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«In Trondheim sagten zwei Frauen, ich müsse besser auf die Katze schauen», sagt der Oberurner Pascal Müller

Der Nordisch Kombinierer Pascal Müller blickt auf eine emotionale Saison zurück. Ein Hoch im Sommer, dann die Verletzung, WM-Teilnahme und am Schluss das Bestresultat. Und die Geschichte mit dem Büsi.

Südostschweiz
29.03.25 - 14:00 Uhr
Glarus
Turbulente Saison: Pascal Müller hat in dieser Saison Höhenflüge, aber auch Tiefpunkte erlebt.
Turbulente Saison: Pascal Müller hat in dieser Saison Höhenflüge, aber auch Tiefpunkte erlebt.
Bilder Nocogirls und Köbi Hefti
von Köbi Hefti

Pascal Müller, wie beschreiben Sie Ihre Saison in einem Satz?

Extreme Saison, die alles beinhaltete, mit Hochs und einem grossen Wellental.

Welche Schulnote geben Sie sich?

Der Sommer Grand Prix war sehr gut und kam unerwartet, dafür gebe ich mir die Höchstnote. Für das Comeback nach der Knieoperation gebe ich mir eine 5.

Nur eine 5, Ihr Comeback war doch beeindruckend?

Das stimmt, eine 5,5 geht auch. Die Rückkehr war nicht einfach, obwohl es von aussen vielleicht so aussah.

Welches waren die grössten Hühnerhautmomente der Saison?

Als ich beim Sommer Grand Prix in Oberstdorf nach dem Traumsprung auf den dritten Platz durch das Exit-Gate lief und die vielen glücklichen Gesichter meiner Familie sah, berührte mich das tief, und meine Emotionen übermannten mich. Im Winter war es einerseits der Sprung beim zweiten Wettkampf bei meinem Comeback in Otepää, welcher vielleicht der beste Sprung meiner bisherigen Karriere war. Anderseits ist auch die WM mit den riesigen Zuschauermengen, der Stimmung und meinen beiden soliden Wettkämpfen unvergesslich.

Gab es neben der Knieverletzung einen weiteren bitteren Moment?

Ja, der letzte Wettkampfsprung beim Final in Lahti. Diesen würde ich gerne wiederholen, denn es wäre etwas drin gelegen, wie der siebte Rang beim Probesprung zeigte. Doch im Wettkampf war ich zu früh auf dem Tisch und der Wind ungünstig. So fehlte der Hubeffekt und ich landete 30 Ränge weiter hinten als beim Probesprung.

Die Batterien sind leer: Pascal Müller blickt auf eine strenge Saison zurück, körperlich und mental.
Die Batterien sind leer: Pascal Müller blickt auf eine strenge Saison zurück, körperlich und mental.
Bild Nocogirls

Sie haben in diesem Jahr das Interesse der Medien geweckt. Die beiden grössten Zeitungen des Landes und das SRF berichteten ausführlich über Sie. Wie erlebten Sie dies?

Ich erhielt viele positive Rückmeldungen, und viele Menschen haben mir gesagt, dass ich sympathisch und authentisch wirke. Das sind wirklich schöne Komplimente. Ich wurde auch von Leuten erkannt und angesprochen, auch von zwei Frauen in Trondheim, welche mir sagten, ich müsse besser auf meine Katze aufpassen. Es war aber auch intensiv, vor allem während der WM mit den Wünschen der Medien, als einiges auf mich einprasselte. Dabei den Fokus und die Spannung fürs Sportliche zu halten, war eine Herausforderung. Mein Mentaltraining hat mir dabei sehr geholfen.

Beim Sommer GP im August haben Sie ein Ausrufezeichen gesetzt: Dritter in der Gesamtwertung und Gewinner der Best Jumper Trophy. Welche Bedeutung hatte dieser Exploit für den weiteren Saisonverlauf?

Eine sehr grosse. Ohne diese guten Wettkämpfe wäre es mir vermutlich schwerer gefallen, nach der Verletzung zurückzukommen. Im Sommer konnte ich mein Potenzial aufzeigen. Das gab mir viel Selbstvertrauen, auch weil es eine Serie von Wettkämpfen und keine Eintagsfliege war. Diese Erfolge hievten mich auf einen neuen Level.

Sie trainieren mit der deutschen Nationalmannschaft, welche im Weltcup mit Vinzenz Geiger den Sieger stellt und den Nationencup gewann. Teil dieses Teams zu sein, ist Privileg und Erfolgsgarantie zugleich. Wie sehen Sie dies?

Absolut. Ich darf im weltbesten Team trainieren und kann von den Besten lernen. Wir sind eine eingeschworene Truppe, haben eine super Stimmung und einen Flow, der das Team so stark macht.

Finde Pascal Müller: Der Oberurner feiert mit den deutschen Teamkollegen am Weltcupfinal in Lahti den Sieg im Nationencup. Er steht hinten rechts, zu sehen ist eigentlich nur seine weisse Kappe.
Finde Pascal Müller: Der Oberurner feiert mit den deutschen Teamkollegen am Weltcupfinal in Lahti den Sieg im Nationencup. Er steht hinten rechts, zu sehen ist eigentlich nur seine weisse Kappe.
Bild DSV

Ihre Beschreibung erinnert an das alpine Schweizer Herrenteam …

Ja, definitiv. Wir alle, Athleten, Trainer und die ganze Entourage sind ein Team. Nur so ist es auch bei einem Einzelsport möglich, derart erfolgreich zu sein.

Welche Rolle haben Sie als «Fremdarbeiter» in diesem Team?

Mir wurde schon gesagt, dass ich Lockerheit ins Team bringe, die Frohnatur bin und immer aufgestellt sei. Ich denke, dass ich positive Energie ins Team bringe. Als ich Ende Januar zurückkehrte, fanden es alle cool, und ich spürte deren Freude. Wie gut ich integriert bin, zeigt auch diese Situation: Beim Weltcupfinal erhielten alle ein gelbes Trikot mit der Aufschrift «Team Champion». Mein Trainer Conny Kreiselmeyer drückte auch mir ein solches Trikot in die Hand und schickte mich aufs Podest. Ich wollte nicht. Doch der Trainer bestand darauf und sagte, ich sei ein vollwertiges Mitglied dieses Teams. Also ging ich, versteckte mich aber auf dem Podest etwas.

Bestens integriert: Obwohl Pascal Müller kein Deutscher ist, hier neben Richard Stenzel (links) und Simon Mach, bekommt er eine gelbe Startnummer mit der Aufschrift «Team Champion».
Bestens integriert: Obwohl Pascal Müller kein Deutscher ist, hier neben Richard Stenzel (links) und Simon Mach, bekommt er eine gelbe Startnummer mit der Aufschrift «Team Champion».
Bild Nocogirls

Wie geht es jetzt Ihrem Knie nach zwei intensiven Monaten mit vielen Wettkämpfen?

Es braucht eine Pause, damit es vollständig ausheilen kann. Zuletzt verspürte ich morgens leichte Schmerzen. War das Knie aber warm und richtig «geölt», gab es keine Beschwerden mehr.

Wie sind Sie finanziell durch diese Saison gekommen?

Ohne meine treuen Sponsoren und Unterstützer wäre es mir nicht möglich, als Profi auf diesem Niveau Sport zu betreiben. Dafür bedanke ich mich bei diesen Leuten ganz herzlich. Damit konnte ich diese Saison ohne rote Zahlen abschliessen. Und dank meiner Präsenz in den Medien habe ich auch schon neue Anfragen erhalten. Das ist richtig cool. Meine grösste Freude wäre es, den Namen einer namhaften Glarner Firma in die Welt hinaustragen zu können.

Nach dem Weltcupfinal sagten Sie, dass es eine kräftezehrende Zeit war, Sie Erholung bräuchten. Jetzt sind Sie aber im Engadin am Trainieren, ist das nicht ein Widerspruch?

Ein richtiges Training ist das nicht. Mit zwei Kollegen zusammen trainiere ich locker. Wir machen das, worauf wir Lust haben. Dazu gehört auch der Besuch der Big-Air-Wettkämpfe der Freestyle-WM auf der alten Schanze in St. Moritz. Geniessen und den Kopf lüften ist der Plan, bevor es dann in die Ferien geht.

Zeit für anderes: Pascal Müller besucht am Mittwoch die Big Air-Qualifikation in St. Moritz.
Zeit für anderes: Pascal Müller besucht am Mittwoch die Big Air-Qualifikation in St. Moritz.
Pressebild

Ein Blick noch auf die kommende Saison mit Olympia in Italien. Dort dabei zu sein, ist Ihr grosses Ziel, davon träumten Sie bereits als kleiner Knirps. Gibt es bereits einen Olympia-Plan?

Ich bin weiterhin Teil des deutschen Teams. Die Trainer werten jetzt die Saison aus und werden für uns einen guten Plan für das Olympiajahr machen. Wir Athleten können derzeit abschalten. Doch meine Motivation und meine Bereitschaft, dafür alles zu tun, ist nach dieser Saison noch grösser. Ich glaube an Olympia 2026.

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