Frau Holle nimmt sich meist frei: Wo weisse Weihnachten noch möglich sind
Schnee an Weihnachten ist keine Selbstverständlichkeit und sorgt nicht nur für erfreute Gesichter. Wie ein Klimatologe, die RhB und die Schneeräumung der Stadt Chur auf die weisse Bescherung blicken.
Schnee an Weihnachten ist keine Selbstverständlichkeit und sorgt nicht nur für erfreute Gesichter. Wie ein Klimatologe, die RhB und die Schneeräumung der Stadt Chur auf die weisse Bescherung blicken.
Von Andri Dürst
Der Samichlaus stapft mit seinem Geschenksack durch den Schnee, hinter ihm der Schmutzli mit einem Eselchen, das angesichts des vielen Weiss fast ein wenig friert. So stellt man sich die Weihnachtszeit oftmals vor. Doch Wetterfachleute haben diesbezüglich für alle, die im Unterland wohnen, praktisch jedes Jahr schlechte Nachrichten. «Samichlaustag wie zumeist im Flachland schneelos», hiess es auch dieses Jahr in einer Mitteilung des Wetterdiensts Meteo News. Immerhin: In Chur gab es seit 2001 neun Jahre, an denen am 6. Dezember Schnee lag. Das letzte Mal 2023, als man 18 Zentimeter Schnee verzeichnen konnte.
Mehr grün als weiss
Doch nicht nur der Samichlaustag, auch die Weihnachtsfeiertage sind im Flachland meist grün statt weiss. Statistiken dazu liefert das Bundesamt für Meteorologie (Meteo Schweiz) in einem Internetblog. Dort heisst es: «Im Gegensatz zur romantischen Vorstellung von weihnächtlichem Schnee sind im Schweizerischen Mittelland grüne Weihnachten häufiger als weisse. So lag in der Messperiode ab 1931 im zentralen und östlichen Mittelland der Schweiz in 60 Prozent der Jahre kein Schnee an den Weihnachtstagen.» Doch was braucht es, damit Frau Holle an Weihnachten auf ein paar freie Tage verzichtet und ihre Kissen über Teile unserer Region ausschüttet? «Ob es auf die Weihnachtszeit hin in tieferen Lagen eine Schneedecke gibt, hängt jeweils von der kurz vor der Weihnachtszeit sich entwickelnden Wetterlage ab. Benötigt wird dazu feuchte Kaltluft, welche in der Regel aus Norden oder Nordwesten zur Schweiz fliesst», erklärt Stephan Bader gegenüber der «Büwo». Er arbeitet bei der Abteilung Klima von Meteo Schweiz. Weiter führt er aus: «Von Jahr zu Jahr ist es natürlich sehr zufällig, ob sich diese Strömung genau auf die Weihnachtszeit hin einstellt.»
Optimales Datum und optimale Höhe
Die Zeit Ende Dezember scheint also nicht gerade optimal zu sein für Schneefall. So stellen wir uns vor, wir könnten das Datum von Weihnachten beliebig verschieben. Wann müsste das Fest dann stattfinden, damit die Wahrscheinlichkeit eines Schneesegens möglichst gross ist? Stephan Bader bilanziert aus der Statistik: «In Chur gibt es im langjährigen Durchschnitt im Dezember 7 bis 8 Tage mit einer Schneedecke über einem Zentimeter. Im Januar sind es im langjährigen Durchschnitt 14 bis 15 Tage und im Februar etwa 11 Tage. Die Wahrscheinlichkeit für eine weisse Dreitagesperiode ist also im Januar am grössten.»
Er fügt an, dass in Höhenlagen mit einer permanenten Winterschneedecke die Wahl der Weihnachtstage eigentlich fast keine Rolle spiele. Doch ab welcher Höhe darf man sich bezüglich weisser Weihnachten in Sicherheit wiegen? Der Klimatologe meint dazu: «Die Höhenlage für fast sichere weisse Weihnachten dürfte zwischen 1500 Metern und 1600 Metern liegen. Davos auf 1600 Metern Höhe erlebt den Traum von wirklich weissen Weihnachten eigentlich jedes Jahr. Einzige Ausnahme seit Messbeginn 1931 war der extrem schneearme Dezember 2016. Am Morgen des 24. Dezember 2016 lag am Messstandort Davos kein Schnee. Ganz bescheidenes weihnachtliches Weiss gab es am 25. Dezember mit drei Zentimetern und am 26. mit einem Zentimeter Schnee.» Ganz gefeit vor schneearmen Weihnachten ist man also auch im Landwassertal nicht. So hätten 2014 und 2015 nur sehr wenige Zentimeter Schnee gelegen. Doch auch schon in früheren Zeiten kamen solche spärlichen Schneedecken vor: «Weiter zurück liegt das Jahr 1961 mit durchschnittlich nur fünf Zentimetern Schnee über die drei Weihnachtstage. Orte, die etwas tiefer liegen als Davos, verbrachten in jenen Jahren vermutlich grüne Weihnachten.»
Schnee wirft RhB und Stadt Chur nicht aus der Bahn
Schnee an Weihnachten sorgt bei vielen für Glücksgefühle. Doch er kann zuweilen auch ein Hindernis werden. Nämlich, wenn er auf Verkehrswegen liegt und Fahrzeuge nicht mehr durchkommen. Die «Büwo» hat deshalb bei der Rhätischen Bahn und bei der Stadt Chur nachgefragt, wie sie zu weissen Weihnachten stehen. «Hoffentlich gibt es weisse Weihnachten!», meint Reto Gruber, Dienststellenleiter Grün und Werkbetrieb. Aus seiner Sicht sei das etwas sehr Schönes. «Aber ja, für unser Team stellen sich gewisse Herausforderungen.» Immerhin müsse der Winterdienst rund 120 Kilometer Strassen und etwa 100 Kilometer Trottoir unterhalten, in Spitzenzeiten stünden dabei 23 Fahrzeuge im Einsatz. Wie das Ganze aber vonstattengeht, das sei im Winterdienstkonzept vorgesehen. «Und dieses wenden wir immer an – ob Weihnachten ist oder nicht», sagt Reto Gruber. Ähnlich sieht es bei der RhB aus, wie Mediensprecherin Yvonne Dünser erklärt: «Schnee an Weihnachten ist grundsätzlich nicht anders als Schnee Anfang Dezember oder Mitte Januar. Bei einer Gebirgsbahn wie der RhB gehört es dazu, dass man das Wetter im Auge behält, und unsere dafür zuständigen Bahndienste organisieren sich entsprechend.» Bei prognostizierten starken Niederschlägen würde dann noch mehr darauf geachtet, dass Strecken gut gewartet, Durchlässe frei und Flächen geräumt seien, damit das Wasser abfliessen oder der geräumte Schnee deponiert werden könne. «Und innerhalb der ordentlichen Pikettorganisationen wird das Personal entsprechend verstärkt. Das geschieht unabhängig von Feiertagen», so die RhB-Mediensprecherin.
Balance bei der Arbeitsplanung
Auch bei der Stadt Chur arbeite man mit einem Bereitschaftsplan. «Dort wird festgehalten, wer von unserem Team, wann ausrücken muss; dasselbe System gilt für unsere Partnerunternehmen, die bei der Schneeräumung mitwirken», so der Dienststellenleiter Grün und Werkbetrieb. Die meisten Angestellten würden aber an den Feiertagen wohl lieber unter dem Christbaum sitzen, statt den Schneemassen zu Leibe rücken zu müssen? «Weihnachten ist für viele ein Familienfest, andere jedoch arbeiten gerne an Feiertagen und haben lieber dann frei, wenn zum Beispiel auf den Skipisten und Loipen oder in den Läden weniger los ist. Meist hält es sich in der Planung die Balance und es kann auf die Wünsche Rücksicht genommen werden», meint Yvonne Dünser dazu. Auch bei Reto Gruber klappt die Personalplanung. «Das mit dem Bereitschaftsdienst funktioniert. Wer auf Pikett ist, wird übrigens auch entsprechend entschädigt.» Die Überzeit der geleisteten Einsätze würden nach betrieblichen Möglichkeiten an Wunschdaten des Mitarbeitenden kompensiert, so Reto Gruber.
Schnee: Ja, aber …
Sind weisse Weihnachten nun Fluch oder Segen für die befragten Betriebe? «Eigentlich sind sie ein Segen, aber wenn es sehr viel Schnee gibt und wir nicht mehr wissen, wohin damit, dann wird es zum Fluch», so der Dienststellenleiter Grün und Werkbetrieb. Praktisch gleich sieht es bei der RhB aus: «Weisse Weihnachten sind doch einfach wunderbar, und viele Menschen wünschen sich diese.» Yvonne Dünser fügt scherzhaft an, dass die Bündner Landschaft im weissen Kleid noch schöner sei als sonst. Für den Tourismuskanton Graubünden sei der Schnee sicher mehr Segen als Fluch, solange es nicht grad tagelang und grossflächig intensiv schneie, sodass wichtige Verkehrswege unterbrochen seien. «Das fordert dann alle mehr, weil wir an vielen Orten gleichzeitig die Räumung und Freihaltung unserer Strecken gewährleisten müssen.»
Beim Eisenbahnunternehmen bekommt man den Schneefall aber auch noch an einem anderen Ort zu spüren, nämlich am Autoverlad Vereina. «Dort ist man auf die strengeren Tage vorbereitet, ob mit oder ohne Schnee. Aus langjähriger Erfahrung kennen wir die Spitzentage, wie etwa die Samstage um Weihnachten und um den Jahreswechsel, welche starke Anreise- und Abreisetage im Kanton sind», führt die Mediensprecherin aus. Im Internet sei ein Staubarometer aufgeschaltet, auf dem auf die erfahrungsgemäss frequenzstarken Tage und Wochenenden und zu erwartenden Stauzeiten hingewiesen werde. «Das kann helfen bei der Planung. Die absoluten Spitzentage beim Autoverlad Vereina sind jedoch erfahrungsgemäss im Februar, wenn Skiferien anstehen.»
Bekanntlich erfreuen sich die Winterferiengäste in unserem Kanton auch in den anderen Wintermonaten auch noch am prächtigen Weiss. Frau Holle ist also auch dann noch gefragt. Und dass sie an Weihnachten oftmals freinimmt, kann man ihr so gesehen gar nicht verübeln.
Mehr zum Thema unter www.meteoschweiz.admin.ch/wetter/wetter-und-klima-von-a-bis-z/weisse-weihnachten.html
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