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Tötungsversuch oder Notwehr?

Das Regionalgericht Landquart befasste sich am Mittwoch mit der eingeklagten versuchten vorsätzlichen Tötung, die 2015 an der Zizerser Fasnacht begangen wurde.

30.05.18 - 21:18 Uhr
Ereignisse
Das Urteil steht noch aus.
Das Urteil steht noch aus.
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Der versuchten vorsätzlichen Tötung angeklagt steht seit heute ein 25-jähriger Bündner in Landquart vor Gericht. In der Nacht auf den 8. Februar 2015 war der Angeklagte mit seiner Freundin und Kollegen an der Fasnacht in Zizers. Als er etwa um 3.20 Uhr mit seinem Auto beim Restaurant Löwen vorbei fuhr, stellte er fest, dass drei seiner Kollegen in eine Auseinandersetzung mit einem ihm unbekannten Mann verwickelt waren. Er hielt an, stieg aus und mischte sich in die Auseinandersetzung ein. Er versuchte den grösseren, aufgebrachten Mann zu beruhigen und bat ihn seine Kollegen in Ruhe zu lassen. Der Mann war aggressiv, schlug wild um sich und beschimpfte mehrere Personen. Er schubste den Angeklagten ein paar Mal, schüttelte und beleidigte ihn.

Angeklagter setzte Baseballschläger ein

Als die Situation sich nicht beruhigte, holte der Angeklagte einen Baseballschläger, das Spielzeug seines Hundes, aus seinem Auto, um den Mann damit einzuschüchtern. Erneut forderte er den Mann auf, aufzuhören und ihn und seine Kollegen in Ruhe zu lassen. Doch der Mann schlug weiter um sich, betitelte den Angeklagten als «Hurensohn», lachte ihn aus und fragte ihn, was er mit diesem «Hölzchen» machen wolle. Er provozierte den Angeklagten und forderte ihn heraus. Er drohte dem Angeklagten, dass er mit jemandem zurückkommen und dieser ihn umbringen werde.
 
Der Mann schubste den Angeklagten erneut und machte dann eine Bewegung mit der Hand, wie wenn er etwas aus einer Jackentasche nehmen würde. Der Beschuldigte holte dann beidhändig mit dem Baseballschläger aus und schlug diesen heftig auf den Kopf, worauf der Mann zu Boden stürzte. Danach stieg der Angeklagte in sein Auto und fuhr davon. Nachdem er hörte, dass der Mann lebensgefährlich verletzt wurde, warf er den Baseballschläger in den Rhein. Noch gleichentags wurde er verhaftet.

Opfer schwer verletzt

Das Opfer erlitt durch den Schlag ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, eine Schädelfraktur und Hirnblutungen. Verletzungen, die ohne notfallmässige ärztliche Behandlung tödlich gewesen wären.

«Ich habe falsch reagiert»

Am Prozess im Forum im Ried wurde das Opfer unter Ausschluss der über 30 Zuschauer befragt. Der 25-jährige Mann sagte aus, dass er sich den Umständen entsprechend gut erholt habe, allerdings bei verschiedenen Tätigkeiten eingeschränkt sei. Bei der Befragung des Angeklagten, hielt dieser fest, dass er den Mann nur einschüchtern, aber nicht verletzen wollte. «Ich habe falsch reagiert und es tut mir leid, dass ich den Mann verletzt habe. Er ging auf mich los und ich fühlte mich in die Enge getrieben. Ich hatte Todesangst», erklärte er vor Gericht. Und weiter: «Ein grosser Fehler war auch, dass ich danach davongefahren bin». Sein Verteidiger stellte mehrere Beweisanträge, die vom Gericht jedoch abgelehnt wurden.
 

Fünfeinhalb Jahre gefordert

«Wir haben es mit einer Tragödie für alle Betroffenen zu tun» erklärte der Staatsanwalt zu Beginn seines Plädoyers. Der Angeklagte habe mit dem Schlag tödliche Verletzungen in Kauf genommen. In einer Notwehrsituation habe er sich nicht befunden. Der Staatsanwalt forderte Schuldspruch und beantragte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Der Anwalt des Opfers hielt fest, dass sein Mandant für den Rest seines Lebens invalid sei und dass er die Schadenersatz- und Genugtuungsforderung an einem Zivilprozess beziffern werde.
 
Der Verteidiger bemängelte die Beweiswürdigung, es gebe auch den Verdacht einer falschen Zeugenaussage. Der Schlag sei eine reaktive spontane und nicht zielgerichtete Abwehrbewegung auf einen Angriff gewesen. Sein Mandant habe in entschuldbarer Notwehr gehandelt und sei von Schuld und Strafe freizusprechen. In seinem Schlusswort entschuldigte sich der Angeklagte nochmals und meinte, wenn er könnte, würde er die Zeit zurückdrehen und es anders machen. Das Urteil wird am Donnerstag eröffnet.
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