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Auszeit vom stressigen Alltag

Natürlich könnten Spital­internisten und Hausärzte ihre Fortbildung auch in irgend­einem Zentrum im Unterland absolvieren, sagt Daniel Ribeiro, Chefarzt Departement Innere Medizin am Spital Davos. «Doch etwas Wesentliches würde fehlen.» Dieses bietet die Mediweek, die dieses Jahr zum 37. Mal durchgeführt wird.

Barbara
Gassler
08.07.23 - 11:25 Uhr
Ereignisse
Daniel Ribeiro bei einer Fallbesprechung zusammen mit Fachspezialist Thomas Züger, der gerade Auskunft auf eine gestellte Frage gibt.
Daniel Ribeiro bei einer Fallbesprechung zusammen mit Fachspezialist Thomas Züger, der gerade Auskunft auf eine gestellte Frage gibt.
bg

Besonders waren die seit Anfang der 50er-Jahre stattfindenden medizinischen Fortbildungswochen schon immer. Noch immer erinnert man sich in Davos an den Ausnahmezustand, der jeweils herrschte, wenn die Mitglieder der deutschen Bundesärztekammer Jahr für Jahr in grosser Zahl nach Davos pilgerten. Oft dabei ­waren auch die Familien, die sich bei dieser Gelegenheit mit Schnee und Skiern vertraut machten. Als die Ära der deutschen Organisatoren Mitte der 1980er-Jahre endete, übernahm der Davoser Walter Siegenthaler, Professor und Autor des noch heute aktuellen medizinischen Kompendiums «Siegenthalers Differentialdiagnose». Die «Interdisziplinäre Sommer-Seminar-Woche für Medizin» knüpfte mit Unterstützung der Gemeinde und der Destination an die Arbeit der Vorgänger an, und der Anlass wird noch heute von Davos Congress selber organisiert. Nach Siegenthalers Tod 2010 wurde die Veranstaltung in Mediweek umbenannt und findet seither jeweils in der ersten Juliwoche statt. Doch heute will man vor allem mit der familiären Atmosphäre, der Intimität der Veranstaltung punkten. «Es soll ein bisschen wie im ­Lager sein», erklärt Ribeiro. «Einmal im Jahr kommt man hier zusammen, lernt, knüpft Bekanntschaften und verabredet sich für das nächste Jahr.» Genau das unterscheide Davos von einem Kongress, bei dem man sich tagsüber berieseln lasse, abends aber zu Hause und möglicherweise bereits wieder im Alltagsstress sei. «Während man in Davos ist, ist die Praxis geschlossen, man ist weit weg von allem. Man lässt die Berge und die Natur auf sich wirken und erlebt gemeinsam eine gute Zeit.»

Daniel Ribeiro mit dem Standardwerk von Walter Siegenthaler.
Daniel Ribeiro mit dem Standardwerk von Walter Siegenthaler.
bg

Wissenschaftliche Exzellenz ...

Seit einem Jahr zeichnet Daniel Ribeiro zusammen mit Lukas Zimmerli, Chefarzt Medizinische Klinik am Kantonsspital Olten, für die wissenschaftliche Exzellenz der Veranstaltung verantwortlich. «Es ist eine grosse Ehre für mich und für das Spital Davos, dass wir hier übernehmen durften», sagt er. Beteiligt an der Mediweek war man schon lange und stärkte damit den guten Ruf des Spitals. «Immer wieder meldet sich ärztliches Personal aufgrund der am Kongress entstandenen Mund-zu-Mund-Propaganda», erzählt Ribeiro. Zum Angebot des Spitals gehören auch mehrere Ausbildungseinheiten, die unter der Leitung von Walter Kistler, Chefarzt Sportmedizin, genau diesem Thema gewidmet sind.

... und menschliche Wärme

Um als Kongress zu wachsen, will man speziell den Nachwuchs ansprechen. «Hier können sich die Jungen bei den ­alten Füchsen etwas abschauen und von deren Erfahrung profitieren.» Daher gibt es für die Berufseinsteiger über Mittag ein speziell an sie gerichtetes Programm, bei dem Inhalte wie das Halten von Vorträgen oder das Finden von medizinischen Informationen im Internet vermittelt werden. Derweil geniessen die Routiniers die ausgedehnten Mittagspausen. Sei es bei privaten Aktivitäten in Wander­schuhen, auf dem Bike oder beim Workshop Leistungsdiagnostik. «Am Montag waren wir im Eisstadion und stellten den HCD vor», erzählt der wissenschaftliche Leiter. «Einige, die noch nie mit Eis­hockey zu tun gehabt hatten, konnten kaum glauben, wie klein bei diesem Sport die Tore sind.» Ein Fixpunkt an der Mediweek sind ausserdem die Grund- und Abschlusskurse in Ultraschalldiagnostik, die vor allem bei jungen Berufsleuten beliebt sind. «Das ist Teil unserer Kernkompetenz», erklärt Ribeiro wiederum. «Wir sind Praktiker hier, die von einander profitieren wollen.» Am schönsten kommt das vielleicht bei den täglich stattfindenden Fallbesprechungen zum Tragen. Sie schliessen am Morgen jeweils das wissenschaftliche Programm ab und sind als lebhafte Frage/Antwort-Möglichkeit konzipiert, was sehr geschätzt wird.

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