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Leserbrief

Giusep Nay wirft dem Bistum Chur Desinformation vor. So habe das Bundesgericht in der Causa «adebar» entschieden, «die Katholische Landeskirche Graubünden sei der Lehre der römisch-katholischen Kirche verpflichtet». Fakt ist, dass das Bundesgericht entschieden hat: «Diese [die eigentliche katholische Kirche] und ihre Gläubigen werden weder durch die Tätigkeit des Beigeladenen [«adebar»] noch durch die Beitragsgewährung seitens der Beschwerdegegnerin [«Landeskirche»] daran gehindert, ihre Glaubensüberzeugungen zu verbreiten oder zu leben, selbst wenn diese Tätigkeiten mit ihren Glaubensüberzeugungen nicht vereinbar sind». Das heisst: Es verletzt nicht die Religionsfreiheit der eigentlichen Kirche sowie ihrer Gläubigen und ist zulässig, wenn eine «katholische Landeskirche» eine Organisation unterstützt, die sich unter anderem mit den Leitlinien von «Planned Parenthood» identifiziert, Abtreibungen als legitim betrachtet und deren Durchführung begleitet, Beratungsbestätigungen für straflose Abtreibungen bei Minderjährigen ausstellt, In-vitro-Fertilisation samt Samenspende befürwortet und pränatale Diagnostik mit allfälliger Abtreibung gutheisst.
Ferner behauptet Herr Nay, die «Landeskirchen» hätten der eigentlichen Kirche gegenüber dienenden Charakter und seien ihrer Lehre verpflichtet. Fakt ist, dass die «Kommission für Staatskirchenrecht und Religionsrecht der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz» (RKZ), der Herr Nay angehört, im Juni 2018 ein Papier verfasst hat, das sich die RKZ (nationaler Zusammenschluss der kantonalen «Landeskirchen») zu eigen gemacht hat. Darin heisst es: «Die Mitglieder staatskirchenrechtlicher Behörden treffen ihre Entscheide zwar auf der Basis der pastoralen Vorgaben, aber eigenverantwortlich. Sie sind nicht nur befugt, sondern verpflichtet, die finanzrelevanten Vorhaben der pastoral Verantwortlichen darauf hin zu prüfen, ob sie aus ihrer Sicht überzeugend und stichhaltig sind». Damit beansprucht die RKZ nicht nur zu entscheiden, ob von Bischöfen und Pfarrern geplante seelsorgliche Initiativen finanzierbar sind, sondern auch, ob sie aus ihrer Sicht sinnvoll sind. Die RKZ beansprucht somit für sich, ihre «Landeskirchen» und Kirchgemeinden ein Letztentscheidungsrecht in seelsorglichen Fragen.
Den Vorwurf der Desinformation gibt das Bistum Chur deshalb an den Absender zurück. Und es stellt die Frage: Wie ist es im 21. Jahrhundert noch möglich, dass ein Staat, der sich als Rechtsstaat verstehen möchte, eine «katholische» Organisation gründet, die er dann gegen Grundsätze der eigentlichen Religionsgemeinschaft, der Römisch-katholische Kirche, arbeiten lässt?
Giuseppe Gracia
Bischöflich Beauftragter für Medien und Kommunikation

Giuseppe Gracia
03.03.19 - 11:02 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
Leserbrief vom 1.3.19 "Bischöfliche Desinformation" von G. Nay
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Hört doch auf mit der Entmündigung der Menschen und kommt endlich vom hohen Ross herunter ihr weltfremden, dogmatischen Herren!
Hier nochmals mein Leserbrief vom 5.02.2019
Der Rechtsstreit des Bistums Chur zeigt, wie weltfremd seine Haltung ist. Die Beratungsstelle Adebar leistet sehr wichtige Arbeit zur Familienplanung und Sexualität und ist auf Spenden angewiesen. Gemäss der Haltung des Bistums, dass Katholische Kirchensteuer zahlende Menschen damit rechnen müssten, dass ihre Gelder auch für „kirchenferne oder kirchenfeindliche Aktionen eingesetzt werden“ entgegne ich klar und deutlich: Wenn alle Kirchensteuerzahler, die das vom Bistum verlangte, frauenfeindliche und sexuellen Missbrauch fördernde Zölibat ablehnen, aus der Kirche austreten würden und keine Kirchensteuer mehr bezahlen würden, könnte das Bistum Chur vermutlich „einpacken“ Herr Bischof Huonder und Herr Generalvikar Grichting.
Pius Wihler aus Zizers
https://www.suedostschweiz.ch/leserbriefe/2019-02-05/bistum-chur-versus…

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