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Sind die Jugendlichen wirklich so schlecht?

Viele Menschen ärgern sich über Jugendliche, welche an Open Airs ihre Zelte und ihren Müll einfach liegen lassen. Das seien genau jene, welche fürs Klima demonstrierten. Auch ich finde dieses Littering sehr bedenklich. Doch einmal abgesehen davon, dass die Schnittmenge von Open Air-Verschmutzern und Klimademonstranten sehr klein sein dürfte, sind es die älteren Generationen, welche den Jugendlichen diese Verschwendermentalität vorgelebt und beigebracht haben.
In meiner Kindheit vor 50 Jahren zählte noch, was Qualität und Bestand hatte. Eine Uhr, zum Beispiel, kaufte man ein einziges Mal; sie hielt das ganze Leben, und wenn nicht, konnte sie repariert werden. Diese Haltung wurde inzwischen ziemlich radikal über Bord geworfen. Heute ist in unserer Gesellschaft der schnelle und wiederholte Konsum gefragt. Eigentlich verhalten sich die erwähnten Jugendlichen ja sehr wirtschaftsfreundlich, weil sie für jedes weitere Open Air ein neues Zelt kaufen werden. Und sogar die Entsorgung ihres Mülls steigert das Bruttosozialprodukt und damit anscheinend unseren Wohlstand. In unserer übertriebenen Konsumwelt von heute werden viele Geräte, zum Beispiel Drucker, bereits so konzipiert, dass sie nach wenigen Betriebsjahren von selbst kaputtgehen. Reparieren lohnt sich nicht mehr, besser gleich neu kaufen. Darum machen es die Jugendlichen am Open Air auch so...
Die älteren Generationen sind auch verantwortlich für tickende Zeitbomben wie rostende Munition auf dem Grund von Schweizer Seen, für konzeptlos erstellte Sondermülldeponien oder ganz zu schweigen von den radioaktiven Abfällen aus den AKW's, welche die kommenden Generationen noch etwa 10'000 Jahre lang - stellen Sie sich das einmal vor - beschäftigen werden. Ganz nach dem Motto «aus den Augen, aus dem Sinn», ebenso, wie die Jungen am Open Air...
All das und noch vieles mehr passiert unter der Affiche "Freie Marktwirtschaft", in welcher Wohlstand nur durch immerwährendes Wachstum möglich sei. Spätestens seit der «Club of Rome» 1972 die «Grenzen des Wachstums» publizierte, wissen wir eigentlich alle, dass dieses System irgendwann kollabieren wird. Dafür muss man nicht Kommunist oder weltfremder Träumer sein. Es genügt gesunder Menschenverstand, welchen schon Kinder und demonstrierende Jugendliche besitzen. Wählen wir darum Politikerinnen und Politiker, welche die angedachten ökologischen Lösungsansätze auch wirklich umsetzen wollen und sich nicht hinter wirtschaftlichen Zwängen verstecken. Es wird uns längerfristig auch ökonomisch günstiger zu stehen kommen.

Peter Jochum
29.09.19 - 17:35 Uhr
Leserbrief
Ort:
Domat/Ems
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Ordnungssinn
Verpackungen jeder Art wegwerfen (Littering), wo man gerade steht, ist eine unsaubere und dazu noch sehr teure Zeiterscheinung. Ist doch komisch, kein Politiker und keine Politikerin greift das Litteringthema an. Warum eigentlich, weil man daran ganz sicher die Finger verbrennt? Wie ist es eigentlich zu Littering gekommen?
Die Erziehung ist seit vielen Jahrzehnten lockerer geworden. Littering ist ein Ergebnis der Erziehung. Im Abfall weiter zu leben, ist sicher keine Option. Littering zu beseitigen braucht Zeit, auch wenn damit sofort begonnen würde. Kinder brauchen Vorbilder. Kinder muss gesagt werden wo die Grenzen sind, was gut und wo das Unangenehme, das Schlechte, beginnt. Littering wird erst verschwinden, wenn die Erziehung das will.
Um 1900 hatte die Gesellschaft auch ihre neuen Probleme. Daher hat damals ein Erzieher folgende Worte geschrieben: „Wenn man den Ordnungssinn bei Kindern systematisch pflegt, bleibt er ihnen ein unveräußerliches Gut für das ganze Leben, mit der Ordnungsliebe halten Pünktlichkeit und Sauberkeit Einkehr bei ihnen, und sie werden zu tüchtigen Menschen, auf die Verlass ist.“
Max Matt, Altstätten

Herr Matt
Sie meinen, die Jugendlichen sollten zu dressierten Äffchen abgerichtet werden wie die älteren Generationen?
Dressierte Äffchen die brav ins Outlet oder ins Autohaus gehen und jeden belanglosen, unnötigen Mist kaufen? Und da ihr durch völlig entfremdete Arbeit hart verdientes Geld aus der Tasche ziehen lassen?
Die älteren Generationen sind ganz, ganz schlechte Vorbilder.
Grüsse