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Polo Hofer hats gesungen, die Glarner erfunden? Das ist die Geschichte des Klassikers «Stets i Truurä»

Jedes Glarner Schulkind lernt: «Stets i Truurä», das melancholische Liebeslied hat seinen Siegeszug aus dem Glarnerland angetreten. Ein Glarner Historiker hat jetzt Zweifel, ob das stimmt.

Südostschweiz
29.12.24 - 13:15 Uhr
Glarus
Legendärer als das Lied: Polo Hofer war einer der bekanntesten Schweizer Musiker. Hier bei seinem Auftritt am Gurten-Festival 2015.
Legendärer als das Lied: Polo Hofer war einer der bekanntesten Schweizer Musiker. Hier bei seinem Auftritt am Gurten-Festival 2015.
Bild Keystone
von Julia Rhyner-Leisinger*

«Stets i Truurä muäs i lebä» – ein Glarner Lied, das berührt und verbindet. Spätestens seit Polo Hofer ist das Liebeslied in der ganzen Schweiz bekannt. Doch was steckt hinter diesem melancholischen Klassiker? Hat es seinen Ursprung tatsächlich im Glarnerland? Diese Frage wirft Rolf Kamm im Jahrbuch des Historischen Vereins des Kantons Glarus (HVG) zum Thema «Glarner Lieder und Komponisten» auf.

Das Lied wurde 1978 durch die Band Rumpelstilz und Polo Hofer einem breiten Publikum bekannt. Es war Teil der wachsenden Mundartrock-Bewegung, die die schweizerische Musiklandschaft revolutionierte. Spätere Interpretationen durch die Glarner Band Rämlers und die Dudelsackgruppe «Glaronia Pipes and Drums» unterstreichen die Vielseitigkeit des Liedes. Ob als Volkslied, Mundartballade oder Instrumentalstück – das Lied fasziniert Generationen.

War es ein deutscher Pfarrer?

Die Spuren von «Stets i Truurä» führen tief in die Vergangenheit. Der Historiker und Musiker Rolf Kamm hat das Lied in verschiedenen historischen Quellen untersucht. Seine Recherchen ergaben, dass es bereits im 19. Jahrhundert im Sernftal des Kantons Glarus gesungen wurde.

Doch die sprachlichen Eigenheiten deuten auf eine Herkunft ausserhalb des Glarnerlands hin. Kamm hat herausgefunden, dass ähnliche Melodien und Textelemente in anderen deutschsprachigen Regionen vorkommen. Vom Rhein bis nach Hessen und sogar ins Schlesische lassen sich Parallelen zu Liedern ziehen, die das Thema Liebe und Verlust behandeln.

Hat ein deutscher Pfarrer das Lied ins Tal gebracht? Ob das Lied lediglich von den Glarnern übernommen oder tatsächlich aus dem Glarnerland stammt, kann im aktuellen Jahrbuch des Historischen Vereins Glarus nachgelesen werden. Interessierte Leser erfahren dort die Geschichte und Entwicklung dieses einzigartigen Liedes. «Stets i Truurä» ist mehr als ein Lied – es ist ein Zeugnis der kulturellen und musikalischen Vielfalt, das die Grenzen von Zeit und Raum überschreitet.

Weitere Aspekte der Glarner Musikgeschichte

Das aktuelle Jahrbuch beleuchtet zudem weitere Aspekte der Glarner Musikgeschichte. Die Historikerin Susanne Peter-Kubli widmet sich beispielsweise dem begabten Pianisten Fritz Blumer (1859–1934) sowie Eugen Dieffenbacher (1840–1892), Musikdirektor, Lehrer und Leiter der Harmoniemusik.

Die Alpen als Ursprung der Schweizer Pionierleistungen

Der nächste Anlass des historischen Vereins Glarus: Die Vortragsreihe des Vereins für wirtschaftshistorische Studien macht anlässlich des 75-jährigen Vereinsjubiläums halt im Glarnerland. Einen Themenüberblick mit schweizweiten Bezugspunkten liefert der Geschäftsführer des Vereins, Clemens Fässler. Ergänzt wird sein Referat mit Glarner Beiträgen zu Tourismus und Wasserkraft. Anschliessend offeriert der Verein für wirtschaftshistorische Studien einen Apéro. Dienstag, 4. März 2025, 19.30 Uhr, Hänggiturm Glarner Wirtschaftsarchiv, Schwanden

*Julia Rhyner-Leisinger ist Historikerin aus Ennenda und im Vorstand des Historischen Vereins des Kantons Glarus.

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