100 Jahre Kirchner in Davos
Das Kirchner Museum in Davos zeigt eine brillant inszenierte Ausstellung zum alpinen Theaterschaffen des Malers. Man wird zurückversetzt in ein Frauenkirchner Wirtshaus der Zwanzigerjahre. Wir verlosen dabei Tickets für das Theaterstück «Die Tochter vom Arvenhof».
Das Kirchner Museum in Davos zeigt eine brillant inszenierte Ausstellung zum alpinen Theaterschaffen des Malers. Man wird zurückversetzt in ein Frauenkirchner Wirtshaus der Zwanzigerjahre. Wir verlosen dabei Tickets für das Theaterstück «Die Tochter vom Arvenhof».
Eine stringente museale und kuratorische Situation, die eine ebenso konsequent gedachte Architektur bespielt – so kennen wir das Kirchner Museum unter der Leitung von Thorsten Sadowsky. Dieser vermag das Publikum einmal mehr zu überraschen: Kaum hat man den preisgekrönten Bau betreten, findet man sich linker Hand in der Szenerie einer hiesigen Dorfschenke aus Kirchners Zeiten wieder. Geweihe und Familienfotos hängen an den getäferten Wänden, Krüge und karierte Tischtücher machen die Illusion perfekt.
Glanzstück
Ein Saal des Museums hat sich in die Schankstube des «Arvenhofs» von 1860 aus dem von Paul Apenzeller verfassten Theaterstück verwandelt, das im Museum während des Sommers in sieben Aufführungen vors Publikum gebracht wird. Das sieht nach einem mutigen und innovativen kuratorischen Kniff aus, ist aber mehr. Der findige Direktor liefert damit ein äusserst klug und feinfühlig inszeniertes Glanzstück im Umgang mit einem der breiteren Öffentlichkeit kaum bekannten Aspekt im Schaffen des deutschen Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner.
Wenn auch Kirchner selbst minder motiviert klang, als er meinte: «Jetzt soll ich wieder am Theater malen», so scheint ihm seine Funktion als Kulissenmaler des Laientheaters des gemischten Chors in Frauenkirch doch Freude gemacht zu haben. Denn Kirchner, der 1917 in schlechter physischer und psychischer Verfassung zum ersten Mal Davoser Boden betrat, hat zwischen 1920 und 1937 an insgesamt sieben Produktionen des hiesigen Theaters mitgearbeitet.
Versetzen einen bereits die Wirtshauskulisse und die Kirchners Originalen nachempfundenen Bühnenbilder mitten in die Zwanzigerjahre, so gelingt dies um so mehr in der eigentlichen Ausstellung. Akribisch aus zumeist privaten Sammlungen zusammengetragen, sind im angrenzenden Saal insgesamt elf Bühnenbilder aus Kirchners Hand zu sehen.
Als Auftragsarbeiten verfertigt, finden sich in nahezu allen geschickt als Interieur und Exterieur angelegten Kulissen die unverkennbare Farbigkeit und der typische malerische Duktus des 1938 in Davos verstorbenen Malers. Erstmals lässt sich dabei die für das ausgezeichnete Lichtkonzept mitverantwortliche Kassettendecke des Museumsbaus teilweise geöffnet erleben. Kirchners Kulissen sind in Analogie zur Theater-Realität an Seilzügen aus der Decke gehängt. Die Aufbruchsstimmung der damaligen Zeit vermitteln auch sorgsam arrangierte Zeitungsausschnitte mit Theaterkritiken.
Eine weitere Trouvaille ist der Bühnenvorhang, den Kirchner eigens für einen Tanzabend mit der Tänzerin Nina Hard in der Heilstätte Clavadel geschaffen hatte. Umso interessanter ist dieser Aspekt, als die junge Tänzerin ein für die damalige Zeit offenbar sehr ausgeprägtes Nacktheitsbedürfnis hatte. Der moderne Ausdruckstanz und die städtische Lebensweise traf damit auf die ländliche Tradition. Kirchner war Teil von beidem.
Kirchners Werk im Dialog
Eröffnet die Ausstellung über Kirchners Theaterschaffen den Vorhang für eine ungeahnte Facette des Malers, findet sich in einem weiteren Saal die hervorragend angelegte Präsentation mit Auszügen aus der Sammlung Ketterer. Kirchners Werk wird hier in einen spannungsvollen Dialog zu anderen Vertretern der Künstlervereinigung «Brücke», unter anderem Erich Heckel und Karl Schmidt-Rotluff sowie dem der «Brücke» nicht zugehörigen Zeitgenossen Max Beckmann.
Was Kirchner selbst anbelangt, lässt sich seine künstlerische Entwicklung – ausgehend von fauvistischer Enge bis hin zu zunehmend flächig aufgefächerter Analyse von Bewegung und Dynamik – in der Präsentation gut nachvollziehen. Auch hier finden sich relevante Werke, die bis anhin kaum in dieser Geschlossenheit gezeigt wurden. In jedem Fall ist es Thorsten Sadowsky und seinem Team hervorragend gelungen, das doppelte Jubiläum «100 Jahre Kirchner in Davos» und das 25-jährige Bestehen des Museums mit einer spannungsvollen Präsentation gebührend zu feiern.
Wettbewerb
Wer sich nun selbst vom Theaterstück überzeugen möchte, der hat nun die Chance 2x2 Tickets zu gewinnen. Dafür braucht es nur ein Mail an wettbewerb@suedostschweiz.ch und dem Stichwort «Kirchner». Teilnahmeschluss: Dienstag, 30. Mai, 23.59 Uhr.
Aufführungen «Die Tochter vom Arvenhof»: Sonnntag, 28. Mai, 13 Uhr und 20 Uhr; Dienstag, 30.Mai, 20 Uhr; Mittwoch, 31. Mai, 20 Uhr; Freitag, 2.Juni, 20 Uhr; Samstag, 12. August, 15 Uhr; Sonntag, 13. August, 20 Uhr
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Danke vielmals für den…
Danke vielmals für den wunderschönen Artikel samt Einladung ins Kirchner Museum zum toll inszenierten und gespielten Theaterstück in Verbindung mit Kirchner-Bühnenbildern. Die im Stück sehr gut zur Geltung kommenden Bühnenbilder sind übrigens nicht "nachempfunden", sondern grösstenteils Nachdrucke von Kirchner-Originalen, die als Leihgaben der Familie Bollag aus Zürich im Kirchner Museum eindrücklich gruppiert zu besichtigen sind.