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Kuno Lauener: «Ich bin immer noch ein rechter Zweifler, manchmal»

Züri West haben sich mit «Love» nach fünf Jahren Albumpause zurückgemeldet. Am Samstag spielt die Band um Sänger Kuno Lauener am ersten Mundartfestival in Arosa.

Südostschweiz
12.10.17 - 04:30 Uhr
Kultur
Kuno Lauener legt ein Züri-West-Album vor, auf dem der Musik mehr Raum gelassen wird.
Kuno Lauener legt ein Züri-West-Album vor, auf dem der Musik mehr Raum gelassen wird.
PRESSEBILD

Trotz verschiedener Besetzungswechsel ist die Berner Rockband Züri West in Sachen Kreativität, Beständigkeit und Coolness im Mundartrock der vergangenen 30 Jahre unbestritten die Nummer 1. Ihr 13. Studioalbum «Love» präsentieren Züri West am Freitag in Mels und am Samstag in Arosa am ersten Mundartfestival (siehe unten). Im Interview spricht Sänger Kuno Lauener über den neuen Tonträger.

Mit Kuno Lauener sprach Reinhold Hönle

Herr Lauener, Züri West haben das aktuelle Album mit zwei Singles lanciert. Wollen Sie wie Ed Sheeran in der Champions League spielen?

Nein, ganz so ist es nicht (schmunzelt). Eigentlich wollten wir nur «Schachtar gäge Gent» veröffentlichen, doch dann kamen wir im Vorgespräch mit der Filmcrew auf die Idee, zwei fast identische Videos zu zwei unterschiedlichen Songs zu machen. Die zwei Drehtage bei minus zehn Grad waren wirklich hart, aber ein unvergessliches Erlebnis – auch, weil der Schnee dieser Hochhauslandschaft in der Nähe von unserer Wohnung plötzlich ein ganz anderes Kleid verpasst hat.

Die Schwarzweiss-Bilder passen sehr gut zur Stimmung auf diesem Album. «Love» vor, während oder nach einer Trennung ...

Die Lieder handeln vor allem in der Nachspielzeit, würde man fussballerisch sagen. Ich weiss nicht, wie es dazu kam. Ich vermische Secondhand-Geschichten mit eigenen Erfahrungen, und so entsteht Song um Song. Aber keine Sorge, meiner Familie geht es gut (lacht).

Wäre es Ihnen zu viel des Glücks, wenn Sie glücklich wären und dies noch in Texten über das Glücklichsein wiedergeben würden?

Diese Gefahr besteht bei mir nicht. Ich bin immer noch ein rechter Zweifler, manchmal. Man beobachtet und hört Dinge, ich lese viel. Als wir die Song-Reihenfolge festlegten, habe ich selbst gestaunt, wie viele traurige Liebeslieder entstanden sind. Wir stellten sie dann an den Anfang. Das hat irgendwie Sinn gemacht.

Wie hat sich Ihr Blick auf die Liebe verändert, seitdem Sie Vater geworden sind?

Das ist ein neuer Aspekt. Vater zu sein, ist ein realer Zustand. Das ist man auf ewig, und da gibt es kein Zurück mehr. Doch mir tut das gut, von der Solidität her, und weil ich mir die Dinge nun aus einer anderen Perspektive ansehe.

«Ich vermische Secondhand-Geschichten mit eigenen Erfahrungen.»

Woran mussten Sie sich zuerst gewöhnen?

Es ist einfach eine völlig neue Lebenssituation – Anarchie zu Hause. Du weisst nie, was dich am nächsten Tag erwartet. Wenn du mit 50 noch Kinder bekommst, kommst du selbst noch einmal auf die Welt. Ich sehe das allerdings positiv – obwohl ich Kompromisse machen muss. Früher hatte ich den Luxus, dass ich endlos an einer Idee arbeiten konnte, während meine Tage und Nächte nun dem strengen Regime meiner Freundin und meiner Kinder unterworfen sind (schmunzelt). Inzwischen flutscht es allerdings mit dem Organisieren und sich Absprechen.

Bedrückt es Sie, wenn Sie sehen, wie viele Paare nebeneinanderher leben, weil sie nicht den Mut finden, sich zu trennen?

Es bedrückt mich nicht, aber wenn man älter wird, werden Angstgefühle wie «Bin ich noch jemand ohne jemand?» nicht weniger. Ich nehme dies schon wahr, auch bei mir selbst.

Was hat Sie zu «Quick» inspiriert?

Früher gab es in Bern eine gleichnamige Bar, die eine Stunde länger offen hatte als all die anderen. Das war der Laden, wo man hin musste, wenn man «dabei» sein wollte. Als Junger habe ich immer gestaunt ob der schönen, coolen Frauen und wichtig dreinschauenden Typen. Im Song stelle ich mir nun vor, dass ich einem von denen nach 20 Jahren wieder begegne und dabei an all die grossen Töne denke, die er damals gespuckt hat, wie er die Welt verbessern wollte, und was davon übrig geblieben ist.

Was bedeutet Ihnen der Fussball, der in zwei Liedern namentlich vorkommt?

Für mich hat er etwas Romantisches. Ich habe im Club gespielt, bis ich 18 war. Seither bin ich nur noch Fan und Konsument. Mannschaftssportarten haben mich schon immer mehr interessiert als Einzelsportarten. Unsere Band funktioniert auch irgendwie so. Ich bin gut aufgehoben, wenn ich mit anderen Menschen zusammenarbeiten kann.

Wie haben Sie Ihre neuen Bandmitglieder gefunden?

Nach der letzten Tournee, die wir nach dem Gleitschirmunfall von Jüre Schmidhauser mit einem Gastmusiker bestreiten mussten, war vorerst noch nicht klar, wie es weitergehen sollte. Und von Tom Etter, unserem ehemaligen Gitarristen, haben wir uns nach 15 gemeinsamen Jahren in gutem, gegenseitigem Einvernehmen getrennt. Mit Bassist Wolfi Zwiauer und unserem alten Kumpel Mänu Haefliger, der als Grafiker zwei Plattenhüllen für uns mitgestaltet hatte und mit dem ich bei den Sugarbabies AC/DC und Hendrix gecovert hatte, holten wir darauf zwei sehr coole Typen an Bord, bei denen wir wussten, dass sie zu uns passen.

Stimmt der Eindruck, dass die Songs wieder mehr längere Instrumentalpassagen haben?

Ja, wir klingen wieder rockiger. Es hat mehr Gitarrensoli drauf, und wir haben der Musik etwas mehr Raum gelassen. Das war nicht geplant, sondern ist jetzt halt, wie die neue Band so tönt.

Bald treten Sie am Mundartfestival auf. Welche Gefühle und Erinnerungen verbinden Sie mit Arosa und dem Bündner Dialekt?

Während meiner Kindheit habe ich die Herbstferien jeweils im Bündnerland verbracht – und ich freue mich sehr auf unser Konzert in Arosa.

Züri West live: Freitag, 13. Oktober, 21 Uhr, Altes Kino, Mels, und Samstag, 14. Oktober, 21 Uhr, Sport- und Kongresszentrum, Arosa.

 

Arosa und Lenzerheide stehen drei Tage lang im Zeichen der Mundartkultur

Das erste Mundartfestival in Arosa und Lenzerheide soll der Mundartkultur in all ihren Facetten eine Plattform geben. Schweizer Künstler aus verschiedensten Genres treten laut Mitteilung in den beiden Dörfern auf. Der Anlass startet am Donnerstag, 12. Oktober, mit einem Podiumsgespräch in Chur, an dem Markus Gasser, Dialektexperte von Radio SRF, die Kolumnistin Leonie Barandun-Alig,
der Rapper Gimma und der Sportreporter und Moderator Bernard Turnheer teilnehmen. Das Gespräch moderiert der Autor und Kabarettist Bänz Friedli, künstlerischer Leiter des Mundartfestivals.
Vom Freitag, 13. Oktober, bis Sonntag, 15. Oktober, sind unter anderen Walter Lietha, Gülsha Adilji, Renato Kaiser, Andreas Neeser, Trummer & Nadja Stoller zu hören. Mit Christian Schmid und Pedro Lenz präsentieren gleich zwei Autoren ihre neuen Bücher, und Liricas Analas, die Rapper aus der Surselva, unterbrechen eigens ihre Auftrittspause und spielen ihre beiden einzigen Konzerte des Jahres. Alle Teilnehmenden treten jeweils an einem Tag in Arosa und am anderen Tag in Lenzerheide auf.
Als Highlight des Festivalwochenendes wird der Auftritt der Berner Mundartrocker Züri West im Kongresssaal in Arosa angekündigt. Züri West schnellten diesen Frühling mit ihrem neuen Album «Love» an die Spitze der Hitparade und touren aktuell durch die Schweiz – die erste Show in Graubünden wird am Mundartfestival in Arosa stattfinden. Das detaillierte Programm des Mundartfestivals findet sich im Internet unter www.mundartfestival.ch. Reservation im Internet unter ticketcorner.ch. (so)

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