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«Obersee Nachrichten» kassieren Schlappe vor Gericht

Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland heisst die Klage von Kesb-Linth-Chef Walter Grob und der Stadt Rapperswil-Jona gegen die «Obersee Nachrichten» fast vollumfänglich gut: Die Gratiszeitung habe eine persönlichkeitsverletzende Kampagne geführt. Die unterlegene Partei will nun das Urteil prüfen.

Südostschweiz
13.12.17 - 04:30 Uhr
News
Angespannt: Bruno Hug (Mitte) und Mario Aldrovandi (rechts) warten mit ihrem Anwalt Daniel Glasl auf die Verhandlung.
Angespannt: Bruno Hug (Mitte) und Mario Aldrovandi (rechts) warten mit ihrem Anwalt Daniel Glasl auf die Verhandlung.
PASCAL BÜSSER

Für die «Obersee Nachrichten» (ON) und ihren Verleger Bruno Hug kommt es knüppeldick: Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland gibt Kesb-Linth-Chef Walter Grob und der Stadt Rapperswil- Jona fast in allen Punkten ihrer Klage wegen Persönlichkeitsverletzung recht. Dies wurde gestern bekannt. Der Prozess fand schon am letzten Dienstag statt, doch zog sich die Urteilsfindung in dem aufwendigen Verfahren über mehrere Tage hin. Über 2000 Seiten Papier hatten allein die Kläger eingereicht (Ausgabe vom 6. Dezember).

Die Worte in dem gestern veröffentlichten Urteil sind eindeutig: Die ON, ihr Verleger Bruno Hug und ihr Redaktor Mario Aldrovandi hätten gegen Grob und die Stadt Rapperswil-Jona als Trägerin der Kesb Linth eine persönlichkeitsverletzende Kampagne geführt. Erwähnt werden Berichte und Leserbriefe in 56 Ausgaben der Gratiszeitung zwischen September 2014 und August 2016. Zudem zitiert das Gericht 63 Posts von Lesern, welche die Zeitung auf ihrer Facebook-Seite zugelassen hat.

«Kampagne war Klatschpresse»

Für die Richter steht fest, dass die ON das Ziel verfolgten, die Kesb Linth und Walter Grob in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. «Dabei fallen nicht nur die einzelnen Medienberichte, sondern auch die über einen langen Zeitraum andauernde, intensive und tendenziöse Berichterstattung ins Gewicht», heisst es in der Begründung. Das Gericht spart nicht mit eindeutigen Worten: «Die Kampagne diente zumindest bald nicht mehr einem nennenswerten Informationsbedürfnis, sondern muss als Klatschpresse bezeichnet werden.»

Die Konsequenzen für die Zeitung wiegen schwer. Erstens muss sie in allen Online-Archiven die beanstandeten Texte gut lesbar mit dem Hinweis versehen, dass sie Teil einer persönlichkeitsverletzenden Kampagne sind. Zweitens muss sie die 63 zitierten Facebook-Posts löschen. Drittens muss sie das Urteil in ihrem Blatt publizieren und auf ihrer Facebook-Seite mit einem Link darauf hinweisen.

Keine Genugtuung für Grob

Unterlegen sind die Kläger nur in einem Punkt. Kesb-Chef Grob hatte eine Genugtuung von 25 000 Franken zugunsten einer sozialen Einrichtung gefordert. Darauf wollte das Gericht nicht eintreten, weil die Kampagne auf ihn als Funktionsträger und nicht als Privatperson abgezielt habe. Diese Teilniederlage ist auch der Grund, weshalb die Kläger einen Viertel der Gerichtskosten von 12 000 Franken tragen müssen. Die restlichen 9000 Franken gehen zulasten der Beklagten. Zudem müssen Hug und die ON den Klägern eine Parteientschädigung von 160 000 Franken überweisen. Damit sind laut Klägeranwalt Adrian Bachmann gut die Hälfte der Kosten gedeckt, die der Rechtsfall der Stadt Rapperswil-Jona bis jetzt beschert hat.

«Die Kampagne war ein Auswuchs, wie ich ihn in meiner Karriere noch nie erlebt habe.»

In einem separaten Verfahren wird das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland über ein weiteres Begehren der Kläger befinden. Diese verlangen eine Herausgabe des Gewinns, den die Zeitung dank ihrer öffentlichkeitswirksamen Artikel über die Kesb erzielt hat.

Klägeranwalt Bachmann nimmt den Entscheid erfreut zur Kenntnis: «Die Kampagne der ON war sowohl von der Masse als auch von der Schärfe her ein Auswuchs, wie ich ihn in meiner langen Karriere als Medienanwalt noch nie erlebt habe.» Neben seinen Klienten freue er sich auch für die ehemaligen Stadtregierungsmitglieder Erich Zoller und Pablo Blöchlinger, deren Abwahl er der Berichterstattung in den ON zuschreibt. Durch das Urteil würden die beiden Politiker nun rehabilitiert.

Stadt hat wichtigstes Ziel erreicht

Erfreut zeigt sich auch Stadtrat Roland Manhart, der in Rapperswil-Jona das Kesb-Dossier führt: «Wir haben unser wichtigstes Ziel erreicht, nämlich unsere Mitarbeiter vor Persönlichkeitsverletzung zu schützen.» Kesb-Chef Grob war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Beklagten und ihr Anwalt Daniel Glasl wollen sich zu dem Urteil noch nicht äussern. Erst müsse man die Begründung studieren, erklärt das ON-Mutterhaus Somedia, das auch die «Südostschweiz» herausgibt.

Der Entscheid des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb von zehn Tagen haben die Parteien die Möglichkeit, beim Kantonsgericht in St. Gallen Berufung einzulegen.

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Nun das Urteil war zu erwarten! Kein Gericht im Kt. SG wird ein Urteil gegen die KESB fällen, da ein solches eine Lawine auslösen würde und verschiedenen Missstände offen gelegt würden. Störend am ganzen Ablauf ist, dass das Gericht nicht hinterfragt hat, ob an all den angeblich verleumderischen Artikeln etwas Wahres daran ist. Hätte das Gericht eine rechtlich korrekte sachlich fundierte Abklärung durch geführt, wäre das Urteil vermutlich anders ausgefallen. Ich auf jeden Fall bedanke mich bei Bruno Hug und seinem Team, dass er dieses Thema aufgegriffen hat. Alles Gute Bruno Hug und Mario Altrovandi!!

Das Gericht hat ein Urteil wegen einer angeblichen KAMPAGNE gesprochen, womit es den ON die Verteidigung von verfassungs- und gesetzmässigen Grundrechten zugunsten der Kesb-verfolgten Personen abspricht. Die ON hätte diesfalls auf diese komplizierte Weise einzig die Diskreditierung der Kesb Linth verfolgt. Eine solche Interpretation ist nicht nachvollziehbar. Das Strafgesetz kennt auch den Begriff einer Kampagne nicht.

So wie ich den Artikel gelesen habe ging es ja nicht um eine Kampagne, sondern um die Persönlichkeitsverletzung. Ob es dazu einen Artikel im Strafgesetzbuch geht, weiss ich nicht. Aber im Zivilgesetzbuch gibt's da was zu: Art. 28 ff. ZGB.

Für mich deutet das Urteil eher darauf hin, dass sich an der Spitze der ON langsam eine Veränderung aufdrängt. Aufgedeckt wurden nämlich nicht die Missstände bei der Kesb, sondern Missstände in der Redaktion dieser Zeitung.

Ich kenne da noch einen Geschädigten der Obersee Nachrichten: Medienkampagne durch Bruno Hug selber organisiert im Jahre 2012, danach im Kanton SG Berufsverbot für den Geschädigten, 5 Jahre Kampf gegen die Verwaltung, Mitte 2017 vollständig rehabilitert durch Urteil des Verwaltungsgerichts SG.
Staatshaftungsklage gegen den Kanton SG läuft; geschätzter Schaden 10 Mio sFr.

Nicht nur bei den ON herrschen unsägliche Zustände, diese herrschen auch an vielen Stellen der Kantonalen Verwaltung in SG. Dort würde sich Aufräumen auch lohnen, aber wer soll das machen?

Das Gerichtsurteil ändert nichts an der Tatsache, dass durch die ON, Bruno Hug und Mario Aldrovandi extreme Missstände in der KESB Linth aufgedeckt und beim Namen genannt wurden. Bedenkenswert ist, dass sich die Redaktionen von ZSZ und SO statt mit den an die Öffentlichkeit gebrachten Fällen kritisch auseinander zu setzen früh einseitig und parteiisch auf die ON eingeschossen haben. Ein Wechsel an der Spitze der KESB Linth ist längstens überfällig.

Herzlichen Dank allen Redaktoren, vorab jenen mit kritischen und hinterfragenden Recherchen. Immer wieder wird über Ungereimtheiten berichtet. Ist das den Sache der Redaktionen? Haben wir nicht ein immenses Heer von dafür vom Volk bezahlten Kontrolleuren, Inspektoren und Beamten? Doch da heisst es, wir haben nichts bemerkt, wollen aber mal genauer hinschauen. Mit ein paar Drehern ist Einiges dann aber meist schnell vom Tisch gewischt. Es geht nicht um diese Kesb-Fälle, viele Berichte der ON deuteten auf unsaubere Machenschaften, worüber das Fussvolk auch orientiert sein will. Zu vielen Artikeln gibt es andere Meinungen, aber diese müssen genauso beleuchtet werden. Genau da sehe ich an vielen Orten noch sauberen Handlungsbedarf.

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