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Auf Schnäppchenjagd: Das müsst ihr über Black Friday und Co. wissen

Rabattschlachten, unschlagbare Angebote und Aktionen warten diese Woche auf uns. Den Höhepunkt bildet der Black Friday am 25. November. Worauf man als Schnäppchenjäger achten sollte, erfahrt ihr hier.

Nicole
Nett
24.11.22 - 12:00 Uhr
Ereignisse
Ein Schnäppchen nach dem anderen: Werbungen und Plakate aller Art zieren im Moment die Schaufenster.
Ein Schnäppchen nach dem anderen: Werbungen und Plakate aller Art zieren im Moment die Schaufenster.
Bild Livia Mauerhofer

Wie könnte es anders sein: Am 25. November haben die meisten von uns ihren Lohn plus den 13. auf dem Konto. Ausgerechnet dann ist Black Friday und diverse Angebote locken uns magisch an. Lange überlegen können wir an diesem Tag nicht – denn im Nu sind die besten Aktionen schon ausverkauft. Mit raffinierten Verkaufsstrategien werden die Konsumentinnen und Konsumenten zum Kauf eines Produkts bewegt. Sie werden bewusst mit zeitlicher Begrenzung oder limitierter Anzahl wie «greifen Sie jetzt zu», «nur noch 3 von 100 Stück verfügbar» oder nervenaufreibenden Werbeslogans «18 Personen schauen sich dieses Produkt in dem Moment ebenfalls an» unter Druck gesetzt. Deshalb bleiben viele Fanatiker bis um Mitternacht wach und checken um Punkt 0.00 Uhr alle Seiten. Die Konsumenten werden regelrecht verführt in eine unglaubliche Black-Friday-Welt.

Wir haben mit Dominik Schwizer, Dozent im Bereich Marketing und Kommunikation an der Fachhochschule Graubünden, über den Black Friday gesprochen:

Dominik Schwizer, was ist eigentlich der Sinn und Zweck hinter Black Friday für die Geschäfte?

Dominik Schwizer: Der Black Friday gibt Geschäften die Möglichkeit, ihre Umsätze durch Rabattaktionen kurzzeitig zu steigern. Auf ausgewählte Produkte werden teils elementare Preisnachlässe gewährt, um die Kunden zum Kaufen zu animieren. Zudem lässt sich durch die Sonderangebote zusätzliche Kundschaft in die Läden und Onlineshops locken, um auch den Verkauf nicht rabattierter Produkte und Dienstleistungen anzukurbeln.

Wie manipulieren Shops durch offenbar «einmalige Angebote» ihre Kunden?

Die Einmaligkeit liegt in vielen Fällen lediglich scheinbar vor. Je nach Branche und Produktkategorie gewähren Anbieter auch zu anderen Zeitpunkten im Jahr Rabatte. Die Kommunikation mit dem Ausdruck «Black Friday» ist aus Anbieterperspektive geschickt, weil sie die potenziellen Kunden glauben lässt, dass die nächste, preislich attraktive Kaufgelegenheit erst in einem Jahr wieder auftauchen wird. Das schafft ein Gefühl von Dringlichkeit, den Kauf jetzt zu tätigen und die Chance auf einen Sonderrabatt nicht zu verpassen.

«Das schafft ein Gefühl von Dringlichkeit, den Kauf jetzt zu tätigen und die Chance auf einen Sonderrabatt nicht zu verpassen.»

Dominik Schwizer, Dozent im Bereich Marketing und Kommunikation, Fachhochschule Graubünden

Worauf kann man als Kunde achten, dass man nicht Opfer von Black-Friday-Fallen wird?

Man kann sich als Kunde vorab überlegen, über welchen Bedarf man tatsächlich verfügt, ehe man sich auf die Black-Friday-Angebote stürzt. So kann man den Dschungel der Angebote gezielt durchforsten. Ausserdem lohnt sich insbesondere bei Geräten der Unterhaltungselektronik ein genauer Blick auf das Modell. Diese Produkte werden laufend weiterentwickelt. Neuere Modelle verfügen über zusätzliche Funktionen und haben beispielsweise mehr Speicherplatz. Der echte Verkaufswert variiert stark. Zudem kann man prüfen, ob der Preis auch mit Rabatt attraktiv ist. Online-Preisvergleichsportale können hierbei hilfreich sein.

Wieso kaufen Kundinnen und Kunden eher etwas, wenn sie unter Druck sind?

Die Kundinnen und Kunden möchten das Sonderangebot auf keinen Fall verpassen. Sie lassen sich weniger Zeit für die Kaufentscheidung. Dadurch handeln sie impulsiv und wägen weniger ab, ob sie das Produkt tatsächlich benötigen. Die Gefahr von Fehlkäufen steigt, weil man sich stärker auf den Rabattbetrag konzentriert als auf den Wert, den der Kauf tatsächlich generiert. Dennoch bleibt in jedem Fall ein Kaufpreis zu entrichten. Gratis gibt es auch an einem Black Friday nichts. Selbst ein substanzieller Rabatt ist in diesem Sinn nicht gratis zu haben. Das impulsive Handeln durch Verknappung der Zeit für das Fällen des raschen Kaufentscheids ist ein Teil des Preises, den der Kunde am Black Friday bezahlt.

«Die Gefahr von Fehlkäufen steigt, weil man sich stärker auf den Rabattbetrag konzentriert als auf den Wert, den der Kauf tatsächlich generiert.»

Dominik Schwizer, Dozent im Bereich Marketing und Kommunikation, Fachhochschule Graubünden

Spart man mit diesen Rabatten und Angeboten wirklich Geld oder wäre es einfach nur ein fairer Preis?

Das kommt auf den Einzelfall an. Tatsächlich befinden sich unter den Black-Friday-Angeboten auch echte Schnäppchen. Die Gesamtrechnung geht aber vor allem für die Anbieter auf. Diese steuern genau, auf welche Produkte Rabatte gewährt werden und prüfen, inwiefern die Strategie für sie aufgeht. Nicht zielführende Strategien werden langfristig fallen gelassen. Es gibt auch Unternehmen, die keine oder nur in geringem Mass Rabatte gewähren. Meist handelt es sich um Unternehmen mit einer starken Marke und führenden Produkten.

Wieso befriedigt es uns, wenn wir etwas für weniger Geld kaufen können?

Wir erkaufen uns das Gefühl, deutlich weniger für ein identisches Produkt zu bezahlen als die restlichen Kunden. Dabei vernachlässigen wir, mit wem wir uns vergleichen. In der Schweiz sind viele Produkte deutlich teurer als im Ausland. Wir machen uns vor, beim Kauf Geld zu sparen. Das trifft aber nur zu, wenn wir das Produkt ohnehin gekauft hätten. Am meisten sparen wir, wenn wir nichts kaufen. An Black Friday lassen sich aber viele Kunden zu Käufen verleiten, die sie nicht aus einem echten Bedürfnis heraus tätigen. Bei einem solchen Kauf profitiert der Anbieter überproportional, da er mehr Produkte absetzt, für welche ein Teil der Kundschaft gar kein echtes Bedürfnis hat. Es werden also Bedürfnisse geweckt, die ohne Black Friday nicht oder nicht so stark vorhanden wären.

«Wir machen uns vor, beim Kauf Geld zu sparen. Am meisten sparen wir, wenn wir nichts kaufen.»

Dominik Schwizer, Dozent im Bereich Marketing und Kommunikation, Fachhochschule Graubünden
Geld und Konsum: Dominik Schwizer von der Fachhochschule Graubünden spricht über den weltberühmten Black Friday.
Geld und Konsum: Dominik Schwizer von der Fachhochschule Graubünden spricht über den weltberühmten Black Friday.
Bild Fachhochschule Graubünden

«Fear of missing out» ist die Angst, etwas zu verpassen. Was steckt hinter diesem sozialen Bedürfnis in Bezug auf Black Friday?

Wenn man ein echtes Kaufbedürfnis hat und ein bestimmtes Produkt erwerben möchte, macht es Sinn, Black-Friday-Angebote dieser Produktkategorie systematisch zu prüfen. Das führt allerdings dazu, dass man auch mit anderen scheinbar einmaligen Rabatten konfrontiert wird, denen man widerstehen muss. Nur so vermeidet man, in die Black-Friday-Falle zu tappen. Die Anbieter machen sich also die Angst des «etwas Verpassens» zunutze. Diese soll potenzielle Kunden dazu animieren, sich zumindest mit den Angeboten auseinanderzusetzen. Zum eigentlichen Kauf ist es dann häufig nur noch ein kleiner Schritt. Das ist gut für den Anbieter, aber problematisch für den Kunden. Letztlich hat aber jede Kundin und jeder Kunde die Wahl, ob er sich zum Kauf hinreissen lässt oder der Versuchung widersteht.

Aus Black Friday werden Black Week, Cyber Monday, etc. Wieso wird die Schnäppchenjagd auf mehrere Tage verteilt?

Die Mechanismen von Black Friday funktionieren auch an anderen Tagen. Durch die Bezeichnung in Anlehnung an Black Friday lässt sich den Kunden signalisieren, dass es auch an Cyber Monday oder in der ganzen Black Week Spezialrabatte gibt. Durch die zeitliche Ausdehnung erhalten die Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, von mehreren Rabatten zu profitieren. Zudem gibt es Anbietern die Möglichkeit, sich von Konkurrenten abzuheben, indem man sich als besonders «grosszügig» positioniert und gleich an mehreren Tagen Black-Friday-Angebote macht.

Aus Sicht der Unternehmen: Ist man weg vom Fenster, wenn man da nicht mitmacht?

Das hängt von der Positionierung des Unternehmens und der Angebote ab. Produkte, die zu den Marktführern zählen, sind kaum auf das Gewähren von Rabatten angewiesen – auch nicht an Black Friday. Ein Unternehmen kann durch eine Differenzierungsstrategie anstreben, sich so stark von den Mitbewerbern zu unterscheiden, dass kein Wettbewerb über eine Kostenführerschaft nötig wird. So lassen sich langfristig hohe Preise durchsetzen und die Gefahr von Preisspiralen nach unten wird vermieden. In diesem Fall kann das Unternehmen auf Sonderangebote am Black Friday verzichten und sich stattdessen voll auf die Produktinnovation konzentrieren, um die Position als Qualitätsführer im Markt langfristig zu verteidigen.

Auch wenn der Black Friday in der Schweiz noch nicht das Ausmass wie in Amerika hat, wird er jährlich weiterentwickelt. Vor einem Jahr, am Black Friday 2021, haben wir mit Professor für Volkswirtschaftlehre der Fachhochschule Graubünden, Andreas Nicklisch, über Sinn und Unsinn dieses Tages gesprochen: 

In folgendem Artikel geht es darum, warum wir als Konsumentinnen oder Konsumenten uns eigentlich Sachen kaufen, welche wir nicht zwingend benötigen:

Eine Umfrage von «toppreise.ch» zeigt: 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer verwenden beim Einkaufen verschiedene Sparstrategien. Preisvergleiche sind dabei besonders beliebt. Auch Gutscheine und Aktionsprospekte werden rege genutzt. Auf Konsum verzichten besonders Junge (40 Prozent aller jungen Konsumenten). Dies könnte mit den steigenden Preisen in Zusammenhang stehen.

Folgende Tipps können euch beim Black-Friday-Einkauf helfen:
– Vor dem Black Friday eine Einkaufsliste erstellen, um unüberlegte Spontankäufe zu reduzieren.
– Der Preisverlauf in der Vergangenheit anschauen.
– Vor dem Einkauf einen Preisvergleich machen.

Nicole Nett schreibt und produziert hauptsächlich Geschichten für «suedostschweiz.ch». Die gelernte Kauffrau hat Multimedia Production studiert und lebt in der Bündner Herrschaft. Sie arbeitet seit 2017 für die Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos

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