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Die Linth hat ihre Tücken

Gerade an heissen Sommertagen ist ein Gedanke verlockend: kurz in die Linth springen und sich abkühlen. Doch davon ist dringend abzuraten. Auch von spontanen Schlauchboot- oder Kajakfahrten. Denn der Fluss hat seine Tücken.

20.07.18 - 08:06 Uhr
Ereignisse
Der Mediensprecher der Kantonspolizei warnt: «Oben am Wehr herrscht oft eine trügerische Ruhe».
Der Mediensprecher der Kantonspolizei warnt: «Oben am Wehr herrscht oft eine trügerische Ruhe».
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Die meisten Glarner lernen es schon als Kind: Geh niemals in der Linth schwimmen! Denn so klar, türkisblau und ruhig das Wasser auch scheint, es gibt teils starke und gefährliche Unterströmungen. Und noch etwas anderes kann lebensgefährlich werden: die Wehre der vielen Wasserkraftwerke.

Ein solches wurde am Mittwochmittag einem Kajakfahrer zum Verhängnis. Nach ersten Ermittlungen der Polizei verhärtet sich nun der Anfangsverdacht, dass der 52-jährige Mann mit seinem Kajak kenterte, sich dann beim Walzmühlewehr in Nähe der Badi Glarus aus dem Wasser hieven wollte und dabei unter Wasser gesogen wurde. Dort geriet er in eine Wasserwalze und wurde über einen Seitenkanal auf der anderen Seite des Wehrs wieder herausgespült.

Rund 25 Personen kämpften vor Ort um das Leben des Mannes - ohne Erfolg. Am Donnerstagabend hiess es zwar von Seiten der Kantonspolizei Glarus noch, dass sein Zustand kritisch sei, mittlerweile ist aber klar: Der Mann ist an seinen schweren Verletzungen verstorben. Dies teilte die Polizei am Freitagmorgen mit.

Die Wehre auf der Linth sind das Hauptproblem

Grundsätzlich ist das Kajakfahren auf der Linth nicht verboten. Vor allem als Laie sollte man aber unbedingt genügend Abstand zu den Kraftwerken halten, betont Baumgartner. «Oben herrscht oft eine trügerische Ruhe. Doch nur ein paar Zentimeter unter der Wasseroberfläche gibt es extreme Strömungen.»

Das bestätigt auch Ingo Pollak, technischer Leiter beim Kanuklub Glarus: «Die Wehre sind auf der Linth das Hauptproblem. Sonst ist das Wasser recht einfach zu befahren.»

Auf der Wildwasserskala wird dem Glarner Fluss die sogenannte Stufe WW2 bis WW3 zugeteilt, wobei WW6 die schwierigste ist. «Es ist also nicht lebensgefährlich, auf der Linth Kajak zu fahren. Man muss sich aber an die Sicherheitsregeln halten», so Pollak.

Vom Ufer aus ist eine Rettung meist erfolgreicher

Die wichtigste Direktive: Sich niemals alleine aufs Wasser begeben. «Wir haben immer Wurfseile dabei, mit denen man Kollegen vom Ufer aus retten kann», so Pollak. Ebenfalls wichtig: Niemals hinterherspringen, wenn einer im Wasser Hilfe braucht. «Emotional gesehen ist es zwar verständlich, dass eine Mutter oder ein Vater hinterherstürzt, wenn beispielsweise ein Kind ins Wasser fällt. Logisch ist es aber nicht. Denn die besten Rettungschancen hat man vom Ufer aus», so Pollak.

Für Kajakfahrer gilt ausserdem: Die richtige Kleidung tragen. Denn neben den Strömungen sind in der eiskalten Linth auch Unterkühlungen ein grosses Problem. «Weil immer ein Restrisiko bleibt, dass man ins Wasser fällt, tragen wir alle Neoprenanzüge, Schwimmweste und Helm. «Einfach nur in Hose und T-Shirt geht bei uns niemand aufs Wasser.»

Die Linth ist nicht geeignet für Schlauchboote

«Die Glarner Bevölkerung begibt sich unseres Wissens grundsätzlich eher selten auf die Linth», sagt Kurt Baumgartner. Denn für Schlauchboote, wie sie auf dem Linthkanal zwischen Ziegelbrücke und Schmerikon zu finden sind, sei der Fluss nicht geeignet. Zudem sind die meisten Abschnitte – darunter auch der, auf dem der am Mittwoch verunglückte Mann unterwegs war – aufgrund der vielen, nah aufeinanderfolgenden Kraftwerke für Boote und Kajakfahrer eigentlich unattraktiv. «Zwischen Ennenda und Netstal müsste man sein Boot ja ständig aus dem Wasser nehmen und der Böschung entlang tragen.»

Die rund 30 Mitglieder des Kajakklubs trainieren deshalb meist nur auf einem Linthabschnitt zwischen Schwanden und Ennenda. «Dort, wo vor dem Läderach die Brücke über die Linth geht, nehmen wir die Boote aus dem Wasser. Rund um das Wehr der Walzmühle würden wir niemals fahren», so Pollak. Nach Ennenda ist die Linth noch einfacher und somit – auch mit den Wehren – zum Trainieren noch unattraktiver. Erst wieder von Mollis aus werden auch begleitete Touren bis zum Walensee und nach Ziegelbrücke angeboten.

Je nach Wasserstand ändert sich die Gefahr am Wehr

Eins der Glarner Wehre verfügt über eine befahrbare Fischtreppe. Dort könne man es recht gut überwinden. Unter bestimmten Umständen könne man sogar über die Wehre fahren. Aber nur mit der entsprechenden Erfahrung. «Wenn wir das mit unseren Mitgliedern üben, dann stehen hinter dem Wehr immer mehrere Leute mit Wurfseilen. Denn: «Die Wehre sind so gebaut, dass man – wenn man kentert – alleine nicht mehr rauskommt».

Dabei ist auch der Wasserstand entscheidend. Geplante Touren müssen im Vorfeld immer gut angeschaut werden. «Ein Wehr, das bei niedrigem Wasserstand zu befahren ist, kann bei hohem Wasserstand absolut tödlich sein. Die Höhe des Wehrs spielt dabei keine grosse Rolle. Niedrige Wehre können unter Umständen sogar gefährlicher sein», so Pollak.

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