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Kampfjets

«Wetten, dass keine vier Monate vergehen, bis wieder über Kampfjets gestritten wird», hatte ich einem Freund mitten in der Coronakrise im März angeboten. Die gewonnene Flasche Rotwein werde ich allerdings mit gemischten Gefühlen trinken: Seit Jahrzehnten wird uns die Notwendigkeit von möglichst viel modernem Kriegsgerät erklärt, ohne dass wir Schweizer hilflos bösen Mächten ausgesetzt sind, die jenseits der Grenzen danach trachten, unseren hart erarbeiteten Wohlstand zu rauben.
Moskau ist gerade mal etwas über 2000 km von der Schweizer Grenze weg; ein Katzensprung für Bösewichte. Auch Pjönjang oder Teheran rücken in der globalisierten Welt bedrohlich nahe und vom Kontrahenten in Washington trennt uns nur der Atlantik! Zu wenig, um ohne Kampfjets der neuesten Generation beruhigt in die Zukunft blicken zu können, behaupten da einige. Mich beunruhigen gerade solche Gedankenspiele!
Die erste wirkliche Bedrohung seit dem zweiten Weltkrieg mit Folgen für die ganze Bevölkerung wird durch ein Virus ausgelöst, das sich weder von Panzern noch Kampfjets beeindrucken lässt. Statt Bomben und Raketen, fehlten Gesichtsmasken und Beatmungsgeräte… Was für eine gigantische Fehlkalkulation derjenigen, die uns eigentlich schützen sollen!
Kaum gehen die Zahlen von Infizierten und Toten zurück, sind sie es wieder, welche die durch das Virus geleerten Staatskassen vergessen und munter über Jets debattieren, die uns 6 Milliarden in der Anschaffung und – nach Presseberichten – 24 Milliarden während ihres sinnbefreiten Daseins kosten.
Auch vor dem nächsten Virus werden diese Todesmaschinen uns nicht schützen können… Und Übrigens auch nicht der ganze andere Militärkram, den die Verteidigungsministerin trotzig besorgen will, falls die nagelneuen Flieger nicht am Schweizer Himmel ihre Kreise drehen können.
Das Coronavirus wird – wie andere Pandemien zuvor – irgendwann eingedämmt werden können. Dazu braucht es keine Kampjets; weder neue noch alte… Und auch das Klima würde es uns danken!

Roman Obrist
29.06.20 - 00:42 Uhr
Leserbrief
Ort:
St.Moritz
Zum Artikel:
«Armeeausgaben sollen steigen», Ausgabe vom 21.02.2020
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Wenn sie sich bereit erklären sich im Konfliktfall mit blossen Fäusten und allenfalls mit einer Hellebarde (und einer Schutzmaske) bewaffnet dem Gegner entgegenzustellen, wohlan, dann dürfen sie ruhig dagegen votieren.