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Nach tödlichem Unfall: Wie gefährlich ist die Walensee-Autobahn?

Seit August 2018 wird die A3 zwischen Murg und Walenstadt saniert; für das subjektive Empfinden vieler Autofahrer ein gefährliches Projekt, wie zahlreiche Meldungen in den letzten Monaten belegen. Nach dem tragischen Unfall vom Montagabend, bei dem eine junge Frau ihr Leben liess, ist die Diskussion neu entbrannt.

Südostschweiz
24.07.19 - 04:30 Uhr
Ereignisse

Es sind schlimme Bilder, die sich am Montagabend beim Frattentunnel auf der A3 bei Unterterzen abspielen. Auslöser für die tragische Frontalkollision ist eine 25 Jahre junge Frau aus dem Kanton St. Gallen. Dort, wo die A3 wegen der Bauarbeiten in der Nacht jeweils nur auf der Südspur befahrbar ist und Gegenverkehr herrscht, steuert sie auf den für sie gesperrten linken Fahrstreifen. Es kommt zum fatalen Zusammenstoss mit einem korrekt entgegenkommenden Auto eines älteren Ehepaares.

Die Einsatzkräfte leisten einen Grosseinsatz. Doch für die junge Frau kommt jede Hilfe zu spät. Die Eheleute werden mit zwei Helikoptern ins Spital geflogen, sind gemäss Kantonspolizei St. Gallen «unbestimmt verletzt». Die A3 ist stundenlang gesperrt, der Verkehr wird auf die Kantonsstrasse umgeleitet. Es ist der schwerste Unfall auf der A3, seit die Sanierungsarbeiten, die rund 170 Millionen Franken kosten und noch bis 2021 dauern, begonnen haben. Zwischenfälle gab es zuvor aber mehrere.

Der Faktor Mensch

Die Frage stellt sich: Ist die Baustelle auf der A3 potenziell gefährlich eingerichtet? Oder spielt bei den Unfällen entlang des Walensees letztlich der Mensch beziehungsweise der Lenker die tragende Rolle? Es ist eine diffizile Frage, einen Tag nach einem solch tragischen Unfall. Etwa für Hanspeter Krüsi, den Leiter Kommunikation bei der Kantonspolizei St. Gallen, der am Montagabend persönlich zum Schauplatz am Frattentunnel geeilt ist.

Speziell aber auch für Jérôme Jacky, den zuständigen Mediensprecher beim Bundesamt für Strassen (Astra). Die Situation auf der A3 ist seit Monaten bei vielen Autofahrerinnen und Autofahrern ein grosses Thema (siehe Kasten). Nun hat eine junge Frau ihr Leben gelassen. Konkret zum Unfall vom Montagabend äussert sich Jacky nicht. Das sei Sache der Kantonspolizei, sagt er.

Und damit von Hanspeter Krüsi. Der wählt seine Worte mit Bedacht, verweist auf den Faktor Mensch, der bei derartigen Unfällen eine Rolle spielt. Krüsi: «Es ist sehr schwierig nachzuvollziehen, weshalb dieses Auto auf die Gegenfahrbahn geraten ist.» Für ihn ist klar, dass es nicht an der Einrichtung der Baustelle oder an der «funktionierenden Signalisation» gelegen haben kann. Die junge Frau war bereits längere Zeit im Gegenverkehrsbereich unterwegs, bevor sich die tragische Kollision ereignet hat. Sie musste die entgegenkommenden Autos gesehen haben. Krüsi: «Jede Autofahrt, auch eine von wenigen Minuten, birgt ein gewisses Risiko. Wir sind uns dessen oft nicht bewusst. Bei 99,9 Prozent der Unfälle, die wir aufnehmen, war das Verhalten der Fahrer ausschlaggebend. Man muss zu jeder Sekunde hoch konzentriert sein.»

Nicht speziell gefährlich

Generell birgt die Baustelle auf der A3 für Krüsi keine speziellen Gefahren. «Wir haben dort sehr gutes Signalisationsmaterial. Auch mit Blick auf das gesamte Kantonsgebiet bietet sich keine besondere Situation. Zudem ist die Verkehrsdichte im Sarganserland, im Vergleich zu anderen Gebieten und trotz einzelner wiederkehrender Stauzonen in den Bereichen Bad Ragaz und Flums, eher tief.» Klar ist für Krüsi aber, dass das Autofahren generell herausfordernder wird. «Die Zahl der immatrikulierten Fahrzeuge steigt kontinuierlich. Wir haben immer mehr Autos auf den Strassen. Ich kann es nur wiederholen: Man darf sich am Steuer niemals ablenken lassen. Das kann fatale Folgen haben.»

Astra-Mediensprecher Jacky: «Die Signalisation hat funktioniert»
Die Baustelle auf der A3 entlang des Walensees und der tagische Unfall vom Montagabend sind breites Gesprächsthema. Auch beim Bundesamt für Strassen, wie Astra-Mediensprecher Jérôme Jacky auf Anfrage sagte. Bei aller Betroffenheit: Wie für Hanspeter Krüsi ist auch für Jacky klar, dass die Sicherheit entlang der Walensee-Autobahn generell gewährleistet ist. Die Signalisation, so Jacky, sei absolut normgerecht. Über 50 Signalportale seien dort aufgestellt. Diese garantierten, dass die Autofahrer von jeder Position aus erkennen, welche Spuren freigegeben sind. Auch am Montagabend war das der Fall. Jacky: «Die Signalisationsanlage hat funktioniert.» Keinen Einfluss auf den Unfall hatten auch die sogenannten «Mini Fly Overs», Bodenplatten, die teilweise überfahren werden müssen und die ebenfalls für Kritik seitens der Autofahrer sorgten. Aktuell ist nur eine dieser Platten im Einsatz, und zwar vor Walenstadt. Also nicht dort, wo der Unfall passierte. Wird das Astra nach dem schweren Unfall am Montagabend die Baustellensicherung beziehungsweise das Konzept entlang der A3 nochmals überprüfen? Jacky: «Wir müssen diesen Abschnitt entlang des Walensees sanieren, daran führt kein Weg vorbei. Dazu gehört auch, dass wir eine Fahrbahn temporär sperren. Anders könnten wir die Arbeiten nicht ausführen.»

Jacky weist darauf hin, dass das Verkehrsaufkommen im Sommer im Baustellenbereich deutlich geringer als im Winter ist. «Während der Wintersportsaison sind dort weit mehr Autos unterwegs, weshalb wir nur in den Sommermonaten arbeiten.» Und zwar nachts und auch nicht an den Wochenenden. Zudem habe man die Geschwindigkeit reduziert. Jacky: «Es sind alle Möglichkeiten ergriffen worden, um die Sicherheit zu gewährleisten.» (rv)

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Jeder Verkehrstote ist einer zu viel. Auch diese junge Frau. Mein herzliches Beileid.

Ich bin die Strasse am Sonntag davor gefahren. Und habe mich gewundert und bei jedem Eisenträger auch etwas mehr aufgeregt. Das soll mir einer mal erklären, weshalb es gefühlt alle 100 Meter so ein Eisenmonster braucht. Das ist ja unglaublich wie da die Steuergelder verschwendet werden. Sowas ist doch nicht normal und habe ich bisher auch nur in der Schweiz gesehen.
Für was dienen diese Träger? Vor allem, weshalb braucht es dermassen viele? Gibt es da nicht auch Möglichkeiten die Millionen günstiger und gleich effektiv sind?

Das Astra hat den Parkplatz bei der alten Walenseeraststätte mit der Begründung geschlossen, dass es bei der zu kurzen Einspurstrecke zu gefährlich sei, diesen weiterhin offen zu lassen. Ein Unfall ist bis zur Schliessung des Parkplatzes meines Wissens nie passiert.
Nun passiert ein tragischer Unfall im Baustellenbereich und das Astra ist der Meinung das die Signalisation ausreichend war. Dem ist mitnichten so. Wieso man nicht noch alle ca. 30 Meter Fahrbahntrenner aufstellt ist mir unerklärlich. Nur so ist für jeden klar, dass man sich immer noch im Baustellenbereich befindet. So hätte der Unfall vermutlich verhindert werden können.

Ich bin an diesem Montag circa 20 Minuten vorher dort durchgefahren und habe es auch als grenzwertig empfunden. Normalerweise kenne ich es so das bei solchen Baustellen in der Mitte zwischen den Fahrspuren zusätzlich Pylonen aufgestellt werden doch das wurde dort nicht gemacht.

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