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Schon mehr als 80 Fundstellen im Tal

Seit 2013 sind die Universität Zürich und der Archäologische Dienst Graubünden dem prähistorischen Kupferabbau im Surses auf der Spur. Auch diesen Sommer sind wieder neue Entdeckungen dazugekommen.

Jano Felice
Pajarola
14.08.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Studierende der ersten «Swiss International Summer School for Alpine Archaeology» arbeiten in Pro Davains auf der Alp Flix.
Studierende der ersten «Swiss International Summer School for Alpine Archaeology» arbeiten in Pro Davains auf der Alp Flix.
PRESSEBILD

Wer in den Sommermonaten in gewissen Gebieten des Surses wandern geht, hat gute Chancen, sie bei der Arbeit anzutreffen. Zum Beispiel in den Höhenlagen um den Marmorerasee oder in Gruba, unweit der Alp Flix. Denn wie es der Flurname bereits sagt: Im Oberhalbstein wurde in früheren Jahrhunderten an vielen Stellen Erz abgebaut, und das bis zurück in urgeschichtliche Zeiten. Den Relikten dieser prähistorischen Erzgewinnung – vor allem Kupfer – sind sie seit mittlerweile fünf Jahren regelmässig im Juni und Juli auf der Spur: Wissenschafter Rouven Turck und sein Team vom Institut für Archäologie an der Universität Zürich.

Auch diesen Sommer wieder haben sie in Kooperation mit dem Archäologischen Dienst Graubünden ihre Erkenntnisse vor Ort zu vermehren versucht. Mit Erfolg: «In 14 Tagen sind wir auf zwölf neue Fundstellen gekommen», bilanziert Turck. Unter anderem stiess eine kleine Grube beim Marmorerasee als Neuzugang zur Liste der Entdeckungen dazu – für Turck ein weiterer Beleg dafür, dass an den Gebirgszügen um den See mehr Bergbau betrieben wurde, als man bisher vermutet hatte.

Flix: Kein weisser Fleck mehr

Fündig geworden ist man auch auf der Alp Flix, genauer: in Falotta oberhalb der Lais Blos. Dort sind die Lehrenden und Studierenden auf eine bislang unbekannte Vererzung gestossen. Überhaupt befinden sich gemäss Turck fast zehn der zwölf neuen Fundstellen auf Flix, «und das ist echt neu. Flix war bislang ein weisser Fleck auf unserer Landkarte.»

Insgesamt sind im Surses inzwischen mehr als 80 Fundstellen in Zusammenhang mit der prähistorischen Kupfergewinnung bekannt. Das helfe bei der Beantwortung der Frage, wie wichtig die Region in diesem Wirtschaftszweig einst gewesen sei, so Turck. «Das Surses war zwar kein Global Player, aber der Output ging über die lokale Bedeutung hinaus.»

Von ebenfalls weit mehr als lokaler Bedeutung ist heute auch das Projekt selbst. Im Rahmen der von Turck organisierten ersten «Swiss International Summer School for Alpine Archaeology» waren im Juli Studierende nicht nur aus der Schweiz, sondern auch aus Ungarn, Polen und Frankreich im Surses zu Gast. Im September wird in Bivio die Schweizerische Gesellschaft für historische Bergbauforschung tagen – das generiert um die 40 Übernachtungen. Und während einer Sondage am Wanderweg zum Kanonensattel bei Flix konnte Turcks Team heuer Infoflyer an gut 60 Wandergruppen verteilen, darunter auch Gäste aus Deutschland, die den einstigen Bergbau als einen der Gründe für ihren Aufenthalt in der Region nannten. Kurz: Die Forschungsarbeiten haben inzwischen sogar einen touristischen Aspekt bekommen, wie Turck konstatiert. «Wir kommen nicht nur hierher, um zu graben. Wir bringen auch Gäste ins Tal.»

Die Umwelteinflüsse erforschen

Im März ausgelaufen ist nach dreieinhalb Jahren die finanzielle Unterstützung des Projekts durch den Nationalfonds. Darum ist Turcks Team diesen Sommer auch kleiner ausgefallen als in anderen Jahren. Doch ein neuer Antrag beim Fonds ist für diesen Herbst vorgesehen, und Turck hofft, dass eine Zusage für die Kampagne 2019, spätestens aber 2020 wirksam werden kann. Die Untersuchungen würden dann einen neuen Schwerpunkt erhalten: Im Mittelpunkt stehen sollen die Einflüsse des urgeschichtlichen Bergbaus auf die Umwelt. Schwermetalle, grossräumige Abholzung der Wälder – wie haben die Eingriffe der prähistorischen Sursetter die Natur geprägt? «Diese Fragen», so Turck, «wollen wir klären.»

Jano Felice Pajarola berichtet seit 1998 für die «Südostschweiz» aus den Regionen Surselva und Mittelbünden. Er hat Journalismus an der Schule für Angewandte Linguistik in Chur und Zürich studiert und lebt mit seiner Familie in Cazis, wo er auch aufgewachsen ist. Mehr Infos

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