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Bau- und andere Skandale

Bau- und andere Skandale

Giusep Nay hat sich in seinem Leserbrief „Ausblenden als Verschweigen“ zu der Berichterstattung in der „Südostschweiz“ zum sogenannten Bauskandal in Graubünden geäussert. Nay zeigt sich in diesem Bauskandal gerne als Unterstützer des Whistleblowers Adam Quadroni (bei Whistleblowern, die unlautere Methoden von Staatsstellen aufdecken wollten, war Giusep Nay seinerzeit als Bundesgerichtspräsident aber nicht auf der Seite der Whistleblower – das war ja vielleicht auch ein Interessenkonflikt, da der Staat damals auch sein Arbeitgeber war). Nur ist es so, dass scheinbar viele Parteien bei diesem Bauskandal „Ausblenden als Verschweigen“ praktiziert haben.

Auch Adam Quadroni selbst ist scheinbar nicht ganz der „unbescholtene Bürger“, der die bösen Machenschaften der Bauherren aufzeigen wollte – viele Ungereimtheiten zu diesem Fall kamen damals über die Medien ans Licht, die zuerst ebenfalls ausgeblendet wurden – und der Begriff „Whistleblower“ ist in diesem Sinne ein wenig strapaziert worden. „Selbstanzeiger“ hätte wohl besser gepasst, denn jahrelang war ja Quadroni selbst Teil dieser Bauherrschaften, die die Aufträge unter sich absprachen. Was allerdings die Umstände seiner Festnahme und die lange Verweigerung des rechtlichen Gehörs dazu betreffen, hat er sicher genügend Gründe und das Recht dazu, dass es diesbezüglich eine Untersuchung gibt.

Was weiter zu untersuchen wäre, ist aber sicher auch, inwiefern die WEKO selbst Fehler gemacht hat. Vor allem bei der Kommunikation und auch mit den falschen Zahlenangaben, die erst kürzlich im nach hinein bekannt gegeben und von der WEKO korrigiert wurden. Sicher, wenn bei den Bauauftrags-Vergaben gemauschelt wurde, zum Vorteil einzelner auf Kosten anderer Anbieter oder der Allgemeinheit, ist eine Untersuchung angezeigt und berechtigt. Nur fragt man sich, ob die hohen Wellen, die mit diesem zum „Bündner-Bauskandal“ hochstilisierten Bauabsprachen-Fall entstanden sind, auf diese Weise gerechtfertigt waren. Und dabei ist auch der Medienhype, den das Onlinemagazin „Republik“ verursacht hat, zu hinterfragen.

Investigationsjournalismus ist gut und nötig in einer Demokratie, aber wenn am Schluss der Eindruck entsteht, es sei vor allem um die eigene Werbung oder eben um den Medienhype gegangen, bleibt ein schaler Nachgeschmack zurück und wirft auch einen Schatten auf das Medium, das das Ganze verursacht hat. Umso mehr, als damals in den Printmedien, zeitgleich mit der Ankündigung der Untersuchung der WEKO zu Ungereimtheiten im Bündner Bauwesen, auch noch die Rede von Bauabsprachen bei dem Baugiganten Implenia war, wo ebenfalls noch Bauabsprachen zu untersuchen seien und dabei solle es sich um weit grössere Summen gehandelt haben. Es wurde aber in der Folge nur noch vom schweizweit aufgebauschten „Bauskandal in Graubünden“ berichtet und nie mehr ein Wort verloren über eine Untersuchung wegen Ungereimtheiten bei Implenia.

Das erstaunt schon ein wenig. Wurde hier etwa unter anderem auch von den Medien und von der WEKO etwas „ausgeblendet, um es zu verschweigen“ ? Im Sinne von: Die Kleinen hängt man und die Grossen lässt man laufen? Aktuell hat Implenia ja einen grossen Auftrag in Frankreich erhalten. Da wären natürlich eine schlechte Presse und Untersuchungen wegen unlauteren Bauabsprachen durch die WEKO und die Gerichte sicher hinderlich gewesen um diesen Auftrag zu bekommen...

Priska Haldner
04.02.19 - 23:22 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
Leserbrief von Giusep Nay "Ausblenden als Verschweigen"
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Liebe Frau Haldner
Wirklich objektiv kann man diesen Bauskandal ja nur beurteilen, wenn endlich die Strafbehörden usw. aktiv werden und deren Ergebnisse über die «Tat» bekannt sind. Da aber gerüchtweise dieser Skandal bis in die mächtigsten Kreise Graubündens reicht (Ständerat usw.), vermute ich mal, dass diese Geschichte «verj ährt», wie die Steuerschulden aus Vals.
Das wir in der Schweiz in einem Augiusstall leben, zeigen nicht nur die vielen vielen Skandale in der Wirtschaft (Banken zum Beispiel, usw. usf.), sondern auch die Tatsache, dass die Steuerpflichtigen während Jahren über 50 Milliarden an unversteuertem Vermögen am Fiskus vorbeischleusen konnten. Zu hoffen ist, dass eines guten Tages nicht ein selbsternannter Herkules uns alle an den Ohren nimmt, ganz gleich, ob wir was verbrochen haben oder nicht.

Ihr objektiver Artikel findet meine Anerkennung, dennoch möchte ich paar kurze Anmerkungen machen. Jeder von uns ist ein Teil eines Systems, in unserem Fall einer Kapital orientierten Gesellschaft, von der aber mur eine kleine Minderheit wirklich profitiert. Auch ein Whistleblower wie Herr Quadroni war ein Teil davon. Entweder man macht da mit oder man ist draussen. Es gibt bei uns im Kanton weit mehr Kartellskandale als vermutet wird, z.B. in der Energie oder im Tourismus, wo z.B. mit "all inclusiv" Absprachen dem Einheimischen seine Arbeit in der Region genommen wird. Entweder man macht aus existentiellen Gründen da mit oder steigt aus moralischen, ethischen Gründen aus. Bezüglich Presse muss ich anmerken, dass dank der "Republik" die ganze Sache ins Rollen gebracht wurde und dies dank zweier Bündner Journalisten. Was ich , wie sie eine riesen Schweinerei finde, dass die Grossen in diesem Fall Implenia einfach so weiter machen können, wie Nichts geschehen wäre. Doch ein Systemwandel nötig?

Ja, Herr Tucek, eben - die, die nicht mitmachen im Kapital-und Gewinnorientierten System, die haben das Nachsehen- Ethik und Moral scheinen die teuersten Güter zu sein in diesem materialistischen System, - sie bringen einen um die Existenz - zumindest an oder unter das Existenzminimum - wer nicht mitmacht und einen Systemwandel praktizieren will, wird- weil, nicht mehr in der konsumorientierten
Gesellschaft integriert, ausgegrenzt und in der Menschenwürde verletzt -Gegensteuer zu geben, braucht Kraft und geht eben an die Existenz - gut wäre es, wenn mehr Menschen diesem System die Stirn bieten würden -
aber der Systemwandel bleibt scheinbar aus und mit der Beeinflussung der Massen, durch die social media haben die Mächtigen noch mehr Manipulationsmöglichkeiten, um ihr System aufrecht zu erhalten-schade, nicht ?

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