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Zu Gast bei den einst Abtrünnigen

Die Piusbruderschaft betreibt das Knabeninstitut, in dem Bischof Vitus Huonder nach seinem Rücktritt wohnen wird. Huonders neue Aufgabe sorgt deshalb auch für Kritik.

Olivier
Berger
23.01.19 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Vitus, Huonders, Bistum, Chur, Abgang
Vitus Huonders Plan, nach seinem Abtritt in einem Knabeninstitut zu wohnen, sorgt für Kritik.
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Auf den ersten Blick erstaunt der Entscheid: Sobald Vitus Huonder nicht mehr Bischof von Chur ist, wird er vom bischöflichen Hof ins Institut Sancta Maria in Wangs (St. Gallen) umziehen. Betrieben wird das Knabeninstitut von der Pius- bruderschaft.

Dass dereinst mit Huonder ein früherer Bischof in die Schule der Piusbrüder einzieht, ist kein Zufall. «Dieser Schritt steht im Zusammenhang mit dem Auftrag der Glaubenskongregation in Rom an Bischof Vitus, den Kontakt mit der Piusbruderschaft aufrechtzuerhalten», erklärte Bistumssprecher Giuseppe Gracia gestern zu den Umzugsplänen seines Chefs.

Lefebvres Bruderschaft

Tatsächlich verbindet die Piusbruderschaft St. Pius X., wie die Vereinigung offiziell heisst, eine wechselhafte Geschichte mit der Katholischen Kirche. Die Bruderschaft wurde 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet. Sie lehnt die Neuerungen ab, welche das Zweite Vatikanische Konzil mit sich gebracht hat. Lefebvre bezeichnete diese als neo-modernistisch und neo-protestantisch.

Während die Gründung der Piusbruderschaft noch mit offiziellem Segen erfolgte, ging die Katholische Kirche schon Mitte der Siebzigerjahre auf Distanz zu Lefebvre und seinen Anhängern. Seit 1975 hat die Bruderschaft innerhalb der Kirche keine offizielle Stellung mehr; sie betrieb danach ohne Zustimmung der jeweiligen Ortsbischöfe Priesterseminare, Priorate und Kapellen.

Nachdem Lefebvre im Jahr 1988 gemeinsam mit einem brasilianischen Kollegen vier Bischöfe geweiht hatte, wurden er und die anderen fünf Würdenträger von der Katholischen Kirche exkommuniziert. Die Exkommunikation der vier geweihten Bischöfe wurde vom damaligen Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 aufgehoben. Seither haben sich die Kirche und die Bruderschaft einander vermehrt angenähert. Huonders Auftrag in Wangs ist wohl auch vor diesem Hintergrund zu sehen.

Kritiker melden sich

An Huonders Umzug wird in den Sozialen Medien allerdings bereits Kritik laut. Ein Bündner Pfarrer sieht diesen als falsches Signal, das bedeute, man dürfte den Papst als Irrlehrer und Verräter am Glauben bezeichnen und werde dafür noch belohnt. Ein Gläubiger schreibt, er sei gespannt, wann Huonder die ersten unerlaubten Priesterweihen vornehme.

Olivier Berger wuchs in Fribourg, dem Zürcher Oberland und Liechtenstein auf. Seit rund 30 Jahren arbeitet er für die Medien in der Region, aktuell als stellvertretender Chefredaktor Online/Zeitung. Daneben moderiert er mehrmals jährlich die TV-Sendung «Südostschweiz Standpunkte». Mehr Infos

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