×

Der Deal mit dem Dealer

Weil ein Metzger aus Albanien in Bilten mit Heroin gehandelt hat, muss er zwei Jahre hinter Gitter. Oder müsste. Denn die Strafe dürfte bedingt ausgesprochen werden. Dazu kommt ein Landesverweis. Vor Gericht erschien der Mann nicht. Er ist längst wieder in Albanien.

Marco
Häusler
15.01.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Drogen
Nicht nur einmal stellte die Polizei Heroin sicher.
KANTONSPOLIZEI GLARUS

Die Glarner Staatsanwältin und der Verteidiger des beschuldigten Albaners sind sich einig: Der Mann war ein Läufer, kein «Drogenbaron», sondern ein Mitglied der untersten Hierarchiestufe. Als solches hatte der 27-Jährige am 26. Juni 2017 einem Komplizen in Bilten «eine Portion Heroin ausgehändigt, damit dieser das Heroin nach Zürich transportiere», wie in der Anklageschrift steht. Brutto sollen es gemäss dieser 49,6 Gramm gewesen sein, netto 6,8 Gramm, was einen Reinheitsgrad von 14 Prozent ergibt.

Auch «auf der Gasse» wäre das eher lausig. Laut dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) betrug der Reinheitsgrad 2016 bei beschlagnahmten Kleinmengen von weniger als einem bis höchstens 10 Gramm Heroin 18 bis 19 Prozent. Immerhin zu 56 Prozent rein soll das rund 500 Gramm schwere Heroin gewesen sein, das der Beschuldigte am Tag darauf bei einem Waldstück in einem grossen Einmachglas versteckte.

Aus dem Wald in den Knast

«Um zirka 15.45 Uhr» wird auch das in der Anklageschrift präzise festgehalten. Laut dieser kam der albanische Dealer nur in die Schweiz, um Drogen zu verkaufen, wie er selbst angegeben hatte. «Und zwar aus finanziellen Gründen.» Denn mit dem albanischen Auftraggeber hatte der Beschuldigte vereinbart, als «Monatslohn» für seine «Dienstleistungen» 2000 Franken zu erhalten. Noch am Tag seines Ausflugs in das Waldstück in Bilten befand sich der «Dienstleister» nur eine Stunde danach in Untersuchungshaft. Vorgeworfen wird ihm eine ganze Liste von Vergehen «im Wissen oder in der Annahme, dass die Widerhandlung die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann». In diesem Wissen soll der Mann mehrfach Drogen unbefugt gelagert, versandt, befördert, ein- und ausgeführt, besessen, aufbewahrt, erworben und veräussert haben. Oder er hat sie «auf andere Weise erlangt, einem andern verschafft, oder in Verkehr gebracht».

Getan hat das der Albaner mit insgesamt «mindestens 286,8 Gramm reinem Heroin, welches letztlich für den Verkauf bestimmt war». Auf dem Markt müssten sich damit laut aktuellen Schätzungen bei «Gassenpreisen» von 20 bis 30 Franken pro Gramm zwischen 5700 und 8600 Franken erzielen lassen. Noch 2013 ging das Fedpol aber je nach Region von Preisen zwischen 44 und 70 Franken pro Gramm aus.

Kurzer Prozess

Bereits im Vorfeld der Verhandlung vor dem Glarner Kantonsgericht hatten sich die Staatsanwältin und der Rechtsanwalt des nicht vorbestraften Beschuldigten auf einen Urteilsvorschlag geeinigt, den sie sich im abgekürzten Verfahren absegnen lassen wollten. In diesem ist für die «mehrfachen qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz» eine auf zwei Jahre Bewährung bedingt ausgesetzte Freiheitsstrafe von 24 Monaten vorgesehen. Dazu kommt ein Landesverweis von neun Jahren.

Dieser weise «über weite Strecken Strafcharakter auf», steht in der Anklage. In der Verhandlung taxierte der Anwalt des Beklagten das Strafmass zwar als hoch. Denn sein Mandant habe tatsächlich auf einer sehr tiefen Hierarchiestufe des Drogenhandels agiert und das mit einer relativ geringen Menge reinen Heroins. Weil die Freiheitsstrafe aber bedingt ausgesetzt werden soll, sei das akzeptabel.

Auch die Staatsanwältin betrachtete den Beschuldigten als kleinen Fisch. «Eine gewisse kriminelle Energie ist bei ihm aber vorhanden», erklärte sie mündlich. Schriftlich hatte sie schon in der Anklage festgehalten, dass die Menge reinen Heroins «beträchtlich» gewesen sei, womit das Verschulden als «erheblich» bezeichnet werden müsse.

Völlig unerheblich war der Zeitaufwand für das Verfahren. Nach knapp zehn Minuten konnte der Kantonsgerichtspräsident den Parteien mitteilen, dass er ihnen seinen Entscheid schriftlich zustellen werde. Der Anwalt des Albaners wird diesem das Schreiben in die Heimat weiterleiten. In diese wurde der Mann mit seinem Einverständnis am 11. Dezember 2017 ausgeschafft.

Marco Häusler ist Dienstchef der Zeitungsredaktion «Glarner Nachrichten». Er absolvierte den zweijährigen Lehrgang an der St. Galler Schule für Journalismus und arbeitete bei der ehemaligen Schweizerischen Teletext AG und beim «Zürcher Unterländer», bevor er im Februar 2011 zu Somedia stiess. Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Ereignisse MEHR