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Krankenkassenvermittler-Provisionen: Unnötige Millionen-Verschleuderung

Durch die Einstellung der Frühjahrssession wird ein weiteres wichtiges Geschäft des Nationalrats auf die lange Bank geschoben. Diesen Freitag hätte das Verbot von Auszahlungen für Vermittlerprovisionen bei Wechseln in der Grundversicherung zur Debatte gestanden. Diese mutige Standesinitiative des Kantons St. Gallen will verbieten, dass jährlich dafür Hunderte von Millionen Franken an Vermittler bezahlt werden. Dieses Geld bringen nämlich die zahlenden Bürger auf, und zwar direkt als Prämienzahler und noch einmal indirekt als Steuerzahler über die individuelle Prämienverbilligung.
Die Grundversicherung ist für alle Bürger Pflicht. Die Leistungen sind für alle Versicherungen gesetzlich vorgegeben. Freier Markt besteht nicht. Die Versicherer kannibalisieren sich und gaukeln durch eigene Produktenamen und undurchsichtige Modelle Unterschiede im Leistungsprogramm vor, die nicht bestehen. Für einen Wechsel in der Grundversicherung genügte ein schlichter Preisvergleich der Prämien. Das ist in wenigen Minuten zu schaffen. Laut Initiative zahlen die Versicherer einem Vermittler für einen von ihm eingefädelten Wechsel in der Grundversicherung Provisionen von bis zu 1'500 Franken. Der Branchenverband Santésuisse empfiehlt eine Provision von 50 Franken, aber eben unverbindlich. Selbstregulierung gescheitert.
Dieser Tage wird uns allen wieder bewusst, dass unsere Gesundheit das höchste Gut ist. Die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung ist eine zentrale Aufgabe des Staates. Durch die Coronakrise dürften die Krankenkassenprämien bald rapid steigen. Die monatlichen Prämien sind den einfachen Bürgern eine hohe Last, besonders Familien. Die Verschwendung von Hunderten Millionen Franken Prämiengeldern mutet im Vergleich dazu zynisch an. Dieser durch Lobbyismus geschützten Goldschürferei auf Kosten der kleinen Prämienzahler ist entgegenzutreten. Es bleibt zu hoffen, dass die derzeitige Krise unseren Räten die Sinne schärft. Und dass das Thema nicht zu lange bänkeln muss.

Peter Portmann
17.03.20 - 09:52 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
Wichtige Geschäfte bis auf Weiteres "eingefroren" vom 17. März 2020
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Aber Herr Portmann, was sind das für Fantasiezahlen? Selbst 25 Jahre im Versicherungsgeschäft tätig gewesen, weiss ich von was ich rede. Persönlich habe ich vielleicht 5 bis 10 Krankenkassenwechsel in dieser Zeit vorgenommen, und zwar auf Kundenwunsch. Sehr schnell habe ich erkannt, dass diese Wechslerei zu nichts führt. Was mir mehr auf dem Magen liegt, sind die unverschämten Gehälter der Krankenkassen Chefs, die mit den Prämien finanziert werden. Hinzu kommen die Unterstützungsbei-träge der Politiker durch die KK und das muss geändert werden. Aus diesem Grund bin ich für eine Einheitskasse. Die Prämien wären so sicherlich einiges günstiger. Das mit der Vermittlerprovision (Fantasiezahlen) würde dann auch wegfallen.

https://www.20min.ch/finance/news/story/So-viel-verdienen-die-Krankenka…

Das gleiche mit den Ruhgelder der Politiker (Wirtschaftsvertreter), diese Damen und Herren gehörten den gesetzlichen Bestimmungen der Pensionskasse und der AHV unterstellt. Die Beitragsjahre beim BVG müssen wegen der Zinsen analog der AHV angepasst werden, Geburtsjahr +21. Das wäre schon mal ein Lichtblick für die Zukunft. Wenn ein Bundesrat Alain Berset vor Abstimmung 2020 schreibt, Sie hätten für diesen Vorschlag 6 Jahre hart daran gearbeitet ist das eine Lachnummer.

hak, Chur

(betreffend nicht-veröffentlichten Kommentar)
An die Online-Redaktion,
wenn ein Politiker immer wieder Leserbriefe bringt (oder wie 2016 ständig von Drittpersonen lobende Leserbriefe über denjenigen erscheinen, so dass er mir erscheint, dass das System hat) vor Wahlzeiten, so darf ich der Meinung sein, dass das Wahlkampf ist, oder?
Deswegen bin ich der Meinung, dass ich in der Meinungsfreiheit fragen darf:

CVP-Peter Portmann, ist das Teil Ihres Leserbriefe-Wahlkampfs (2016 erfolgloser Churer Stadtratskandidat; seit 1.1.2019 Gemeinderat)?
Sie schreiben zwar richtigerweise:
«Die Leistungen sind für alle Versicherungen gesetzlich vorgegeben. Freier Markt besteht nicht. Die Versicherer kannibalisieren sich und gaukeln durch eigene Produktenamen und undurchsichtige Modelle Unterschiede im Leistungsprogramm vor, die nicht bestehen.»
Bloss:
Wenn die Leistung für alle Kunden eh gleich ist – vergleiche SUVA:
Warum war dann die CVP der wohl grösste Gegner der Einheits-Krankenkasse:
https://www.cvp.ch/de/news/2012-06-14/wer-eine-einheitskasse-will-schad…
Zitat CVP:
«Wer eine Einheitskasse will, schadet der Schweiz! Die CVP und mit ihr die tragenden bürgerlichen Kräfte im Land werden die herausragenden Leistungen der Schweizer Krankenversicherer und damit das vorbildliche Schweizer Gesundheitssystem zu verteidigen wissen.
Die Linke will den Schweizern Rechte nehmen, die grundlegend sind: Selbstbestimmung und Wahlfreiheit.»
Diese – angebliche – Wahlfreiheit/Selbstbestimmung (bei Millionen-Salären für etwa 60 "Direktoren", die alle dieselbe Leistung anbieten gemäss KVG).
Die NZZ stellt zwar die SUVA als Negativbeispiel dar:
https://www.nzz.ch/wirtschaft/suva-als-warnung-vor-einer-einheitskasse-…
Zitat NZZ:
«Machtlose Nachfrageseite
Das Kernproblem der Einheitskasse besteht darin, dass dadurch die Regelung des Vertragsverhältnisses zwischen den Versicherern und den Leistungserbringern ausschliesslich einer öffentlichen Anstalt übertragen würde.»
Aber gerade diese Leistung für die Nachfrageseite ist doch bereits öffentlich/staatlich vorgeschrieben: KVG.
Jedenfalls demonstriert ausgerechnet die sich hochlobende Privatwirtschaft (Zwischenfrage: Wir hatten aber bessere Post- und SBB-Leistungen, als diese noch staatlich/stattlich waren), dass man Fusionieren, Rationalisieren müsse – also das Gegenteil von: 60 Krämer-Läden verkaufen jeder für sich DASSELBE Pfund Salz (bloss mit unterschiedlichen Farben auf der Verpackung).

P.S.:
CVP-Kostenbremse-Initiative:
https://www.srf.ch/news/schweiz/kostenbremse-initiative-gerhard-pfister…
Vergleiche: CVP Positionspapiere/Gesundheit, Kampf den hohen Gesundheitskosten (23.02.2018):
https://www.cvp.ch/de/kampagnen/initiative-fuer-tiefere-praemien-kosten…
Problematisch finde ich bei der CVP-Initiative beispielsweise den fraglichen Datenschutz/Patientenfreiheit beim elektronische Patientendossier (EPDG); bei Diagnostik/Therapien: «Eine bessere Compliance ist durchzusetzen» (tendenziell Zwang finde ich das); sowie «Stärkung der Eigenverantwortung», Beispiel: «Im
Krankheitsfall denken Versicherte nicht an die verursachten Kosten, sondern an die beste Behandlung. Speziell schwierig und sensibel ist die Situation bei schwerer Krankheit oder Gebrechlichkeit gegen das Lebensende hin. Patienten, Angehörige und Leistungserbringer stehen im Spannungsfeld zwischen medizinisch Machbarem und menschlich Sinnvollem.» Wenn die C-VP auf Einschränkungen des «technisch Machbaren» vor dem Lebensende hinwirken will, finde ich das einen Eingriff in die Selbstbestimmung des Menschen, ebenso, wie die CVP offenbar gegen Sterbehilfe lobbyiert: Das Autoritäre, Fremdbestimmende (das mich an die Katholische Kirche, Obrigkeit erinnert) – «Eine bessere Compliance ist durchzusetzen» – thront c-entral bei der C-hristlichen Volks-Partei?
(2016 schlug die Baselbieter Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter vor, das «C» umzudeuten. Statt für «Christlichdemokratisch», sollte es für «Centrum» stehen.)
SP-Nationalrat Cédric Wermuth erklärt, warum er die Initiative von Ruth Humbel ablehnt:
Siehe Video:
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/cvp-ruth-humbel-reagiert-auf-krit…
SP: Prämien-Entlastungs-Initiative:
https://www.sp-ps.ch/de/kampagnen/weitere-kampagnen-und-debatten/pramie…
https://www.sp-ps.ch/de/kampagnen/weitere-kampagnen-und-debatten/pramie…

Herr Reuss, die Leistungen im KVG sind gleich, aber der Weg dorthin ist nicht gleich. Es macht einen Unterschied, ob sie ein Hausarzt- oder Telemedmodell usw. gewählt haben.
Darum sind auch die Prämien unterschiedlich und auch der Service kann es sein. Darum wollen die meisten Versicherten die Wahlfreiheit. Denn die Einheitskasse braucht auch Angestellte, die einen Lohn erhalten. Zudem verdienen die Direktoren den Lohn wohl eher über die Zusatzversicherungen!!

Dieses Geschäft rennt doch offene Türen ein! Die Krankenversicherer zahlen keine solchen Provisionen.
Vom hören sagen lernt man lügen, sagt ein Sprichwort. Woher dass Sie diesen Unsinn haben, weiss ich nicht, aber das grenzt schon an Verleumdung.
Die Vermittler beraten Leute, die sich freiwillig über die Krankenversicherungsangebote informieren wollen. Dabei geht es um die Grundversicherung mit den verschiedenen Modellen oder Franchisen, aber vorallem um die Zusatzversicherungen, die sehr komplex und verschieden sind. Nach einer Beratung sollte der Versicherungsnehmer eine optimale Lösung für sich haben mit meistens einer tieferen Prämie, weil er teilweise Unnötiges weglassen kann.
Nach einem Abschluss bezahlt der Versicherer meist eine Provision für das Paket aus Grund- und Zusatzversicherung, welche für die Grundversicherung mit Fr. 50 - 100.- ausfällt. Wird nur die Grundversicherung gewechselt, gibt es meistens keine Provision. Die gesamte Provision beläuft sich dann zwischen Fr. 150 - 450.-
Es wird doch überall für Beratungen eine Entschädigung bezahlt, ob das bei einer Hausrat - oder Autoversicherung sei. Und das stört offenbar niemanden, aber bei der KV macht man einen solchen Aufstand. Es gibt wohl keine Vermittler, die ihren Lebensunterhalt nur mit Krankenversicherungen verdienen können.

Ihre Aussage ist einfach weit von der Realität entfernt und unverantwortlich. Noch schlimmer als gewisse Medien, die oft etwas reisserisch ein Thema angehen und nicht die ganze Wahrheit sagen.

Herr Portmann
Vor allem ist es mir ein Rätsel, weshalb man für den Wechsel der Grundversicherung einen Vermittler benötigt. Sind die Leute tatsächlich so dumm geworden, dass die wohl einfachste Versicherung der Schweiz nicht selber abgeschlossen werden kann? In Zeiten von Internet ist dies noch weniger ein Problem.
Grüsse

Ihr Anliegen mag durchaus Sinn machen. Aber derzeit gibt es wirklich WICHTIGERES. Von der Coronakrise AKUT Betroffene bangen derzeit um ihre Existenz. Soforthilfe ist angesagt. Da ist Ihr leider "eingefrorenes" Thema - obwohl durchaus berechtigt - wirklich nur zweitranig, aktuell kann man sich davon kein Essen kaufen!

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