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Verlieren – wie geht das?

Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben bei einer Stimmbeteiligung von knapp 50% die Selbstbestimmungsinitiative mit einem Verhältnis von gut zwei Drittel Ja zu einem Drittel Nein-Stimmen abgelehnt. Die grosse Mehrheit der Abstimmenden hat die Vorlage verworfen – eigentlich eine klare Sache. Könnte man meinen…

Leider können der Parteipräsident der grössten Schweizer Volkspartei sowie weitere Politiker aus diesem Umfeld das Ergebnis – so scheint es – nicht akzeptieren. Stattdessen werden Phrasen wie «die sehr aggressive und verleumderische Gegenkampagne hat Verunsicherung gestreut» (AZ, 25.11.18) oder «die Feinde der direkten Demokratie scheinen gewonnen zu haben» bemüht. Auch die Leserbriefkommentare Bündner Tagblatt und in der Südostschweiz zeigen ein ähnliches Bild: Befürworter werden schlecht geredet und schon beinahe als dumm und naiv hingestellt.

Auch die Äusserung des Herausgebers eines bekannten Wochenmagazins zeugt nicht von Grösse, wenn er schreibt, dass «die Gewinner ab heute in der Verantwortung stehen». Dass – bei einer solchen Klarheit des Ergebnisses – auch noch Bedingungen an die politischen Gegner gestellt werden, ist wie blanker Hohn.

Dahingegen kann man dem Kopf hinter der Initiative, Hans-Ueli Vogt, zu seiner Reaktion gratulieren. Er hat das Ergebnis treffend analysiert: «Die Gegenseite scheint die besseren Argumente gehabt zu haben» (Telezüri, 25.11.18). Danke, für diese einsichtigen Worte. Hätten bloss mehr Personen die Grösse, Niederlagen einzugestehen, statt immer die Gegenseite zu diskreditieren und «in die Verantwortung zu nehmen». Verlieren will eben gelernt sein!

Trotzdem bleibt die Frage: Politische (Streit-)Kultur – quo vadis?

Gian-Reto Trepp
27.11.18 - 09:36 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
Reaktionen zur Selbstbestimmungsinitiative
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