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«Wir kennen längst nicht alle Wölfe in Graubünden»

Seit Dienstag scheint es klar: Ein viertes Bündner Wolfsrudel soll sich in Graubünden, im Gebiet Obersaxen/ Mundaun, aufhalten. Ob es jedoch noch mehr Rudel in Graubünden gibt, wisse man nicht.

Südostschweiz
21.08.19 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Adrian Arquint vom Amt für Jagd und Fischerei bestätigt, dass bei Obersaxen ein weiteres Wolfsrudel gesichtet wurde.
Adrian Arquint vom Amt für Jagd und Fischerei bestätigt, dass bei Obersaxen ein weiteres Wolfsrudel gesichtet wurde.
PHILIPP BAER

Die Meldung des dritten Wolfsrudels in Graubünden ist knapp einen Monat her. Nun soll es schon ein viertes Rudel in den Bündner Bergen geben. Dies bestätigt das Amt für Jagd und Fischerei am Dienstag. Ein Jäger hat am Sonntagmorgen zwei Adulttiere und drei Jungtiere bei einer Alp bei Obersaxen beobachtet.

Amtsleiter Adrian Arquint erklärt gegenüber Tanja Egli von Radio Südostschweiz, was die Schwierigkeiten mit den Rudeln sind, ob es noch mehr Wölfe im Kanton gibt und wie sich die Rudel untereinander verstehen.

Herr Arquint, es gibt also ein weiteres Wolfsrudel in Graubünden?

Es sieht ganz danach aus. Es ist noch ausstehend, um was für Tiere es sich handelt. Wir warten die Ergebnisse der DNA-Proben ab. Wir haben zusätzliche Fotofallen aufgestellt und wir nehmen weitere Proben. Wichtig ist ebenfalls, dass man die Landwirtschaft darüber informiert. Es ist in einem Gebiet mit vielen Betrieben.

Das wäre das vierte Wolfsrudel. Es gibt auch Gerüchte über weitere Wildtiere, beispielsweise Luchse?

In Graubünden gibt es natürlich viele Wildtiere, von denen wir nichts wissen. Bei uns gibt es auch Luchse, im Prättigau haben wir Nachweise dafür. Wir haben auch vereinzelt Goldschakale, die immer wieder auftauchen. Sicher ist, dass man im ganzen Kantonsgebiet mit Wölfen rechnen kann.

Die letzte Meldung von einem neuen Rudel in Graubünden ist noch nicht lange her. Es gibt momentan immer wieder neue Wölfe. Täuscht der Eindruck?

Der Eindruck täuscht eigentlich nicht. Seit dem Jahr 2012 haben wir das Calandarudel. Letztes Jahr wurde ein zweites Rudel nachgewiesen, dieses Jahr ein Drittes. Je mehr Wölfe hier sind, insbesondere Weibchen, desto grösser ist die Möglichkeit, dass sich ein Rudel bildet. Wir kennen jedoch längst nicht alle Wölfe und Rudelbildungen, man muss mit noch weiteren rechnen.

Welche Massnahmen wurden in den letzten Jahren zusätzlich ergriffen?

Zum einen treffen die Landwirte Schutzmassnahmen. Diese sind jedoch nicht immer einfach in der Umsetzung. Wir vom Amt registrieren alle Risse. Wir führen ein Monitoring durch, sodass wir wissen, welche Tiere in welchem Gebiet sind. Das Gesetz gibt uns weitere Massnahmen vor, beispielsweise bei Problemtieren, welche wir allenfalls schiessen dürften.

Wir haben begrenzten Platz in Graubünden. Genügen diese Massnahmen?

Momentan ist es für uns relativ schwierig, diese Massnahmen umzusetzen. Wir müssten Problemtiere relativ schnell aus dem Verkehr ziehen können. Für das benötigen wir Instrumente, um die Entwicklung zu regulieren.

In wenigen Wochen beginnt die Jagd. Wie wirken sich diese neuen Wolfsrudel auf die Jagd aus?

Mit dem Calandarudel haben wir die Erfahrung gemacht, dass es definitiv Auswirkungen hat. Gewisse Gebiete sind schwieriger zu bejagen, weil es wirklich weniger Wild hat. Andere Gebiete profitieren davon. An den neuen Orten der Wolfsrudel haben wir noch keine Erfahrungswerte. Man wird es dem Verhalten des Wildes anmerken. Wir müssen natürlich schauen, dass die Hunde- und Schweisshundeführer dementsprechend informiert sind. Die Hunde sollten nicht unbeaufsichtigt in einem solchen Gebiet sein. Eine gewisse Gefahr besteht natürlich.

Wenn man spazieren geht oder bei einer Wanderung auf einen Wolf trifft, wendet man sich dann direkt an das Amt?

Am besten meldet man das beim Wildhüter vor Ort. Wir wissen auch nicht alles und sind froh um jede Meldung, welche wir erhalten.

Wird es für das Amt auch immer schwieriger, das Monitoring aufrecht zu erhalten, je mehr Rudel es gibt?

Der Aufwand wird natürlich immer grösser. Es wird mehr Konflikte geben, vielleicht auch mehr Risse. Wir müssen mit den Leuten sprechen und sie informieren, das ist eine wichtige Aufgabe.

Haben die Wolfsrudel untereinander genug Platz? Was geschieht, wenn nicht?

Die Rudel konkurrenzieren sich untereinander schon. Letztes Jahr waren das Calanda- und das Ringelspitzrudel relativ nahe beieinander. Wahrscheinlich machen sie das untereinander aus, dass sie die Konfliktgebiete meiden. (nua)

Momentan wird auf Bundesebene über eine Gesetzeslockerung und den Abschuss des Wolfes diskutiert. Der Nationalrat will, im Gegensatz zum Bundesrat, den Schutz des Wolfes stark lockern. Aktuell wird im Ständerat darüber diskutiert, bevor der Entscheid dem Volk vorliegen könnte.  

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