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Die jungen wilden Glarner jassen um einen ziemlich unförmigen Holztotz - das ist ihre Geschichte

In Glarus Nord gibt es den zweiten Glarner Jassverein. Er verteilt einen Totz als Siegerpokal und hat Regeln, die verhindern sollen, dass der Beste gewinnt. Wir haben mit dem Präsidenten gesprochen.

Sebastian
Dürst
01.03.25 - 04:30 Uhr
Glarus

Herr Scherrer, können Sie erzählen, wie der Jassclub Linth Undäufä entstanden ist?

Die Ursprünge liegen in der Corona-Zeit: Wir haben uns in einem Zeitfenster, wo das erlaubt war, mit Freunden zum Jassen getroffen. Wir haben zwei Tische gefüllt und darum spontan ein kleines Turnier daraus gemacht. Und dann noch an diesem Abend beschlossen, dass wir das wiederholen wollen.

Und warum wurde aus dem Treffen mit Freunden ein Verein?

Es sind einfach immer mehr Leute gekommen! Es war ein organisches Wachstum, der eine hat den anderen mitgenommen, bis wir so gross waren, dass wir uns entschlossen haben, einen Verein zu gründen.

Jassen gilt vielerorts als altbacken. Wie schaffen Sie es trotzdem, so viele junge Leute anzuziehen?

Es ist das Ziel unseres Vereins, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich auch Anfänger wohlfühlen. Sie dürfen nicht nur mitmachen, sondern sind explizit eingeladen. Wir hatten schon Teilnehmer, die am Tag des Jassens zum ersten Mal gespielt haben!

Das tönt nach einem lockeren Anlass. Ist das denn überhaupt noch ein Wettkampf?

Wer auf möglichst hohem Niveau jassen will, ist bei uns sicher am falschen Ort (lacht). Darum geht es bei uns wirklich nicht. Darum haben wir auch Regeln, die den Glücksfaktor höher gewichten. Wir jassen mit doppelt und dreifachen Punktzahlen und mit Weisen. So können wir das Gefälle zwischen den Besten und den Anfängern ziemlich stauchen.

Also soll bei Ihnen gar nicht der oder die Beste gewinnen?

Genau (lacht). Also, es ist schon so: In der Tendenz gewinnt dann trotzdem ein guter oder mindestens erfahrener Spieler. Aber die Gräben zwischen den Gruppen sind weniger gross. Und mit dem Glücksfaktor gibt es immer wieder Überraschungen, die es spannend machen.

Wie sind denn Sie persönlich zum Jassen gekommen?

Ganz klassisch über die Familie. Es ist ein wirklich cooles Spiel und ich bin immer wieder fasziniert davon, wie viel man aus diesen 36 Karten machen kann. Vor allem beim Schieber ist es eine perfekte Balance zwischen Können und Glück.

Der Sieger bekommt bei Ihren Turnieren einen eher unförmigen Totz. Können Sie uns etwas zur Geschichte dieses ungewöhnlichen Pokals erzählen?

Der Totz ist ein Überbleibsel aus der Anfangszeit unseres Vereins. Wie genau die Idee dazu enstanden ist, kann ich ehrlicherweise gar nicht mehr sagen. Hergestellt hat ihn auf jeden Fall der Vater eines Freundes, der handwerklich begabt ist. Und ich finde ihn wirklich cool!

Der Totz hat auch etwas damit zu tun, dass ihr als Jassturnier auf Justizskandale aufmerksam machen wollt. Ist das immer noch so?

Sagen wir es so: Es soll künftig nicht mehr so im Vordergrund stehen. Uns geht es wirklich hauptsächlich darum, die junge Generation zum Jassen zu bringen. Die Verbindung zum «Politischen» mit dem Agatha-Stüssi-Cup soll mittelfristig verschwinden.

Aber der Totz bleibt, oder?

Natürlich! Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Jasszeitung der Glarner Jassmeisterschaft. Mehr Informationen zur Glarner Jassmeisterschaft findet ihr hier: www.jctoedi.ch/

So tickt der Undäufä-Präsident

Hannes Scherrer ist Präsident und Gründungsmitglied des Vereins Linth Undäufä. Er

ist 25 Jahre alt, kommt aus Niederurnen und arbeitet als wissenschaftlicher Assistent.

Das ist der Verein

 Der Verein Linth Undäufä veranstaltet zwei Jassturniere pro Jahr, eines im Spätsommer/Herbst und eines im Frühling. Das nächste Turnier findet schon am 1. März im Jakobsblick in Niederurnen statt. Der Verein kommuniziert hauptsächlich über sein Instagram-Profil.

Sebastian Dürst ist Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er ist in Glarus geboren und aufgewachsen. Nach Lehr- und Wanderjahren mit Stationen in Fribourg, Adelboden und Basel arbeitet er seit 2015 wieder in der Heimat. Er hat Religionswissenschaft und Geschichte studiert. Mehr Infos

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