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Nachbarn gewinnen Lärmstreit um Haus Mariasee in Weesen

Anwohner des Hauses Mariasee in Weesen erlangen einen Erfolg vor dem Verwaltungsgericht. Ihre Beschwerde wegen Feierlärm vom Nachbargrundstück wurde gutgeheissen. Der Besitzer des Hauses kündigt an, Konsequenzen zu ziehen.

Christine
Schibschid
29.06.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Zankapfel: Im Haus Mariasee kehrt nun Ruhe ein.
Zankapfel: Im Haus Mariasee kehrt nun Ruhe ein.
MARKUS TIMO RÜEGG

Das Haus Mariasee in Weesen ist ein prächtiges Jugendstilgebäude an bester Lage am Walensee. Besitzer ist der Kanton Zürich. Er nutzt das Haus seit vielen Jahren für Hauswirtschaftskurse und andere Schulungszwecke. 2010 und 2011 wurde es renoviert. Seitdem vermietet der Kanton Zürich es auch für Anlässe der Gemeinde Weesen oder Privatveranstaltungen wie Hochzeiten und Geburtstagsfeiern. Damit soll wegen eines Lärmstreits mit den Nachbarn nun aber Schluss sein. Die Anwohner errangen einen Sieg vor dem kantonalen Verwaltungsgericht.

Streit dauert seit Jahren an

Obwohl das Haus seit dem Jahr 2011 an Externe vermietet wurde und es somit eine Nutzungsänderung gab, wurde dafür nie ein Bewilligungsverfahren durchgeführt. Die Nachbarn fühlten sich gestört von den Feiern nebenan – vor allem im Sommer und an Wochenenden.

Sie monierten, dass Feste in ausgelassener Stimmung gefeiert würden, teils mit Livebands. Die Feiernden würden sich vor allem im Garten aufhalten, auch mal an der Grundstücksgrenze urinieren und, was den Lärm angehe, keine Grenzen kennen. Die Lärmbelastung halte teils über Stunden oder sogar mehrere Tage an. Auch Feste der Gemeinde seien mit Musik und Lärm verbunden, so die Anwohner.

Diese Anlässe tolerierten sie laut der Gerichtsunterlagen aber, weil sie darin ein öffentliches Interesse sahen. Die Gemeinde führt jährlich ihr Spätsommerfest «Viva Riviera» beim Haus Mariasee durch. Zuletzt hatte sie die Veranstaltung aus Rücksicht auf die Nachbarn aber an die Seepromenade verlegt, wie Gemeindepräsident Marcel Benz sagt.

Gemeinderat sah kein Problem

Wegen des Lärms legten die Nachbarn schon 2012 Beschwerde beim Gemeinderat ein. Sie monierten, dass die Vermietung des Hauses nicht zonenkonform sei und regelmässig Grenzwerte überschritten würden und forderten Massnahmen zur Lärmreduktion.

Der Gemeinderat trat auf die Beschwerde aber nicht ein. Er hielt weder ein nachträgliches Bewilligungsverfahren noch andere Massnahmen für erforderlich. Die Anwohner gaben sich damit nicht zufrieden und fochten die Entscheidung an. Das nun zuständige kantonale Baudepartement hiess ihren Rekurs 2015 gut, verwies die Sache aber zurück an den Gemeinderat. Der sah weiter keinen Handlungsbedarf.

Anwohner kämpften weiter

Die Anwohner legten also erneut Rekurs ein, dieses Mal wies ihn das Baudepartement allerdings ab. Dort sahen die Verantwortlichen angesichts der Nutzung für Feiern zwar eine Zweckänderung, sie gingen aber davon aus, dass sich die neuen Anlässe nicht wesentlich von den vorherigen Veranstaltungen der Hauswirtschaftsschule unterscheiden würden. Der Benutzerkreis werde nicht vergrössert, und die Anlässe würden nicht deutlich mehr Lärm machen als die Veranstaltungen der Hauswirtschaftsschule, hiess es. Es handle sich daher nicht um eine bewilligungspflichtige Zweckänderung.

Gericht gibt Anwohnern recht

Auch diesen Entscheid wollten die Anwohner nicht hinnehmen. Deshalb landete die Sache zuletzt vor dem Verwaltungsgericht. Die Richter dort wiesen darauf hin, dass auch reine Umnutzungen bewilligungspflichtig sein können, etwa wenn ein Interesse der Nachbarn an einer vorgängigen Kontrolle besteht. «Sind die mit der neuen Nutzung verbundenen Auswirkungen intensiver als die bisherigen, so ist von einer bewilligungspflichtigen Nutzungsänderung auszugehen», heisst es in der Erwägungen des Gerichts. Die Richter werteten die Vermietung der Liegenschaft ab 2011 als Zweckänderung.

Wie in ihrem Entscheid steht, ist unumstritten, dass bei Feiern der Gemeinde Hunderte Personen teilnahmen und es vereinzelt private Feiern mit mehr als 200 Gästen gab. «Eine Vergrösserung des Benutzerkreises kann daher – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – nicht in Abrede gestellt werden.» Es sei unklar, wieso kein Bewilligungsverfahren durchgeführt worden sei.

Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde der Nachbarn gut und verwies die Sache zur Durchführung eines Bewilligungsverfahrens zurück an die Gemeinde. Sie sollte auch Lärmschutzmassnahmen prüfen.

Gemeinde muss anderswo feiern

Auf die Frage, wie es nun weitergeht, sagte Gemeindepräsident Benz: «Der Kanton Zürich muss entscheiden, ob er den Entscheid des Verwaltungsgerichts anfechtet. Tut er dies nicht, kann er bei der Gemeinde ein Gesuch um Nutzungsänderung einreichen.» Die Entscheidungen der Gemeinde, die das Verwaltungsgericht korrigiert habe, seien vor seiner Amtszeit gefällt worden.

Der Kanton Zürich hat nicht vor, das Urteil anzufechten, teilt Wolfgang Bollack, Sprecher der zuständigen Baudirektion, mit. Auch ein Baugesuch wolle man vorläufig nicht einreichen, «da dies ein weiteres langwieriges und kostspieliges Rechtsverfahren nach sich ziehen dürfte».

Der Kanton Zürich werde daher künftig darauf verzichten müssen, Haus und Garten an die Gemeinde und private Festgesellschaften zu vermieten. «Das Haus Mariasee wird künftig nur noch durch den Kanton Zürich selbst genutzt», so Bollack.

Benz bedauert diesen Entscheid. «Insbesondere für unsere vereinzelten Gemeinde-Anlässe im Mariasee haben wir die bisherige Partnerschaft sehr geschätzt», teilt er mit. «Wir hoffen für die Zukunft, dass hier nicht das letzte Wort gesprochen ist.» Den Anlass «Viva Riviera» werde die Gemeinde auch dieses Jahr wieder direkt an der Seepromenade durchführen.

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SCHON WIEDER die uralte leidige-leidvolle Geschichte: Weil einfach niemand kapieren will, dass man Lärmenthusiasten und Stillebedürftige (was notabene der Naturzustand ist!) geografisch trennen muss, was bereits im Beobachter 9.10.2000 (!) in einem hochinteressanten Artikel Fachpersonen forderten: Lärmfreie Räume, Ruhereservate.
https://www.beobachter.ch/larm-zu-viel-krach-wohin-man-hort-0
http://antisozial.webnode.com/
https://gr-wilder-westen.webnode.com/
Ich schreibe seit etwa drei Jahren über Fraktionierung/Melioration, meinen "Gesundheitstourismus auch für Einheimische" (der noch weiteres Essenzielles ausser Stille bieten würde angesichts "traumhafter" Krankenwesenleiden/kostensteigerungsraten).
Eine Leserbriefschreiberin im Gesundheitstipp: Stille löse bei ihr Wonnegefühle aus. Aus meinem Leserbrief im Ktipp: "Auf Grabsteinen steht 'Ruhe in Frieden' – warum nicht bereits zu Lebzeiten?"
Lärm: Mit der bisherigen Schein-Ordnung (Wohnzonen und Industriezonen finde ich Augenauswischerei, das "Resultat" unnötige Ressourcenvergeudung der Beteiligten, denn man könnte das Problem ursächlich lösen, wenn man WILL) wird ständig fortlaufend neues Leid erzeugt. Ob Brigels, Bolgenplaza Davos (etwa 2002-2016) oder hier Haus Mariasee in Weesen (2012-2018), alle die Ochsentour bis vor Bundesgericht: die Liste ist ENDLOS und die Opfer leiden viele Jahre lang unter dem Lärm UND müssen für Gegenwehr enorme Kräfte aufbringen - wozu insbesondere Chronischkranke (wie Dauerkopfschmerzen, Herz/Kreislauf, Hirnschlag/Blutdruck, CFS, Vegetative Dystonie, Panikattacken etc.), also diejenigen, die AM MEISTEN leiden, erst recht nicht fähig sind in der Regel (schon für Gesunde ist es eine Plagerei; der Beobachter berichtete in seiner Titelstory kürzlich über einen Mann, der 25 Jahre vor Gerichten kämpfte, gewann, aber psychisch und finanziell ruiniert war, das nenne ich Pyrrhussieg, so ist unser Justizsystem, gegen die Opfer/Schwachen tendenziell, so sehe ich es). Bis "einigermassen" Gerechtigkeit hergestellt ist, sind viele einmalige Lebensjahre der Opfer vergällt-vergeudet - und die Verursacher gehen "straffrei" aus, das "höchste der Gefühle" für die ist höchstens, nach längerer Ausübung ihres "Tuns" später mal das zu unterlassen. Ich sehe darin eine ausgeprägte Einladung für jeden Starken, es gegen Schwache "zu tun".
Minderheitenschutz? Leider auch in der Schweiz verschwindend:
https://www.youtube.com/watch?v=NmMi4enZt48&t=907s
Siehe Kommentar:
https://www.suedostschweiz.ch/politik/2018-06-26/bis-2030-braucht-es-in…
...
Symptom oder Ursache? Eugen Arpagaus?
https://www.suedostschweiz.ch/tourismus/2018-06-27/auszeichnungen-fuer-…
Wenn man sich seit Dekaden die Zukunft nicht nachhaltig/turnaroundend "ausMALEN" will/kann, tut man sich halt Marketing "ausZEICHNEN". Leute, es braucht einen PICASSO im "Gesundheits-/Tourismus auch für Einheimische", meine stete Rede.
Denn was hier dargestellt wird - inkl. Landwasserviadukt, dem neuen Werbefokus - gibts ja schon lang, ist nichts Neues, war schon bisher weder bahnbrechend noch Leuchtturm. Ladenhüter in schöneres Geschenkpapier verpacken, was solls, wer kauft denn so was?
Im Fokus der Kritik: Eugen Arpagaus!
Siehe Kommentare:
https://www.suedostschweiz.ch/tourismus/2018-06-25/buendner-tourismus-e…
https://www.suedostschweiz.ch/politik/arpagaus-verlaesst-graubuenden-fe…
https://www.suedostschweiz.ch/leserbriefe/2018-06-24/sbb-unterstuetzt-i…

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