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«Schwarzer Tag» für Plymouth - Sechs Tote bei Bluttat in Hafenstadt

Eine Bluttat mit sechs Toten hat die südenglische Hafenstadt Plymouth in Schock und Trauer versetzt. Wie Polizeichef Shaun Sawyer am Freitag mitteilte, tötete ein 22-Jähriger zwei Männer und drei Frauen, darunter ein «sehr junges Mädchen», bevor er sich selbst erschoss. Zwei Menschen wurden schwer verletzt.

Agentur
sda
13.08.21 - 14:39 Uhr
Ereignisse
Beamten der Spurensicherung ermitteln am Einsatzort im Biddick Drive in  Plymouth. Foto: Ben Birchall/PA Wire/dpa
Beamten der Spurensicherung ermitteln am Einsatzort im Biddick Drive in Plymouth. Foto: Ben Birchall/PA Wire/dpa
Keystone/PA Wire/Ben Birchall

Es handelt sich um den Vorfall mit den meisten Schussopfern in Grossbritannien seit mehr als einem Jahrzehnt. Zum Motiv machten die Behörden zunächst keine Angaben.

Britische Medien berichteten, der mutmassliche Täter sei der sogenannten Incel-Szene zuzurechnen. Die Abkürzung stammt vom englischen Begriff «involuntary celibate» und bezeichnet vorwiegend Männer, die unfreiwillig enthaltsam leben und Hass auf Frauen sowie auf sexuell aktive Männer entwickeln. In sozialen Netzwerken habe Jake D. entsprechende Aussagen getätigt, meldete auch die Nachrichtenagentur PA.

Es sind sechs Minuten, die Plymouth, den wichtigsten Stützpunkt der britischen Marine, auf Dauer verändern könnten. Von «einem der dunkelsten Tage seit vielen, vielen Jahren» spricht der Abgeordnete Johnny Mercer. Der Bischof von Plymouth, Mark O'Toole, rief die Menschen zum Gebet für Opfer und Angehörige auf. Es liege ein «tiefes Gefühl von Schock und Trauer» über der Stadt, sagte er.

Um kurz nach 18 Uhr (Ortszeit, 19 Uhr MESZ), so berichtete eine Anwohnerin der BBC, habe ein Angreifer die Tür eines Hauses im Stadtteil Keyham eingetreten und angefangen zu schiessen. Polizeichef Sawyer bestätigte später, dass Jake D. zunächst in einem Haus in einer Sackgasse eine Frau erschossen hat. Opfer und Täter kannten sich demnach. Vermutlich waren sie verwandt - Medienberichten zufolge handelte es sich um die Mutter des Schützen, dies wollte Sawyer aber nicht bestätigen.

Draussen feuerte Jake D. weiter. Zunächst nahm er das Mädchen und einen Verwandten des Kindes unter Beschuss und tötete beide. Wie Medien berichteten, führte das Mädchen gerade seinen Hund aus. Anschliessend verletzte der Täter einen Mann und eine Frau schwer. Dann floh er durch einen Park, wo er einen Mann erschoss und eine Frau so schwer verletzte, dass sie im Krankenhaus starb. Dann erschoss er sich selbst. Ob Jake D., ein Kranführer, die übrigen Opfer persönlich oder vom Sehen kannte, ist noch unklar.

Die Bluttat sorgt auch deshalb landesweit für Entsetzen, weil Amokläufe in Grossbritannien selten sind. Die Waffengesetze sind streng. Der bisher letzte Fall ist gut elf Jahre her: Im Juni 2010 erschoss ein Mann im nordwestenglischen Gebiet Cumbria zunächst seinen Zwillingsbruder und einen Anwalt, Auslöser war offenbar ein Erbstreit. Anschliessend tötete er zehn weitere Menschen und verletzte etwa ein Dutzend, bevor er sich selbst erschoss. Der Täter verfügte über einen Waffenschein. Auch Jake D. hatte nach Angaben von Polizeichef Sawyer mindestens für das Jahr 2020 eine entsprechende Erlaubnis.

Die Menschen im Viertel seien durch die Brutalität des Angriffs «am Boden zerstört», sagte Plymouths Parlamentsabgeordneter Luke Pollard dem Sender Times Radio. «Keyham ist eine wirklich eng verbundene Gemeinschaft - es ist die Art von Ort, an dem man seinen Nachbarn kennt und aufeinander aufpasst.» Der Fussball-Drittligist Plymouth Argyle sagte eine Pressekonferenz ab und senkte die Fahnen am Stadion auf halbmast. Premierminister Boris Johnson sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus.

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