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Letztes Geleit für die Queen: «Begräbnis des Jahrhunderts»

Gut eineinhalb Wochen nach ihrem Tod wird der britischen Königin Elizabeth II. mit einem Staatsbegräbnis am Montag die letzte Ehre erwiesen.

Agentur
sda
19.09.22 - 04:06 Uhr
Ereignisse
Langsam gehen Trauernde in der Westminster Hall an dem aufgebahrten Sarg mit Königin Elizabeth II. vorbei und nehmen Abschied. Foto: Christian Charisius/dpa
Langsam gehen Trauernde in der Westminster Hall an dem aufgebahrten Sarg mit Königin Elizabeth II. vorbei und nehmen Abschied. Foto: Christian Charisius/dpa
Keystone/dpa/Christian Charisius

Bei der Trauerfeier in der Westminster Abbey (12.00 Uhr MESZ) nehmen Staats- und Regierungschefs, gekrönte Häupter und Würdenträger aus der ganzen Welt teil. In mehreren Prozessionen wird der Sarg anschliessend durch die Stadt und in das etwa 35 Kilometer westlich gelegene Windsor geleitet. Dort soll die Queen am Abend ihre letzte Ruhestätte finden.

Hunderttausende Menschen werden auf den Strassen Londons erwartet, die einen Blick auf den Leichenzug werfen wollen, wenn König Charles III., seine drei Geschwister, sowie seine Söhne Prinz William und Prinz Harry dem Sarg zu Fuss das letzte Geleit geben. Viele sicherten sich schon am Vortag mit Zelten und Campingstühlen ausgerüstet einen Platz mit guter Sicht auf die Prozessionsstrecke. Der König zeigte sich in einer Mitteilung am Abend bereits «zutiefst berührt» von den vielen Botschaften der Anteilnahme und der Unterstützung, die er und seine Familie erhalten hatten.

Zu den etwa 2000 Trauergästen in der Westminster Abbey gehören US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der japanische Kaiser Naruhito mit ihren jeweiligen Partnerinnen. Die BBC zitierte einen ausländischen Diplomaten mit den Worten: «Das ist das Begräbnis des Jahrhunderts». Wie am Vorabend der Trauerfeier bekannt wurde, sollen auch Prinz George (9) und Prinzessin Charlotte (7), die beiden älteren Kinder von Thronfolger Prinz William und Prinzessin Kate (beide 40), daran teilnehmen.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach von einem «Jahrhundertereignis». «Man war es über 70 Jahre gewohnt, sich hinter dieser Königin zu versammeln, und jetzt spüren alle: Da fehlt etwas, und das fehlt eben nicht nur in Grossbritannien und in London, sondern es fehlt weltweit», sagte Steinmeier am Sonntag im ZDF-«heute journal». Über seine Eindrücke aus der britischen Hauptstadt sagte er: «Es ist eine ehrliche und grosse Trauer und Betroffenheit, die die Menschen hier in London zeigen.»

Der Bundespräsident und seine Frau Elke Büdenbender nahmen am Sonntagabend mit einem Besuch an dem im Parlament aufgebahrten Sarg persönlich Abschied von der Queen. Auch in der Nacht zum Montag strömten noch viele Menschen in die Westminster Hall, um der Königin die letzte Ehre zu erweisen. Die Warteschlange wurde jedoch für neu Ankommende am Abend geschlossen, wie das zuständige Ministerium gegen 22:40 Uhr Ortszeit mitteilte. Viele Tausend Menschen hatten sich in den vergangenen Tagen in die kilometerlange Schlange eingereiht, um Elizabeth II. die letzte Ehre zu erweisen.

Auch US-Präsident Biden und First Lady Jill hatten am Sonntag am Sarg von der Queen Abschied genommen. Biden würdigte die gestorbene Königin als «anständig» und «ehrenhaft», als er sich im Londoner Lancaster House in ein Kondolenzbuch eintrug. Der Queen sei es immer darum gegangen, Menschen mit Würde zu behandeln. Sie habe immer den «Gedanken des Dienens» vermittelt. Ihr Tod sein «ein Verlust, der ein riesiges Loch hinterlässt», sagte er.

Für den gigantischen Staatsakt am Montag koordinieren Polizei, Geheimdienste und Anti-Terror-Einheiten in Grossbritannien eine der grössten Sicherheitsoperationen, die die Hauptstadt je erlebt hat. Über 10.000 Mitglieder des britischen Militärs sollen im Einsatz sein. Ein Regierungsbeamter sagte der BBC, der Aufwand sei vergleichbar mit 100 Staatsbesuchen innerhalb weniger Tage. Das Wetter wird laut Meteorologen zumindest am Vormittag trocken bleiben - ab Mittag sind leichte Schauer möglich.

Mehrere Staaten, mit denen Grossbritannien schlechte oder gar keine Beziehungen hat, haben keine Einladung erhalten. Am auffälligsten ist das Fehlen Russlands. Als besondere Ehre hingegen gilt die Teilnahme des japanischen Kaisers Naruhito und seiner Gemahlin Kaiserin Masako. Japanische Monarchen nehmen traditionell eigentlich nicht an Bestattungen teil, weder im eigenen Land noch im Ausland.

Für Erstaunen sorgte aber, dass Naruhito wie die allermeisten Ehrengäste mit einem Bus zur Westminster Abbey reisen soll. Das soll helfen, ein Verkehrschaos zu vermeiden. Wie die BBC berichtete, soll es nur sehr wenige Ausnahmen geben, etwa für US-Präsident Biden oder den israelischen Staatschef Izchak Herzog.

Nach der Trauerfeier in der Westminster Abbey soll der Sarg per Prozession auf einer von 98 Marinesoldaten gezogenen Lafette - einem für Kanonen bestimmen Wagen - zum Wellington Arch gebracht werden. Der König und weitere Mitglieder der Royal Family geben der Queen zu Fuss dorthin das letzte Geleit. Vom Wellington Arch aus geht es per Leichenwagen weiter nach Windsor, wo eine weitere Prozession ansteht. In der St.-Georges-Kapelle von Schloss Windsor findet anschliessend ein Aussegnungsgottesdienst statt. Später am Abend wird die Queen bei einer privaten Zeremonie in einer Seitenkapelle an der Seite ihres im vergangenen Jahr gestorbenen Mannes Prinz Philip beigesetzt.

Schon am Vortag des Staatsbegräbnisses sammelten sich Tausende im Londoner Zentrum. Wege, die sonst in wenigen Minuten zu Fuss zurückgelegt werden können, wurden durch Absperrungen an jeder Ecke zu Hürdenläufen. Mit Blumensträussen strömten die Trauernden in den Green Park, wo sich über die Trauerwoche ein gigantisches Blumenmeer gebildet hat.

Zu den Menschen, die sich an der als «The Mall» bekannten Prachtstrasse in London bereits am Vortag einen Platz gesichert hatten, gehörte Nicole Alford. Die 40-Jährige war extra aus dem US-Bundesstaat Georgia angereist, um das Staatsbegräbnis mitzuerleben. «Ich liebe die Queen einfach», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: «Ich musste einfach da sein, hier wird Geschichte gemacht.»

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