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Influencer Fabian Egger verdient 1800 Franken, wenn er im Wiggispark in Netstal Videospiele zockt

Fabian Egger ist Vollzeit-Influencer und nennt sich «der Praktikant». Wir haben bei ihm Praktikantin gespielt und ihm bei der Arbeit in Netstal über die Schulter geschaut.

Janina
Rageth
24.02.25 - 16:30 Uhr
Glarus
Selfie Time: Fabian Egger nimmt sich im Wiggispark auch für Fotos, Autogramme und kurze Gespräche Zeit.
Bild Janina Rageth

Fabian Egger steht umringt von ein paar Jungs im Alter zwischen zehn und 16 Jahren im Wiggispark in Netstal. Rundherum gehen viele ihrer wöchentlichen Einkaufstätigkeit nach. Immer wieder wirft jemand einen angestrengten Blick in Richtung Egger, um zu erkennen, was denn da los ist.

Den meisten ist Egger wohl eher als «der Praktikant» bekannt. Auf Tiktok folgen ihm über 180'000 und auf Instagram über 130'000 Menschen. Egger postet vor allem Schweizer Ausflugstipps. Fondue essen im Gondeli, Rutschbahnen testen im Säntispark oder eine Wanderung zum Elmer-Citro-Brunnen. Es gibt kaum ein Erlebnis in der Schweiz, dass man nicht auf Eggers Social-Media-Kanälen findet.

Im Wiggispark finden Mitte Februar die Game Days statt. In insgesamt 18 Schweizer Einkaufszentren will man mit Videospielen und Influencern junge Leute wieder in die Läden bringen. Egger stimmt einer Kooperation zu und der Zürcher macht sich daher auf den Weg ins Glarnerland.

Ein Influencer in Netstal

«Wow, ist das schön hier», sagt Egger und blickt die steile und frisch verschneite Wiggiswand hoch. Nach kurzem Bewundern geht es in den Wiggispark. «Ich war überrascht, dass es in Netstal überhaupt so ein grosses Einkaufszentrum hat», sagt Egger schmunzelnd.

Im Wiggispark sind Konsolen, Bildschirme und Sitzsäcke in einer Ecke aufgestellt. Ganz vorne soll Egger dann gegen verschiedene Leute gamen. Der Event dauert von 14 bis 16 Uhr. Er spielt eine Testrunde EA FC, das virtuelle Fussballspiel, das früher Fifa hiess. Beim Match gegen einen Profispieler zeigt sich Eggers Entertainer-Seite. «Ah schaut, jetzt habe ich rausgefunden, wie man rennt», kommentiert er das Spiel. Auch im Gespräch fädelt er immer wieder einen nicht so ernst gemeinten Spruch oder eine sarkastische Bemerkung ein.

Alle Augen auf ihn: Fabian Egger zockt im Wiggispark Fifa. Benno Müller filmt ihn dabei für eine Instagram-Story.
Bild Janina Rageth

Nach dem Fifa-Spiel geht es keine fünf Minuten, bis zwei Jungs, vielleicht 13 oder 14 Jahre alt, auf Egger zugehen und ihn nach einem Foto fragen. Als die beiden glücklich mit ihrem Foto wieder gehen, meint Egger: «Die Glarner sind denn freundlich.» In Zürich sei er im Bus auch schon mit einem fordernden «Foti?» angesprochen worden.

Laufend kommen nun meist Kinder und Jugendliche auf Egger zu, die ein Foto wollen. Ein Vater, der gerade von Egger und seinen zwei Söhnen ein Foto macht, tauscht sich danach noch kurz mit ihm aus. Auch Autogramme gibt der Influencer.

Alles mit dem Handy

Egger will auch die Zeit vor dem Event im Wiggispark nutzen, um ein Video mit Produktplatzierung aufzunehmen. Darum macht er auf dem Weg ins Glarnerland Halt in Reichenburg. Dort will er im Springding, einer Spiel-Erlebniswelt, filmen. Mit dabei für das Video hat er Benno Müller. Er ist schon länger mit ihm befreundet und ist seit November 60 Prozent bei Egger angestellt.

Der 26-Jährige macht seine Arbeit, das Filmen und Schneiden, nur mit dem Handy. Die Bearbeitung der Aufnahmen übernimmt Egger komplett selbst. Eine Drohne und eine GoPro-Kamera würden je nach Situation auch zum Einsatz kommen. «Bei uns im Haushalt liegen bestimmt sechs Handys herum», sagt Egger. Seine Frau Lan Phuong Egger, besser bekannt als «Natti» oder «die Praktikantin», führt ebenfalls ihre eigenen Social-Media-Kanäle, aber auf Englisch.

Egger und Müller besprechen in der Spielhalle, was gefilmt werden muss. Hinter ihnen liegt ein farbiges Wirrwarr aus Rutschen, Klettergerüsten und Trampolinen. Egger will nicht nur das Springding als Ausflugsziel zeigen, sondern auch eine Produktplatzierung von Samsung einbauen. Das Handy, das Egger bewerben soll, hat Samsung ihm geschenkt. Zusätzlich wird er für die Video-Werbung bezahlt.

Ein Influencer auf einer Hüpfburg: Fabian Egger postet nicht nur Ausflugsziele für Jugendliche und Erwachsene, sondern auch für Familien.
Bild Janina Rageth

«In der Schweiz ist es kaum möglich, mit Klicks Geld zu verdienen», sagt Egger. Die Zielgruppe für schweizerdeutschen Content sei zu klein. «Mein Geld verdiene ich mit Werbekooperationen, Produktplatzierungen oder auch Events, wie jener im Wiggispark», so Egger. Und das erfolgreich. Seit zwei Jahren ist Egger selbstständig und seit einem Jahr hat er seine eigene Firma. Für den Besuch im Wiggispark werde er mit 1800 Franken bezahlt.

Ausgerüstet mit Handy und einem Ansteckmikrofon machen sich die beiden ans Filmen. Vor der Kamera scheint Eggers Energie und Präsenz geradezu zu explodieren. Die Anmoderation sprudelt nur so aus ihm raus. Wenn er sich mal verspricht, beginnt er den Satz einfach von Neuem. Müller hält dabei ruhig das Handy in der Hand und achtet darauf, dass der Fokus und die Lichtverhältnisse passen.

Den Algorithmus im Hinterkopf

Die beiden Erwachsenen kraxeln und klettern durch das farbige Labyrinth, um zu einem Trampolin zu gelangen, wo die nächste Szene gefilmt werden soll. Auf dem Weg dorthin kommen sie an einem Gerät vorbei, mit dem man Bälle herumschiessen kann. «Das sollten wir auch zeigen», meint Egger und Müller positioniert sich auf der gegenüberliegenden Seite.

Egger beginnt seine Moderation, bricht sie aber mitten im Satz ab. «Warte kurz, ich kann diesem Ding nicht Pistole oder Knarre sagen wegen des Algorithmus», sagt er zu Müller. Dann beginnt er die Moderation erneut und er tauft das Gerät kurzerhand «Reverse Staubsauger».

Es gibt viel zu entdecken: Fabian Egger schiesst für das Video einen Ball aus dem «Reverse Staubsauger», wie er das Gerät nennt.
Bild Janina Rageth

Die Moderationstexte überlege er sich jeweils spontan. «Ich möchte die Erlebnisse in meinen Videos genauso zeigen, wie sie meine Zuschauer erleben würden», sagt Egger. Immer wieder würden ihm als Influencer bei Anfragen auch Extras wie Champagner oder ein Blick hinter die Kulissen angeboten. Solche Dinge lehne er aber ab, wenn sie nicht auch für normale Gäste möglich seien.

Viele Freiheiten bei Kooperationen

Eggers Art zu sprechen, fällt besonders auf. Betonung und Tonlage gehen in einem Satz immer wieder stark rauf und runter. Zum Schluss eines Satzes hebt Egger seine Stimme, als wäre es ein Fragesatz. Was von manchen auch als nervig empfunden wird, ist für Egger ein auf den sozialen Medien so wichtiges Wiedererkennungsmerkmal. Auch neben der Kamera hört man sein typisches Heben und Senken der Stimme. Allerdings nur bei genauem Hinhören.

Für die Aufnahmen mit der Samsung-Produktplatzierung bespricht sich Egger erneut mit Müller. Von Samsung hat er ein 20-seitiges Briefing bekommen, in dem beispielsweise erklärt wird, welche Funktionen gezeigt werden sollen. «Für Kooperationen erstelle ich auch ein Storyboard, also einen Plan, im Voraus und Moderationstexte», so Egger.

Werbung in der Kindererlebniswelt: Benno Müller filmt Fabian Egger dabei, wie er die neusten Funktionen des Handymodells zeigt.
Bild Janina Rageth

Nicht zum letzten Mal im Glarnerland

Egger postet, seit er 2020 mit Tiktok angefangen hat, jeden Tag ein Video. «Ich habe eine ganze Liste mit Videoideen», sagt Egger. Zusätzlich kämen auch Anfragen von Ausflugsdestinationen an. Das Verhältnis zwischen Ausflügen, die er vorausplane, und solchen, für die er sich spontan entscheide, sei ungefähr ausgeglichen, meint der Zürcher.

Im Kanton Glarus ist Egger nicht so oft unterwegs. «Aber ein Video über die Landsgemeinde würde ich gerne mal machen», sagt er begeistert.

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