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Kesb-Prozess kostet über eine halbe Million Franken

Kläger und Beklagte haben im Streit um die Kesb-Berichte der ON bisher über 500 000 Franken aufgewendet –und es werden noch mehr. Dennoch gibt es Chancen, dass die Steuerzahler verschont bleiben.

Südostschweiz
19.04.18 - 16:50 Uhr
Ereignisse
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Rapperswil-Jona: Eingang Kesb
Am Ende profitieren die Juristen: Der erstinstanzliche Prozess um die Kesb-Berichte der «Obersee Nachrichten» (ON) hat Anwaltskosten von mindestens 510 000 Franken verursacht. Dies geht aus der detaillierten Urteilsbegründung hervor, die das Kreisgericht in Mels diese Woche den Medien zugestellt hat. 376 000 Franken fallen aufseiten der Kläger an, auf Seiten der Beklagten hat allein der letzte von drei Rechtsvertretern eine Honorarforderung von 134 000 Franken gestellt. Dazu kommen die Forderungen seiner Vorgänger, die in dem Entscheid nicht thematisiert werden. Kläger sind die Stadt Rapperswil-Jona als Trägerin der Kesb Linth und Kesb-Präsident Walter Grob; beklagt werden die Obersee Nachrichten AG und ihr ehemaliger Verleger Bruno Hug.
 

Doch damit nicht genug: Weil Hug in Berufung geht und den Fall notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterziehen will, werden die Kosten weiter anwachsen – dies neben den Gerichtsgebühren, die zusätzlich anfallen. 18 000 Franken kostet allein der Entscheid des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland; drei Viertel davon sollen nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil die weitgehend unterlegenen Beklagten übernehmen. Das Gericht ist zum Schluss gelangt, dass Hug und sein Redaktor Mario Aldrovandi in 56 Ausgaben der «Obersee Nachrichten» eine persönlichkeitsverletzende Kampagne gegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und ihren Präsidenten geführt hätten.

Ganze Region muss zahlen

Brisant an der Kostenfrage ist der Umstand, dass die Kesb als staatliche Behörde von den Steuerzahlern getragen wird – und zwar aus der ganzen Region See-Gaster. Denn die Stadt Rapperswil-Jona führt die Kesb im Auftrag aller zehn Gemeinden. Von den bisherigen Anwaltskosten hat die Stadt gemäss einer Vereinbarung rund 225 000 Franken übernommen, die restlichen rund 150 000 Franken gingen zulasten der übrigen Gemeinden.

Nicht an den Kosten beteiligen muss sich Kesb-Präsident Grob. Laut Roland Manhart, der im Stadtrat von Rapperswil-Jona für die Kesb zuständig ist, trägt die öffentliche Hand seinen Anteil. Grob habe in seiner Funktion als Angestellter geklagt, erklärt Manhart.

Nach dem erstinstanzlichen Urteil des Kreisgerichts sieht es danach aus, dass die Kesb-Gemeinden nicht auf den Anwaltskosten von 376 000 Franken sitzen bleiben, die sich bis jetzt für sie angehäuft haben. Denn gemäss dem noch nicht rechtskräftigen Entscheid wird ein Anteil von 160 000 Franken auf die Beklagten abgewälzt. Diesen Verteilschlüssel begründet das Gericht damit, dass die Kläger zwar weitgehend, jedoch nicht durchwegs Recht bekommen hätten.

Grob fordert Genugtuung

Klägeranwalt Adrian Bachmann ist zuversichtlich, dass die Berufungsinstanzen den Klägern mehr Geld zusprechen: «Wir sind optimistisch, dass wir uns in den beiden Punkten, in denen wir in Mels unterlegen sind, ebenfalls noch durchsetzen.» Dabei geht es zum einen um eine Genugtuung von 25 000 Franken für Kesb-Chef Grob zugunsten einer sozialen Einrichtung, zum anderen um ein Verbot gewisser persönlichkeitsverletzender Aussagen für Hug und Aldrovandi. «Wenn wir schon in die Berufung müssen, werden wir diese Punkte wieder aufs Tapet bringen», kündigt Bachmann an. Wie er betont, hätten die Kläger das Urteil von sich aus akzeptiert und nicht ans Kantonsgericht in St. Gallen weitergezogen.

Auch wenn die Kläger vollumfänglich Recht erhalten sollten: Ein Teil der Anwaltskosten wird an ihnen hängen bleiben. Dies, weil die Gerichte von einem Stundenansatz ausgehen, der unter dem Tarif eines Fachanwalts liegt. Von den 376 000 Franken, die Bachmann der Stadt verrechnet hat, anerkennt das Kreisgericht 320 000. Seinen Arbeitsaufwand – er schrieb für sich und seine Leute 1147 Stunden auf – werten die Richter als «angemessen und ausgewiesen».

Den Gemeinden winkt ein Gewinn

Weiteres Geld winkt den Klägern aus einem abgetrennten Teilverfahren, das noch beim Kreisgericht hängig ist. Darin geht es um die Herausgabe des Gewinns, den die Obersee Nachrichten AG, eine Tochterfirma der «Südostschweiz»-Herausgeberin Somedia, dank der Kesb-Artikel erzielt hat. Da die Firma den Entscheid im Hauptverfahren akzeptiert, dürfte über die Gewinnherausgabe demnächst verhandelt werden. Bachmann hält es für «gut möglich», dass die Kesb-Gemeinden aus dem Rechtsstreit am Ende sogar einen Gewinn erzielen.

Mit dieser Option haben sich die zuständigen Behörden noch nicht beschäftigt: «Wir müssten erst finanzrechtlich abklären, wie ein solcher Gewinn zu verwenden ist», sagt Roland Manhart, der zuständige Stadtrat in Rapperswil-Jona.

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