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Wenigstens mit dem Hund auf Barcelonas leeren Strassen

Barcelona in den Fängen des Coronavirus: In einem Skype-Interview schildert die gebürtige Glarnerin Débora Hernández Vieytes, wie sie erste Lockerungen in der katalanischen Hauptstadt erlebt.

Südostschweiz
01.05.20 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Dank Hündin Aira darf Débora Hernández ihre Wohnung in Barcelona öfter verlassen als Menschen ohne Hund.
Dank Hündin Aira darf Débora Hernández ihre Wohnung in Barcelona öfter verlassen als Menschen ohne Hund.
PRESSEBILD

von Hans Speck

Débora Hernández Vieytes kam vor 41 Jahren im Kantonsspital Glarus auf die Welt und wohnte während vieler Jahren mit ihren Eltern Serafin und Elena und ihrer Schwester Begoña in Glarus an der Sandstrasse. Nach dem Besuch der Primar- und Sekundarschule erlernte sie den Beruf einer Kauffrau in der Netstal-Maschinen AG.

Als Sachbearbeiterin und Verkaufsassistentin arbeitete sie in den folgenden Jahren bei der Firma J. + A. Stöckli AG in Netstal und bei der Netstal-Maschinen AG in Näfels.

Von Glarus nach Barcelona

Dank ihren Sprachkenntnissen und als spanische Staatsangehörige wechselte die Frau im Auftrag der «Giessi» in die katalonische Hauptstadt Barcelona. Wegen der Wirtschaftskrise in Spanien musste der Betrieb 2008 Personal reduzieren. Darauf entschloss sich «Debi», wie sie von Freunden genannt wird, sich umzuschulen, und übt seither in Barcelona den Beruf als Kinesiologin aus.

Sie wohnt ganz in der Nähe der Avenida Diagonal an einer der wichtigsten Verkehrsachsen Barcelonas, genauer gesagt an der Carrer Diputacio, kaum 200 Meter von der einst grössten Stierkampfarena Barcelonas, der Plaza de Toros Monumental, entfernt. Rund 500 Meter sind es bis zum Tourismus-Hotspot, der Basilika «La Sagrada Familia» von Stararchitekt Antoni Gaudí.

Völlig eingebrochener Tourismus

Barcelona ist nach Madrid die zweitgrösste Stadt Spaniens. Sie liegt am Mittelmeer, circa 120 Kilometer südlich der Pyrenäen und der Grenze zu Frankreich. Innerhalb des Stadtgebietes leben rund 1,62 Millionen Menschen. Mit jährlich mehr als sieben Millionen Touristen aus dem Ausland zählt Barcelona überdies zu den drei meistbesuchten Städten Europas. Dieser wichtige Wirtschaftszweig ist wegen des Coronavirus nicht nur in Barcelona, sondern in ganz Spanien völlig eingebrochen. Ministerpräsident Pedro Sanchez und seine aktuelle Regierung versuchen alles, mit äusserst harten Verordnungen und Regeln der grassierende Pandemie Einhalt zu gebieten.

Hundebesitzer haben Vorteile

Debi Hernández besitzt eine Hündin namens Aira. «Dank ihr darf ich wie alle Hundebesitzer zirka eine halbe Stunde lang nach draussen gehen. Sie erlaubt mir, in Bewegung zu bleiben und die neu aufblühende Natur in der normalerweise pulsierenden Stadt zu geniessen.» Der Ausgangsrayon ist sehr eingeschränkt und führt praktisch rund ums Haus. Aber immerhin. Denn es besteht ein striktes Ausgangsverbot, welches von Angehörigen der Mossos d’Esquadra (Polizei von Katalonien), Guardia Civil, Policia Urbana sowie der Policia Nacional rund um die Uhr strengstens kontrolliert wird.

Leider gibt es auch in Barcelona immer wieder Menschen aller Altersgruppen, welche die Grundregeln des Social Distancing von zwei Metern sowie die Vermeidung von Ansammlungen mit über fünf Personen nicht einhalten. Hier erteilen die Polizeibehörden bei ersten Vergehen gegen die Verordnungen der Regierung eine Verwarnung, beim zweiten und dritten Mal gibt es eine Busse von mehreren hundert Euro. Beim vierten Mal droht den Sündern Gefängnis.

«Mir persönlich geht es sehr gut und ich halte mich an die Anweisungen der Regierung», sagt Hernandez. «Da kommt mir die Schweizer Mentalität, die zweifellos immer noch in mir steckt, zugute», meinte sie in unverfälschtem Glarner Dialekt.

Nur langsame Besserung in Sicht

Die von der spanischen Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sanchez knallhart festgelegten Verordnungen und Regeln zeigen in letzter Zeit positive Wirkung, in dem der Peak nun vermutlich erreicht sein sollte und die Fallzahlen wieder am Sinken sind. Traurige Tatsache ist, dass Spanien in Europa momentan am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen ist. So sind die Zahlen der Corona-Infizierten immer noch am Steigen.

Aktuell sind 213 000 Personen positiv auf das Coronavirus getestet worden, 24 543 Menschen sind trotz Intensivpflege gestorben und 112 000 gelten mittlerweile als geheilt.

Kinder dürfen wieder raus

Erstmals seit mehr als sechs Wochen dürfen alle Kinder bis zum Alter von 14 Jahren in der Coronakrise wieder das Haus verlassen. Zudem dürfen die Kinder das Haus nicht nur verlassen, um ihre Eltern auf bisher den Erwachsenen schon erlaubten Einkaufsgängen zu begleiten, sondern ausdrücklich auch für Spaziergänge zusammen mit ihren Eltern.

Damit reagierte die Regierung auf harsche Kritik aus der Bevölkerung und aus Politkreisen. Erst hiess es, dass Kinder ab Montag nur in Begleitung ihrer Eltern zu Lebensmittelgeschäften, Apotheken, zur Bank oder zum Zeitungskiosk mitgenommen werden dürfen. Dieser Entscheid wurde mittlerweile nach der Zustimmung des Parlaments korrigiert.

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