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Die Gründer New Schwandens bringen St. Fridolin in die USA

Von den 1840er Jahren an wanderten immer wieder Glarner in die USA aus. Zehn Jahre nach New Glarus entsteht New Schwanden, die Pioniere heissen Blesi, Zopfi, Hösli, Schmid, Tschudi. Glarner Auswanderung, Teil 2.

Fridolin
Rast
26.08.19 - 11:00 Uhr
Ereignisse
Old Schwander Name: Paul Zopfi und seine Familie lassen sich auf ihrem Heimwesen Elm Creek (Ulmenbach) in New Schwanden fotograf
Old Schwander Name: Paul Zopfi und seine Familie lassen sich auf ihrem Heimwesen Elm Creek (Ulmenbach) in New Schwanden fotograf
SWISSFAMILYTREE.COM

Im Jahr 1855 haben Auswanderer aus Schwanden und Umgebung die Siedlung New Schwanden gegründet. Sie sind zehn Jahre nach der Gründung von New Glarus in Wisconsin in den mittleren Westen der USA gekommen – und mussten ihr Land schon etwa 450 Kilometer weiter nordwestlich im Nachbarstaat Minnesota kaufen.

Hier, in der Nähe der Hauptstadt St. Paul, waren sie praktisch direkte Nachbarn der indigenen Winnebago Indianer. Diese lebten noch in den weiten Wäldern westwärts von Peter Blesis Land, wie der Auswanderernachkomme Wayne C. Blesi auf der Website swissfamilytree.com berichtet. Er hat die Geschichte von New Schwanden erforscht, und Thomas Schätti aus Good Old Schwanden hat sie vor einigen Jahren für Gukum, den Geschichts- und Kulturverein von Schwanden, zusammengefasst.

Handschuhe, mit Heu gefüttert

Wayne Blesi berichtet, dass Peter Blesi von einem Heulager – man kann sich vorstellen, wie dieser in Glarner Art sogenannte Tristen aufgeschichtet hatte – mit dem Schlitten Winterfutter fürs Vieh holen wollte. Und feststellte, dass Heu fehlte. Er sei den Schneeschuh-Spuren gefolgt und habe die Indianer mit ihrer Missetat konfrontiert. Worauf sie ihm das Heu mit Wildbret und Hirschleder bezahlt hätten.

Aus dem rauchig riechenden Leder habe Sadie Mary Blesi, geborene Signor (1893–2003), ihren Kindern Fäustlinge mit wollenen Innenhandschuhen genäht, erzählt Wayne Blesi. Welche erst ihrem Schwiegervater Henry Peter Blesi (1859–1927) gehörten und dann dessen ältestem Sohn Harry Herman Blesi (1889–1960).

Go West

New Schwanden bestand aus einigen Farmen, über vier Ortschaften verteilt. Laut Schätti war es nie eine selbstständige Gemeinde oder Stadt, bildete aber fast 90 Jahre lang eine eigene Kirchgemeinde, die St. Fridolin’s Evangelical German Church New Schwanden.

Von den Schwander Auswanderern berichtet Schätti, dass Peter und Margereta Blesi-Zimmermann, frisch verheiratet, mit seinen Brüdern und Schwestern und weiteren Familien am 25. August 1853 nach Amerika loszogen. Die Gruppe kam am 15. Januar 1854 nach 50-tägiger Überfahrt in New Orleans an und reiste mit Flussdampfern auf dem Mississippi und dem Ohio River nach Chicago in Illinois und Milwaukee in Wisconsin.

In und um New Glarus war das meiste Land besiedelt oder für die neuen Einwanderer zu teuer, sodass sie als Taglöhner arbeiteten und so das Geld für die Weiterfahrt nordwestlich nach Minnesota verdienten. Im April 1854 sind sie im späteren New Schwanden angekommen. Hier haben sie weiter als Taglöhner gearbeitet, wie Schätti berichtet: «An den Wochenenden gingen sie zu den von ihnen markierten Grundstücken, schlugen Holz für ihre Häuser und machten die ersten Arbeiten, um das Land bewirtschaften zu können.»

Der Ziger darf nicht fehlen

Mitte Februar 1855 dann sind die Neuschwander endgültig ins Gebiet gezogen. Mit einem Ochsengespann, das sie 150 Dollar gekostet hatte, kamen sie über den gefrorenen Mississippi auf ihr Land. Dort bauten sie einfache Blockhäuser, und der 25. März 1855 ist das Datum ihres Einzugs, von dem an sie ihr Land urbar zu machen begannen.

Peter Blesi wollte erst sein Blockhaus bauen, bevor seine Frau aus St. Anthony Falls nachkam. Doch auf ihrer Reise kippte die Kutsche um, und sie brach sich einen Arm. «Da kein Arzt in der Gegend war, wuchs ihr Arm nicht gerade zusammen», berichtet Schätti. Die Siedler produzierten zwei Sorten Käse für den Verkauf: Ein gelblicher Blockkäse und ein grünlicher, oft «Sap Sago» genannt, die nordamerikanische Variante des Glarner Schabzigers ist. Schätti vermutet: «Vielleicht hatten die Glarner Siedler auch den Zigerklee in die neue Heimat mitgebracht.»

Der Anfang vom Ende

In den Jahren drauf kamen weitere Glarner nach New Schwanden, und im amerikanischen Bürgerkrieg wurden etliche von ihnen eingezogen, Melchior Blesi starb an Typhus und liegt in Nashville, Tennessee, begraben.

1880 lebten 209 Leute im County Hennepin, die meisten in New Schwanden. 1915 waren es sogar etwa 300. Doch seit den 1940er-Jahren nahm die Bevölkerung stetig ab, die meisten Nachfahren der Glarner Pioniere zogen weg. Die St. Fridolinskirche wurde 1954 abgebrochen, die Verwaltung des Hennepin County Park begann damals, das Land der New Schwander Siedler aufzukaufen.

Heute gibt es New Schwanden nicht mehr, nur noch eine Erinnerungstafel und der St. Fridolins-Friedhof erinnern daran. Der grösste Teil ist Naturpark. Doch die Glarner sind nicht vom Erdboden verschwunden. Thomas Schätti schätzt, noch 150 Jahre nach der Gründung gebe es im Telefonbuch von County Hennepin, wo New Schwanden lag, mehr Blesi als im Kanton Glarus und etwa so viele wie in der ganzen Schweiz.

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