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Erstmalige Sichtung: Mönchsgeier verirrt sich ins Glarnerland – weshalb ist unklar

In Hätzingen ist ein Vogel gesichtet worden, der überhaupt nicht hier sein dürfte: Mönchsgeier sind am Mittelmeer oder in Asien heimisch. Im Kanton Glarus ist es die erste Mönchsgeier-Beobachtung.

Südostschweiz
02.06.23 - 04:30 Uhr
Klima & Natur
Was machst du denn hier? An der Grenze von Diesbach zu Hätzingen hat ein Mönchsgeier einen Stopp eingelegt, ein solches Tier wurde zuvor noch nie im Glarnerland gesehen. Was die Vogelkundler entzückt, verwirrt die einheimischen Vögel wohl eher.
Was machst du denn hier? An der Grenze von Diesbach zu Hätzingen hat ein Mönchsgeier einen Stopp eingelegt, ein solches Tier wurde zuvor noch nie im Glarnerland gesehen. Was die Vogelkundler entzückt, verwirrt die einheimischen Vögel wohl eher.
Bild Sarah Meier

von Roland Meier*

Am Sonntag gegen 9.30 Uhr spazierten meine Tochter und ich via Winterweg von Diesbach nach Hätzingen. Kurz nach der Brücke, die über den Grenzbach der Rufirunse führt, erspähten wir circa 300 Meter hangaufwärts einen vermeintlichen Baumstrunk auf einer uralten Mauer.

Meine Tochter griff sofort zum Feldstecher und meinte, dass der Baumstrunk sehr vital seinen Kopf hin und her bewege. Beim genaueren Hinsehen, ebenfalls mit dem Feldstecher, erkannte ich zu meinem grossen Erstaunen, dass es sich um einen Mönchsgeier handelte.

Nur selten nördlich der Alpen

In ganz seltenen Fällen haben sich Mönchsgeier auch schon mal über die Alpen bis nach Mitteleuropa verirrt. Im Kanton Glarus ist diese Beobachtung, laut Nachweiskarte der Vogelwarte Sempach, erstmalig.

Warum sich der Mönchsgeier im Talgrund zeigte, kann abschliessend nicht beurteilt werden. Vielleicht wurde er durch Kadaver von Wolfsrissen angelockt oder er wollte einfach zur 100-Jahr-Feier des Birdlife Glarnerland seine Aufwartung machen.

Mönchsgeier gehören zu den Altweltgeiern

Mönchsgeier gehören zu den sogenannten Altweltgeiern und haben das typische Aussehen der Geier. Seinen Namen verdankt das Tier seiner dunklen Federkrause am sonst nackten Hals, die an den Kragen einer Mönchskutte erinnern soll. Sie haben ein dichtes Untergefieder, dieses schützt sie vor Nässe und eisiger Kälte. Das Gefieder über den Daunen ist unifarbig dunkelbraun und wirkt schon fast schwarz.

Der Schwanz ist wie beim Bartgeier keilförmig und der Schnabel sehr gross und klobig. Mönchsgeier werden 100 bis 110 Zentimeter gross, haben eine Flügelspannweite zwischen 250 und 300 Zentimetern und sind zwischen acht und 14 Kilogramm schwer.

Imposanter Vogel: Mönchsgeier können über einen Meter gross werden, eine Flügelspannweite von drei Metern haben und bis zu 14 Kilogramm schwer werden.
Imposanter Vogel: Mönchsgeier können über einen Meter gross werden, eine Flügelspannweite von drei Metern haben und bis zu 14 Kilogramm schwer werden.
Bild Sarah Meier

Tiere bevorzugen bewaldete Regionen

Die Mönchsgeier sind die grössten Altweltgeier. Männchen und Weibchen sehen gleich aus und es sind sehr seltene Vögel. Sie sind in den Mittelmeerländern sowie in West- und Innerasien heimisch. Mönchsgeier leben vor allem in hoch gelegenen Steppen und Halbwüsten. Weil sie ihre Nester auf Bäumen bauen, suchen sie bevorzugt bewaldete Regionen auf.

Mönchsgeier kommen aber auch hoch oben im Gebirge vor, so zum Beispiel in Tibet bis auf 4500 Metern Höhe. Wie alt Mönchsgeier werden können, ist nicht genau bekannt. Vermutlich können sie aber mehrere Jahrzehnte alt werden. Die nah verwandten Gänsegeier sollen angeblich ein Alter von bis zu 100 Jahren erreichen.

*Roland Meier aus Diesbach ist Präsident des Glarner Natur- und Vogelschutzvereins (GNV).

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Diese Sichtung eines Mönchsgeiers erfreut mich ungemein! Ich nehme an, dass er wegen der Dürre im Mittelmeerraum, ja, der Wüstenbildung in mehrern Ländern, hier ist. Wenn es 10 Jahre lang nicht erwähnenswert geregnet hat, bedeutet das, dass die Erde dort zur Wüste wird...Spanien, Frankreich, Italien, Deutschland, Nord-Afrika e.c.t. Begrüssen wir sie doch freudig, diese Zuwanderer, inklusive Wolf. Denn nur so können sich unsere Wälder erholen und gesunden, ja sich dem Klimawandel anpassen... Eine Tier-und Naturfreundin

Ich weiss, es ist ein bisschen verpönt, wenn man sich über die Auswirkungen des Klimawandels auch freut, aber es macht mich unglaublich glücklich, dass sich plötzlich Tiere bei uns ausbreiten, die wir vorher nur aus Dokumentarfilmen kannten. Im ersten Winter vor ein paar Jahren, an dem ich plötzlich eine grosse Schar Wildgänse an einem kleinen See hier im Kanton Zürich erblickte, um den ich schon als Kind mit meinen Eltern spaziert bin, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Dass solch grosse schöne Tiere in grosser Zahl friedlich neben unseren einheimischen Schwänen gründelten, hat mein Herz zum Springen gebracht. Und als vor ein paar Monaten bei einer nächtlichen Autofahrt durch den Wald direkt bei Zürich plötzlich ein grauschwarzer Wolf vor mir auf der Strasse stand und aufgeschreckt in meine Scheinwerfer starrte, wurde mir wieder bewusst, dass wir diesen Planeten mit so vielen anderen Arten teilen. Auch sie haben ein Recht darauf, hier zu sein. Wir Menschen halten uns für so wichtig, dass wir uns erlauben zu entscheiden, welches Tier sich in unserer Nähe aufhalten darf und welches nicht. Nutztiere sind erlaubt. Die anderen sollen anderswo bleiben. Das ist falsch. Denn wir sind überall.
Ein bisschen Dankbarkeit, Demut, Rücksicht und Leben im Einklang mit dieser wundervollen Natur stünde uns gut an! Denn so viel toller als andere Arten sind wir nicht, dass wir uns soviel herausnehmen und anmassen.

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