt Stohler. «Zimoun möchte weder Interviews noch Fotos von sich veröffentlicht haben.» Bekannt ist jedenfalls, dass der 40-jährige Berner Künstler mit seinen Installationen schon weltweit Erfolge feiern konnte. «Ich habe von Zimoun eine Liste von Materialien und Werkzeugen erhalten, die er für seine Installation benötigt», sagt Stohler und deutet auf einen Haufen gefalteter Kartons. «Zimoun wird morgen Donnerstag mit dem Aufbau im Kunstzeughaus beginnen», versichert der Direktor.

Die dritte Künstlerin der neuen Schau ist Stephanie Danner. Auch die 30-jährige im Aargau lebende Österreicherin malt Porträts, doch verfremdet sie diese auf unheimliche Art. Ihre Figuren tragen Mützen aus Tierköpfen, damit wirken sie wie Protagonisten aus einem Psychothriller – was sie freudig begrüsst. Sie wolle ein «endzeitliches Gefühl» vermitteln, sagt Danner. Das gelingt ihr. Besonders beim Porträt eines jungen Mannes, den sie in einer Schildkrötenhaut mitsamt Schildkrötenkopf zeigt.

Von Aktbildern über Installationen hin zu den Porträts: Die neuen Ausstellungen im Kunstzeughaus gehen gewissermassen unter die Haut.

Vernissage der drei Ausstellungen ist diesen Sonntag, 11.30 Uhr, im Kunstzeughaus Rapperswil-Jona. Bis zum 28. Januar laufen die Ausstellungen. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 14 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr.

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