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David gegen Goliath: Letztes Aufbäumen der Wirtschaftslobby?

David gegen Goliath: Letztes Aufbäumen der Wirtschaftslobby?
In der November-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins «Bilanz» wird deutlich: Die obersten Etagen fürchten, für die gravierenden Schäden, welche sie Menschen und der Umwelt antun, die Verantwortung übernehmen zu müssen. Sie wissen genau, wo sie um des heiligen Profit willens Menschenrechte mit Füssen treten und Ökosysteme dem Erdboden gleichmachen.
Der Schrecken der Konzerne hat einen Namen. Die Konzernverantwortungsiniative, welche über 100 NGO’s und 10'000 Freiwillige in mehr als 250 Lokalkomitees hinter sich hat. Und nur eine Selbstverständlichkeit fordert:
Wenn Konzerne Schwefelsäure in die Flüsse kippen, Menschenhandel betreiben oder Bauern von ihrem Land vertreiben, müssen sie für ihre Gräueltaten auch den Kopf hinhalten.
Ich bin 19 Jahre alt. Ich kann nicht zusehen, wie unser Planet, unsere Zukunft vor die Hunde geht, nur weil gierige Konzerne ohne Rücksicht auf Verluste weiter Milliarden scheffeln wollen…Lasst uns aufstehen!!!

Samuel Dürrenmatt, Landwirt EFZ

Dietschwil, 3.11.2019

Samuel Dürrenmatt
03.11.19 - 21:58 Uhr
Leserbrief
Ort:
Dietschwil
Zum Artikel:
"Auf in die Schlacht", Bilanz, November Ausgabe 2019, Link: https://drive.google.com/file/d/1XsJWuQEhKAgMyqplN3BJa22DS2tIUyf9/view
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Rechtssystem-Kolonialismus? Nur ein weiteres inhaltsloses Killerargument, das treffende Argumente ersetzen soll. Die Rechtsysteme in diesen Ländern unterscheiden sich nicht groß von unseren. Der Unterschied liegt im Ausmaß der Korruption im öffentlichen Dienst, die durch das Gebaren von ausländischen Geschäftsleuten zusätzlich gefördert wird.
Ich habe 26 Jahre in rohstoffreichen Ländern in Afrika gelebt. Ohne Schmieren geht da nichts und das Volk hat nichts bis wenig davon, außer einer Riesensauerei verursacht bei der Gewinnung von Rohstoffen. Die Schweiz als größter Umschlagplatz fuer Rohstoffe profitiert mehr als irgendein anders Land von dieser Misere. So macht der Rohstoffhandel mehr als 3% unseres BIPs aus, mehr als der Tourismus. Dabei ist das ganze Geschäft total intransparent und zu einem großen Teil reine Hehlerei.
Unsere Kultur basiert (zum Glück) nicht auf der Bibel sondern auf der Aufklärung, die das Prinzip der Menschenwürde einführte, das universell und unabhängig von Kultur, Land oder Rasse ist.
Leider, wenn es um den Profit und Sicherheit geht, ist es bequem zu vergessen woher der Fortschritt in unserer Gesellschaft auf fast jedem Gebiet stammt, grundlegende Prinzipien werden über Bord geworfen und es gibt plötzliche dem jeweiligen Regierungssystem angepasste Menschenrechte. Eine gefährliche Tendenz, die auch mal auf unsere eigene Gesellschaft angewandt werden könnte so a la der Zweck heiligt die Mittel.

Samuel Durrenmatt,
ich weiß zwar nicht wo man in der Schweiz Schwefelsäure in die Flüsse kippt, damit das Unternehmen mehr Profit macht. Ich weiß auch nicht was auf einem Schweizer Bauernhof so läuft. Ich weiß aber dass in vielen Unternehmen täglich viel Druck auf die Geschäftsführung ausgeübt wird, dass alles funktioniert, und man Konkurrenz fähig bleibt. Und parallel dazu die Sicherung der Arbeitsplatze am Herzen hat.i
Obwohl Sie noch sehr jung sind, haben Sie schon eine definitive Einstellung was geschäftlich so läuft.
Und wenn Sie einmal mehrere Angestellte haben, und Ihr Bauernhof Profit macht ohne Subventionen, würde ich Ihnen persönlich Gratulieren

Nein, diese Initiative fordert keine Selbstverständlichkeit, sondern weist bereits in der Formulierung gravierende Mängel auf. Nur gut, wurde der Gegenvorschlag nun nochmals überarbeitet, Ständerat Noser hat hier trotz Wahlkampf einen kühlen Kopf bewiesen.

Zusätzliche Rechtsunsicherheiten sind so ziemlich das Letzte, was unsere Unternehmen benötigen, zudem erinnert das Ganze etwas an Rechtssystem-Kolonialismus.
Die oben beschriebenen Probleme sind natürlich nicht kleinzureden, fehlbare Unternehmen können aber bereits heute zur Verantwortung gezogen werden. Für weitere Schritte braucht es ein international koordiniertes Vorgehen. Das Ganze ist wesentlich komplexer als von Ihnen und vielen Teilen der Initiativunterstützer geschrieben und behauptet wird.
Bin darum guten Mutes, dass diese schädliche Initiative von der Mehrheit von Ständen und Volk abgelehnt werden wird. Schliesslich wählen nur die dümmsten Kälber ihre Metzger selber, das Sprichwort wird Ihnen als angehender Landwirt ja bekannt sein.

Ich bin guten Mutes, dass solche schädlichen initiativen

Herr Müller

Nur die dümmsten Kälber setzen sich aktiv für Konzerne ein, welche die Umwelt, die Menschen und die Menschlichkeit zerstören.
Gemäss Ihren Angaben verhalten sich die Konzerne vorbildlich. Dann haben die Konzerne mit der Initiative nichts zu befürchten. Oder etwa doch?
Grüsse

Paul Müller, ich interpretiere Ihr Credo so:

GEGEN Rechtssystem-Kolonialismus (die Menschenrechte, die das Volk in der Schweiz geniesst, sollen nicht für die Geschundenen weltweit gelten), aber FÜR Kolonialismus (Auspowern der Eingeborenen à la Kreuzzüge, z.B. Umweltzerstörung in Südamerika durch Brand-/Rodungen oder Glencore).

Dieses, unser Schweizer Lebensmodell (Egoismus/Profitieren statt Empathie/Rücksichtnahme; bekommen wir beispielsweise via Klima/Flüchtlinge zu spüren) sei illustriert am Beispiel CH-Waffen in Chile:

Vorbemerkung: Ich verstand nie, warum Europa/Schweiz nichts unternahm gegen den US-Putsch (am 9/11 1973, es war auch ein Dienstag) gegen den lupenrein demokratisch gewählten Arzt Allende in Chile. Nebenbei: der US-Putsch 2014 Ukraine dürfte samt Nato-Osterweiterung (trotz Versprechen an Gorbatschow, genau das nicht zu tun, als Gegenleistung zog sich die SU aus DDR/Ostblock zurück asymmetrisch, nach dem 2WK, in dem Opfer Russland vom US-finanzierten Hitler angegriffen wurde mit je nach Schätzung etwa 20 bis 40 Millionen Toten auf Opferseite Russland) der Sargnagel für Europa sein.

(work 1.Nov.2019) "Millionen demonstrieren in Chile gegen den rechten Staatschef Sebastian Pinera, dessen Armee schiesst, wie zu Zeiten Pinochets, mit Schweizer Waffen:

Es war eine Statistik des Grauens, die das chilenische Nationale Institut für Menschenrechte (INDH) am vergangenen Sonntag präsentierte. (...)

Auf Geheiss des Milliardärs Pinera geht die Armee mit äusserster Brutalität auf das protestierende Volk los: «Wir sind im Krieg gegen einen mächtigen Feind», tönte der Präsident im Fernsehen. Die Armee rollte auf Schweizer Panzern an, verschanzt hinter diesen Fahrzeugen schoss sie mit Maschinengewehren, Schrotflinten und dem Sturmgewehr SG540. Die SIG in Neuhausen stellte es erstmals 1977 her. Die aktuellen sind jedoch chilenische Produkte, das hat mit der Diktatur des faschistischen Generals Pinochet (1973 - 1990) zu tun.

1973 verbot die Schweiz zwar Kriegsmaterialexporte nach Chile. Doch die Waffenschmieden Mowag und SIG wussten sich zu helfen. 1980 erteilte die Mowag der chilenischen Armee die Lizenz, den Schweizer Panzer einfach selbst zu bauen. Wenig später zog die SIG nach und lieferte neben einer Lizenz zum Gewehrbau auch die dazu nötigen Maschinen. Der Bundesrat schützte diese Praxis (nicht die Leben des Volkes Chiles, Anmerk. von W. Reuss) unter Verweis auf die Handelsfreiheit. Für die Schweizer Unternehmen brachte die Auslagerung einen lukrativen Vorteil: Via Chile konnten sie fortan auch mit anderen rechten Diktaturen Waffengeschäfte abwickeln. Auch Pinochet frohlockte. Sein Terrorregime stieg wegen dieser Dreiecksgeschäfte zum drittgrössten südamerikanischen Waffenexporteur auf. Als Dank deponierte Pinochet seine Millionen auf sicheren Schweizer Bankkonten."

Frage: Gilt nicht "Was du nicht willst das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu" in der "Von christlichen Werten" geprägten Schweiz? Oder um es weltlich zu formulieren: könnte die ganze Zerstörerei weltweit letztlich nicht auch uns zerstören?

Okay, ich glaube, die Antwort kenne ich schon: Hauptsache, wir fahren SUV und haben Koteletts im Kühlschrank – jetzt.

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