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«Grössenwahn» – «Nicht nur motzen»

Was meinen die St. Moritzer zur indischen Party? Eine Umfrage vor Ort.

22.02.19 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Wie kommt die indische Riesenparty bei den Einwohnern in St. Moritz an?
Wie kommt die indische Riesenparty bei den Einwohnern in St. Moritz an?
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Zu einer Geschichte wie der indischen Megaparty, die ab Samstag in St. Moritz steigt, hat jeder eine Meinung. Sich öffentlich äussern, möchte man aber lieber nicht. So lautet das Fazit einer Umfrage in St. Moritz. In St. Moritz Bad zeigte sich die Mehrheit der Befragten eher skeptisch gegenüber dem Anlass, für welchen unter anderem ein riesiges Festzelt auf der Zirkuswiese errichtet wurde.

«Grössenwahn», sagte ein älterer Stammgast aus der Deutschschweiz rundheraus. Er, der bereits einmal in Indien war, stört sich vor allem daran, dass dermassen geklotzt wird, obschon in Indien so viel Armut herrscht. «Die Grossen sind gross und die Kleinen bleiben klein.» Die Anwohner und Stammgäste von St. Moritz seien sich ja an allerlei Events gewöhnt, vom White Turf bis zum Engadin Skimarathon. «Aber das müssen wir nicht mitmachen», meinte der Herr entschieden.

Die Gerüchteküche brodelt

Wenn es um einen indischen Milliardärssohn geht, der die Tochter eines Diamantenunternehmers heiratet und das Polterfest im mondänen St. Moritz stattfindet, wird einiges erwartet und die Gerüchteküche brodelt rasch. Hinter vorgehaltener Hand wird im Dorf erzählt, dass ein Feuerwerk über dem gefrorenen St. Moritzersee satte fünf Millionen Franken kosten soll. Und der lokale Getränkelieferant soll nur den seltensten Whisky und den edelsten Champagner für die Festgesellschaft liefern müssen.

Doch es gibt auch viele gleichmütige und positive Stimmen zur indischen Riesenfeier. «Es gab ja vor zwei Jahren eine grosse indische Hochzeit bei uns, diesmal ist das Fest einfach noch ein bisschen grösser», meinte eine Frau, die sich überhaupt nicht an dem Anlass stört. Schliesslich würden solche Events auch Gäste bringen. «Man kann nicht immer nur motzen», sagte sie. Gemäss den Auskünften der einheimischen Frau nimmt der Grossteil der St. Moritzer die dreitägige Sause der schwerreichen Inder ganz gelassen. «Diejenigen, die sich jetzt laut beschweren, reklamieren auch immer wegen des Zirkus’», sagte sie.

Gewöhnt an Diskretion

Dass die Gemeinde die Anwohner nicht früher über das Megafest vor der Haustüre informiert hat, kümmert die wenigsten der Befragten. «Das kennen wir doch schon», meinte ein einheimischer Mann. Seine Frau ergänzte: «Wenn Prominenz da ist, wird auch nicht kommuniziert.» Und ihr Mann meinte schmunzelnd: «Darum haben wir ja auch die Prominenten.»
 

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Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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