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Ramoschs Wahrzeichen ist wieder sicher

Die Burgruine von Tschanüff war über Jahrhunderte ein strategisch zentraler Standort, um die Marktwege durch das Engadin zu sichern. Dank den Lehrlingen des Graubündnerischen Baumeisterverbands ist dieses historische Baudenkmal auch für die Zukunft gesichert.

29.06.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Bereit für das nächste Jahrhundert: Nach der Sicherung soll die Burgruine Tschanüff für die Öffentlichkeit zugänglich werden.
Bereit für das nächste Jahrhundert: Nach der Sicherung soll die Burgruine Tschanüff für die Öffentlichkeit zugänglich werden.
FADRINA HOFFMANN

Gut sichtbar thront die Burgruine Tschanüff über dem Bergbach Brancla. Wer an Ramosch vorbeifährt, kann dieses Bauwerk nicht übersehen. Im Innern der Burgruine waren bisher aber wohl die Wenigsten. Auch Einheimische kennen «il chastè da Tschanüff» kaum. «Als Kind wurden wir gewarnt, auf keinen Fall in die Ruine zu gehen, das sei viel zu gefährlich und ausserdem spuke es hier», sagt Georg Luzzi. Er ist in Ramosch aufgewachsen und ist heute Präsident der Fundaziun Tschanüff.

An diesem Morgen ist er zu einem feierlichen Anlass in der Burgruine erschienen. Gefeiert wird der Abschluss der letzten Bauetappe zur Sicherung des Kulturdenkmals. Vor zehn Jahren sind die Sicherungsarbeiten am historischen Gemäuer gestartet. Dies geschah im Rahmen eines überbetrieblichen Kurses des Graubündnerischen Baumeisterverbandes (GBV). Die lernenden Maurer und Baupraktiker erhalten jeweils während einer Woche die Gelegenheit, am authentischen Objekt den Umgang mit Naturstein zu erlernen. «In Graubünden gibt es viele kulturhistorische Objekte. Wir leisten einen Beitrag dazu, diese für künftige Generationen zu erhalten», sagt Andreas Felix, Geschäftsführer GBV.

300 Jahre älter als vermutet

In den Jahren 2008, 2010 und jetzt 2018 haben Lehrlinge an der Sicherung der Burgruine Tschanüff gearbeitet. Auch während der Führung für Medien und Partner arbeiten die jungen Männer weiter. Sie schieben Schubkarren mit schweren Steinen den steilen Hang hoch, sie schichten, mörteln, mauern.

Gemäss Johannes Florin von der Denkmalpflege Graubünden ist die Burgruine Tschanüff ein historisches Monument von nationaler Bedeutung. Tschanüff ist auch die grösste und baulich bedeutendste Burgruine im Engadin. Bisher ging man davon aus, dass die Burg im 13. Jahrhundert gebaut wurde. Doch die jüngsten dendrochronologischen Messungen an Hölzern einer Latrine im Mauerwerk haben ergeben, dass diese aus dem Jahr 957 stammen. «Damit ist die Burg noch 300 Jahre älter als angenommen», so Florin.

Knapp 1,5 Millionen Franken hat die Gesamtkonservierung der Burgruine Tschanüff gekostet. Der Kanton Graubünden übernimmt 30 Prozent. «30 Prozent müssen die Leute vor Ort aufbringen», erklärt Florin. Der Rest wird über die Naturalarbeit des Graubündnerischen Baumeisterverbands gedeckt. Auch Zivildienstleister haben viel Arbeit in die Sicherung der Ruine gesteckt. Gemäss Nutal Peer, Mitglied der Fundaziun Tschanüff, sind für die letzte Bauetappe 750 000 Franken budgetiert worden. Nun fehlen noch rund 300 000 Franken. «Wir sind aber sehr gut unterwegs und zuversichtlich, dass die Finanzierung zustande kommt.»

Eine rätselhafte Entdeckung

Peer ist Bauingenieur und ebenfalls «Ramoschan». Auch er kann sich gut an die Warnungen der Erwachsenen erinnern, die Ruine niemals zu betreten. Die Geschichte von der grausigen «muoja alba» (Weisse Mese) und den fallenden Steinen hat in den vergangenen Jahrzehnten bei den Kindern von Ramosch wohl für manchen Albtraum gesorgt.

Mit der Sicherung kann nun ein neues Kapitel für die Burgruine eingeläutet werden. «In Zukunft möchten wir Tschanüff wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen», sagt Fundaziun-Präsident Luzzi. Hier sollen bald auch Veranstaltungen realisiert werden können. Eine Umgebungsgestaltung ist ebenfalls geplant.

Nach den Erläuterungen der Redner dürfen die Besucher den westlichen Wehrturm erklimmen – eine Möglichkeit, die sich nur dank der Baugerüste ergibt, denn der Turm ist durchgängig gemauert. Oben angekommen, gibt es eine Überraschung: eine Plattform mit zwei unterschiedlichen Niveaus. Etwas Ähnliches haben bisher nicht einmal die ebenfalls anwesenden Mitarbeiter des Ar- chäologischen Dienstes gesehen. Was es mit diesem 2-Stufen-Dach auf sich hat, dieses Phänomen soll nun untersucht werden.

Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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