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Bündner Gastronom geht auf Online-Bewertung ein – und wie

Das Internet eröffnet viele neue Möglichkeiten, ein Restaurant zu bewerten und Kritik zu äussern. Ein Beispiel aus Alvaneu zeigt, wie man mit einem negativen Kommentar und einer schlagfertigen Antwort viele Gäste für sich gewinnen kann. Der Präsident von GastroGraubünden hat Tipps, welche Reaktionen auf Internetbewertungen angemessen sind.

04.07.19 - 09:11 Uhr
Ereignisse
Eine Konversation zwischen einem unzufriedenen Gast und dem Gastgeber in Alvaneu ging in den letzten Tagen viral.
Eine Konversation zwischen einem unzufriedenen Gast und dem Gastgeber in Alvaneu ging in den letzten Tagen viral.
BILDMONTAGE SÜDOSTSCHWEIZ.CH

Tripadvisor, Google und Co. haben es in den letzten Jahren einfacher gemacht, ein Restaurant oder Hotel zu bewerten, wenn es sein soll sogar anonym. Die Antwort auf eine Google-Bewertung des Hotels und Restaurants «Belfort» in Alvaneu ging in den letzten Tagen viral. Mit einer ziemlich direkten Antwort begründete der Wirt sein Handeln auf einen spezifischen Wunsch. Mit Erfolg. Auf dem Facebook-Profil sowie in den Google-Rezensionen des Hotels und Restaurants zeigen die meisten Gäste grosses Verständnis für den Gastgeber.

Die Auseinandersetzung zur Google-Bewertung

Peter G., auf Google:

«Wir wurden vom Gatten der Wirtin bedient. Als 1 von 4 Personen nach einem Gemüseteller gefragt hat, wurde er sehr unhöflich und hat gemeint, dass das ‹nicht Ihr Stil› sei, ebenso wie: ‹Unsere Gerichte gibt es ganz oder gar nicht›. Sehr enttäuschend im Vergleich zum letzten Besuch. Von einem guten und auch genug teuren Restaurant kann man mehr erwarten.»

Die Antwort von Paul Zünd, Hotelier des Belfort:

«Herzlichen Dank für Ihre Beurteilung. Ich möchte allerdings genauer darauf eingehen: Sie haben nicht einfach nur nach einem Gemüseteller gefragt, sondern haben gefragt, ob unsere Zucchettipiccata mit mediterranem Gemüse und Kräuterkartoffeln vegan erhältlich sei: Nein, denn in einer Piccata sind immer Ei und Käse drin und im mediterranen Gemüse eingelegte Artischocken, d.h. Essig. Wenn ich nun alles weglasse, was nicht vegan ist, so erhalte ich ein unvollständiges, unausgewogenes Gericht, welches ich nicht bereit bin, zu servieren. Der Gemüseteller, wie man ihn an manchen Orten erhält, ist weder ausgewogen noch originell und auch nicht übermässig gesund, weshalb ich ihn nicht anbiete. 

Die veganen Gerichte, welche ich Ihrer Begleitung angeboten habe, wie die Edame-Nudeln mit Gemüse, den veganen Flammkuchen oder auch den Salatteller mit Melonen haben kein Gehör gefunden. Wenn man dann auf einem Gericht, das ich nicht anbiete, weiter herumreitet, dann werde ich zwar bestimmt, aber nicht unhöflich. Ich bitte Sie, bei Ihren Beurteilungen fair zu bleiben; fair wäre es auch dem Restaurant gegenüber, wenn man reservieren würde, damit sich ein Restaurant oder wie in unserem Fall der Alleinkoch dementsprechend vorbereiten kann. Vegan kochen bedeutet nämlich, neben allen Vorbereitungsarbeiten für das bestehende Angebot nochmals bei null anzufangen, um eine Kontamination zu verhindern. Und wenn man sich als Veganerin ausgibt, dann bitte ganz, auch ohne Bier...

Falls Sie nur aus einer Laune heraus vegan essen wollten, so versuchen Sie doch, zu Hause richtig vegan zu kochen oder besuchen Sie ein veganes Restaurant. Wir sind für unsere kreative Küche bekannt, mit Fleisch, aber nicht nur, und für Forelle aus dem Albulatal. Wenn man dann als Veganer die angebotenen veganen Gerichte verschmäht und deswegen aus einer Laune heraus einen von fünf Sternen verteilt, dann ist das schlicht und einfach nicht fair.

Bezüglich ‹genug teuer›: Kann es sein, dass Sie von einem Restaurant, das auf dem Land liegt, erwarten, günstiger zu sein als anderswo? Warum? Es bestehen dieselben Lohnverpflichtungen, dieselben Mietbedingungen, dieselben Kosten für Energie, lediglich die Beschaffungskosten für Lebensmittel, Betriebsmaterial und Kosten für Anfahrtswege von Servicetechnikern etc. sind wesentlich höher als in Agglomerationen. Ich wünsche mir, dass Sie Ihre nächste Beurteilung, sei es hier oder in einem anderen Restaurant, überlegter angehen. Ich bitte Sie ganz grundsätzlich, sich mit einer Branche tiefer auseinanderzusetzen, bevor Sie diese kritisieren.

Herzliche Grüsse aus dem Albulatal nach einem 16-Stunden-Arbeitstag bei 34° im Schatten
Paul Zünd
Dipl. Hotelier-Restaurateur/HF SHL, Gatte der Wirtin»

Doch gibt es einen passenden Weg, auf Restaurant-Bewertungen online zu antworten? Franz Sepp Caluori, Präsident von GastroGraubünden und selbst Inhaber eines Lokals, hat einige Ratschläge für Restaurantbesitzer.

Immer positiv bleiben

Laut Caluori gibt es verschiedene Arten von Kritik. «In 90 Prozent der Bewertungen sind Kritiken, positiv wie negativ, gerechtfertigt. Es gibt immer spezielle Fälle, bei denen die Kommentare nicht angemessen ist. Auf diese muss man auch nicht antworten.»

Wenn eine Kritik gerechtfertigt ist, rät der Gastronom, eine Antwort zu verfassen. «Natürlich muss man nicht auf jede Bewertung eingehen, das wäre auch schwierig. Ich finde es wichtig, eine Reaktion mit einer Begründung zu zeigen und möglichst positiv zu antworten. Auch wenn es ein negativer Kommentar ist.»

Auch für gute Bewertungen kann man sich bedanken. Das komme laut Caluori immer gut bei den Gästen an.

Auch Internetkommentare sind Bewertungen

Auf die Frage, ob man Internet-Bewertungen mit dem Feedback aus dem Restaurant vergleichen kann, hat Caluori eine klare Antwort. «Ja, auf jeden Fall. Das Internet ist natürlich in der Gastronomie eine Bereicherung.» Trotzdem habe das Internet auch in der Gastronomie seine Tücken.

«Der Interpretationsspielraum ist natürlich grösser. Jede Person kann andere Argumente zwischen den Zeilen lesen. Es ist einfacher, von Angesicht zu Angesicht mit einer Person zu reden. Es ist auch für den Gastronomen einfacher, sich zu rechtfertigen.» 

Anna Nüesch ist freie Mitarbeiterin und arbeitet neben ihrem Multimedia-Production-Studium bei der Südostschweiz in den Redaktionen von Online/Zeitung und TV. Zuvor hatte sie ein Praktikum bei diesen Kanälen absolviert. Mehr Infos

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Sehr geehrte Gastwirt Paul Zünd,
wunderbar finde ich ihre Beschreibung und ich hab darüber sehr gelacht. Wir waren gerade heute hier im Erzgebirge mal wieder im Wirtshaus, haben bei einer Wanderpause gut gegessen und nicht im Traum (oder Alptraum) würde uns veganes Essen einfallen. Es sei dem, man ist so krank, dass es nicht anders geht - aber dann sollte man schon lieber zu Hause bleiben und den Wirten nicht auf den Geist gehen.
Liebe Grüße aus Sachsen vom Peter

Sehr gute Antwort. Jetzt fehlen einfach noch die Namen der Gäste. Wenn diese das Restaurant öffentlich kritisieren (und dazu noch mit unwahren Angaben), dann möchte ich hier auch die Namen der Krtikiker veröffentlicht haben, damit andere Restaurants gewarnt sind vor diesen grünveganen Sektierern (So wie diese ja auch umgekehrt vor dem Restaurant warnen).

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