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«An den Gesetzentwurf gehen» - Debatte über Waffenrecht nach Amoktat

Die Amoktat von Hamburg hat die Debatte über schärfere Waffengesetze wieder in den Fokus gerückt. Einen Tag nach dem Verbrechen mit acht Toten und mehreren Verletzten in den Räumen der Zeugen Jehovas kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an, den Entwurf zur Änderung des Waffengesetzes noch einmal prüfen zu wollen. Man müsse nun überlegen, «wie wir mit dieser neuerlich furchtbaren Amoktat in Hamburg nochmal an den Gesetzentwurf gehen, um zu schauen: Gibt es noch Lücken, oder wo war er genau richtig?», sagte Faeser am Freitagabend den ARD-«Tagesthemen».

Agentur
sda
11.03.23 - 13:41 Uhr
Ereignisse
Blumen und Kerzen vor den Räumen der Zeugen Jehovas. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Blumen und Kerzen vor den Räumen der Zeugen Jehovas. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Keystone/dpa/Daniel Bockwoldt

Auch wenn das Thema bislang nicht auf der Tagesordnung im Innenausschuss des Bundestages steht, dürfte es weiter für Diskussionen sorgen. Zuletzt hatte Faeser mit ihren Plänen für mehr Kontrollen und Vorschriften die Verbände der Jäger und Schützen gegen sich aufgebracht. Diese wiederum erhielten Unterstützung von der FDP. Die sagt, die von Faeser geplanten Änderungen im Waffenrecht stünden nicht im Koalitionsvertrag.

«Psychisch kranke Personen dürfen keine Schusswaffen besitzen. Es ist gut und richtig, dass das Waffenrecht dies schon heute unmissverständlich regelt», sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Im Nachgang zu der schrecklichen Tat in Hamburg müsse nun aufgeklärt werden, warum die Waffenbehörde von einer Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnis abgesehen hatte.

«Dabei muss auch über eine bessere Ausstattung der Waffenbehörden gesprochen werden», sagte Kuhle. Ohne eine präzise Aufarbeitung der Hintergründe seien «überhastete Forderungen nach gesetzgeberischen Konsequenzen nicht angezeigt».

Der Innenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Marcel Emmerich, sagte NDR Info, dass auch ein Verbot von halbautomatischen Pistolen für Privatleute geprüft werden müsse. «Diese schreckliche Tat hat gezeigt, dass legale Waffenbesitzer mit Waffengewalt Schlimmes anrichten können in dieser Gesellschaft», sagte Emmerich und betonte: «Weniger Waffen in privaten Händen sorgen für mehr öffentliche Sicherheit.»

Bei der Tat am Donnerstag in Hamburg starben sieben Menschen und der Täter selbst. Acht weitere Menschen wurden verletzt, vier von ihnen lebensbedrohlich. Am Samstagmorgen gab es nach Angaben der Polizei zunächst keine neuen Informationen zum Zustand der Verletzten oder zur Tat.

Der 35 Jahre alte Philipp F. hatte mehr als 100 Mal mit einer halbautomatischen Pistole geschossen. Seit dem 12. Dezember sei er im legalen Besitz dieser Waffe gewesen, hatte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer bei einer Pressekonferenz gesagt. Als Extremist war der Schütze nach Angaben aus Sicherheitskreisen nicht bekannt.

Nun stellen sich viele Fragen: Hätten Behörden (früher) reagieren müssen? Ist der Täter zu einfach an seine Waffe gekommen oder wurden anonyme Hinweise, der Mann sei psychisch auffällig, nicht ernst genommen? Wäre er womöglich einem Psychiater oder Psychologen aufgefallen?

Philipp F. war Sportschütze, hatte eine Waffenbesitzkarte und war erst kürzlich von der Waffenbehörde aufgesucht worden. Die Behörde hatte im Januar einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. erhalten. Dieser wurde Anfang Februar von zwei Beamten der Waffenbehörde unangekündigt aufgesucht.

Damals habe es keine relevanten Beanstandungen gegeben, die rechtlichen Möglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen, sagte Meyer. Die gesamten Umstände hätten auch keinerlei Anhaltspunkte für die Beamten ergeben, «die auf eine psychische Erkrankung hätten hindeuten können».

Über das genaue Motiv von Philipp F. wird weiter gerätselt. Der anonyme Hinweisgeber habe die Waffenbehörde auf dessen «besondere Wut auf religiöse Anhänger, besonders gegenüber den Zeugen Jehovas» aufmerksam gemacht, wie Meyer am Freitag mitteilte.

Im Internet gab Philipp F. einiges über sich und seine Gedankenwelt preis. Die Webseite des Täters zeigt etwa, dass er sich intensiv mit Gott und Jesus Christus auseinandersetzte und krude Thesen verbreitete.

Die furchtbare Tat in Hamburg zeige, wie notwendig Änderungen im Waffengesetz seien, sagte Faeser in der ARD und forderte «vor allen Dingen eine bessere Vernetzung zwischen den Behörden». Das sei zum Beispiel bei einem Wohnortwechsel wichtig. Der Amoktäter stammt aus Memmingen in Bayern. Seit 2015 war er in Hamburg gemeldet.

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