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Mit Handicap über die Alpen ins Ziel

Reto «Rey» Keller aus Carrera hat es geschafft: Nach zehn Tagen auf dem Velo, in den Wanderschuhen und im Kanu erreichte er sein Ziel in Altenrhein. Dort wartete eine erfreuliche Überraschung auf ihn.

Südostschweiz
25.07.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Reto «Rey» Keller erreicht im Kanu sein Ziel in Altenrhein.
Reto «Rey» Keller erreicht im Kanu sein Ziel in Altenrhein.
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Von Stefanie Studer

Reto «Rey» Keller sass gestern schon wieder im Velosattel. Erst zwei Tage zuvor war er von seiner zehntägigen Alpentraverse zurückgekehrt. «Ich kann jetzt nicht nichts machen. Das gibt sonst Krämpfe in den Beinen», erzählte er auf Anfrage.

Über 368 Kilometer und rund 11 000 Höhenmeter: Die Strecke hatte es in sich. Von Brissago im Tessin führte ihn die Tour auf dem Velo, zu Fuss und im Kanu über die Tessiner, Bündner und Glarner Alpen zum Walensee und von dort ins Rheintal. Das Projekt beeindruckt noch mehr, da Keller es mit Handicap gemeistert hat. Als Langzeitfolge eines Unfalls bei einer Tour im Himalaja musste er sich 2003 das linke Bein amputieren lassen. Im vergangenen Jahr legte er als erster Mensch mit einer Oberschenkelprothese auf Skiern 150 Kilometer im eisigen Grönland zurück (Ausgabe vom 3. Juli).

Am Sonntag erreichte der 63-Jährige schliesslich Altenrhein am Bodensee. Dort wurde er von Freunden mit Bannern und Ballons willkommen geheissen. Auch seine Kollegen aus der Sportgruppe AIM (Alles ist möglich) für Personen mit physischer Behinderung waren vor Ort. «Ich habe das gar nicht erwartet und war ziemlich perplex», berichtete der gebürtige Engadiner.

«Zerschunden wie ein Krieger»

«Es hat super geklappt», sagte Keller, auf sein Abenteuer zurückblickend. Kleine Rückschläge hätte es natürlich hie und da gegeben. Da der Weg zur Hüfihütte im Kanton Uri wegen Steinschlag gesperrt gewesen sei, habe er einen Umweg über den Klausenpass nehmen müssen. Zudem sei es im schwierigen Gelände und mit der Prothese zu einigen Stürzen gekommen. «Ich bin zerschunden wie ein Krieger im Mittelalter nach der Schlacht.»

In Erinnerung bleiben werden dem Bergsteiger aber vielmehr die schönen Begegnungen, zu denen es gekommen ist. So traf er auf seinem Weg vom Lukmanier zur Cadlimo-Hütte einen Yak-Hirten, der ihn unbedingt unterstützen wollte. «Er trug meinen Rucksack ein Stück weit den Berg hinab», erzählte Keller.

Er sei mit sehr vielen Leuten ins Gespräch gekommen – Menschen mit und Menschen ohne Behinderung. «Ich konnte vielen erklären, wie meine Prothese funktioniert.» Und Ideen für nächste Projekte habe er auch schon erhalten. «Die habe ich immer», meinte er lachend.

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